Würde mich trotz "Hochkultur" überraschen, wenn jeder aus den einfacheren Gesellschaftsschichten lesen und schreiben konnte, damals. Ich rechne mit einer signifikant höheren Analphabeten-Rate, als wir sie heute haben.
Die schlechten Werke von vor 2000 Jahren (bei denen ein Lektor vielleicht noch etwas hätte retten können) haben die Zeit einfach nicht überdauert. Ist ein bisschen wie bei Erzählungen aus dem Krieg: Die hört man nur von denen, die überlebt haben …
In den einfacheren Gesellschaftsschichten war das Analphabetentum mit Sicherheit groß, vielleicht größer als heute. Aber wir holen schnell auf - dazu kommt, dass die Degeneration der Sprache fortschreitet und das Interesse an der schriftlichen Kultur rapide sinkt. Und mit schriftlicher Kultur meine ich nicht die Sprachwerke die in Facebook und Co. kursieren.
Überdauern ist etwas langwieriges. Die Medizin ist nicht so weit, als dass ich 2000 Jahre auf die Auslese warten kann.
Dem stimme ich voll und ganz zu - aber selbst die "Daumen"-Generation (die, die die Handys so bedienen) kann ja noch lesen und schreiben.
Das kann ich mir bildhaft vorstellen! Aber dieses Verhalten findet man in den meisten menschlich ausgeübten Disziplinen und Berufen. Besonders Programmierer, die ja auch gerne ihre eigene Prosa in die Computerhirne pflanzen, leisten gern und beharrlich solcher Art Beistand.
Diese Erfahrung habe ich tatsächlich unter Programmieren nur sehr selten gemacht. Und ich bin jeden Tag von Programmierern umgeben. Vielen. Die Überzeugungsarbeit eines Programmierer bezieht sich zumeist auf die "beste" Programmiersprache oder Schreibregeln. Beides hat jedoch nichts mit Schreibstil zu tun.
Wenn ich mir die die Postings auf den diversen Foren anschaue, dann habe ich da meine Zweifel. Kauderwelsch, abgehackte Satzfetzen, durchsetzt mit Schreibfehlern, die man früher ab dem 2. Schuljahr schon hinter sich gelassen hatte, ist m.E. keine Berechtigung für den Eintritt in die Gruppe der Sprach-, Schreib- und Lesekundigen. Aber das ist nur meine angestaubte Ansicht.
idk kp was du meinst läuft doch xd meine 2 jungs schreiben zb "hol mich pls ab" oder "bims auf 1 heimweg" o "sry bims spät" und i denk da nur "asso" Längere Texte werden echt überbewertet... --- Au Mann, an was Muttern sich so gewöhnen muss... (idk = I don't know kp = keinen Plan xd = Grinsesmiley mit zugekniffenen Augen pls = please sry = sorry und asso = ach so) Viele Abkürzungen muss(te) ich erst mal lernen. Auch ein knackiges "k" als Antwort muss mir reichen. - Das heißt dann "okay" Naja, ich sag mal so: Phantasievoll ist es schon manchmal. Aber erstens anstrengend und zweitens nicht schön. Aber wahrscheinlich sind wir einfach nur zu alt und würden es genauso machen, wenn wir im Teenie-Alter wären. Tempora mutantur et nos mutamur in illis. Wenn Sohnemann eine Powerpoint-Präsentation macht, wird er plötzlich ganz akribisch mit seiner deutschen Ausdrucksweise... LG, Vroni
Hallo Vroni, jau, wir werden langsam älter ... Aber diese Art von Schreibe meinte ich nicht; auch meinte ich damit nicht die jeweilige Ausdrucksform, die jede Generation ihr Eigen nennt. Ich meinte schlichtweg den Versuch, mit anderen Menschen per Buchstaben zu kommunizieren, so wie das z.B. In Facebook abläuft oder in ganz normalen Foren, in denen Menschen sich zu Wort melden und versuchen ihre Sichtweise darzulegen.
Ach so! Ja, da hätte ich auch noch eine Anekdote: Ich habe im Autorennetzwerk (in Facebook) zu irgendwas eine Antwort gegeben. Und jemand antwortete mit einem völlig banalen Satz als Textanfang für eine Geschichte. Ich weiß gar nicht mehr genau, wie der lautete, nur dass er schrecklich kitschig war. Dann wurde ich aufgefordert genau zu diesem Satz eine Kurzgeschichte von 250 Wörtern zu machen. So als Aufforderung zum Wettstreit. Die Dame, die das initiierte, wollte selbst auch eine Kurzgeschichte schreiben und dann vergleichen. Ich war noch flammneu in dem Netzwerk und sagte zu. Was habe ich mir für einen Kopf gemacht! Vor allem, weil diese Kitschkategorie überhaupt nicht mein Ding war. Trotzdem habe ich nochmal die Charakteristik einer Kurzgeschichte repetiert und dann wirklich meinen Text auf 250 Wörter runtergebrochen inklusive Pointe/Wendung. Eben einen Knaller zum Schluss. Zum verabredeten Zeitpunkt habe ich sie dann erwartungsvoll gepostet. Gut, es war überhaupt nicht mein Genre, aber es hat Spaß gemacht. Ja. Dann kam die Kurzgeschichte von der unbekannten Dame. Ich war schon so gespannt! Sie hat irgendetwas zusammenfabuliert, das vielleicht ganz gut für den Anfang eines Groschenromans gewesen wäre. Völlig überladen mit Adjektiven und andere unschöne Textverschlimmerungen. Am Ende stand da tatsächlich: "So, und jetzt kommst du! Wie könnte es weitergehen?" Mir ging es, als hätte ich eine Keule auf den Kopf bekommen. Kurzgeschichte! Was faselt sie von Kurzgeschichte? Ich frage mich wirklich, ob sie sich überhaupt mit den feststehenden Begriffen der Literatur beschäftigt. Und dann habe ich gemerkt, was für ein Niveau das Autorennetzwerk auf Facebook hat. Na gut, ich verbessere mich: Was für ein Niveau manche Abonnenten des Autorennetzwerks haben. Ich habe es zwar immer noch abonniert, schreibe auch ab und zu irgendwas Vernünftiges, wenn ich einen Rat oder Vorschlag geben kann. Aber das war's. Ich war seeeeehr enttäuscht! Okay, das war jetzt ein Einzelfall, aber ich glaube, dass es nichts Unübliches dort ist. Die Schreiberei ist schon seit 20 Jahren mein Steckenpferd. Und ich bin bestimmt noch ein kleines Licht. Denn eigentlich habe ich nie mit Hingabe Bücher über Bücher bezüglich des Schreibens gewälzt, sondern bin lieber in Autorentreffen und Schreibwerkstätten gegangen. Naja, ein paar Klassiker stehen schon im Regal. Aber da ist schon ein bisschen Staub drauf. Trotzdem finde ich, dass man als Schreiberling wissen sollte, was eine Kurzgeschichte ausmacht. LG, Vroni
Ich glaube, ab einem gewissen Alter sollten wir da wirklich über diesen Dingen stehen und müssen uns auch nicht zu alt fühlen. Computer und Netzwerke sind eigentlich nur Hilfsmittel, um uns Arbeit zu erleichtern und die natürlichen Grenzen unserer Sinne zum Zwecke besserer Kommunikation zu erweitern. Teenager sind naturgemäß in einem Alter, in dem sie sich entdecken und gewissermaßen aus sich herauswachsen müssen, um für das spätere Leben gerüstet zu sein. Leider ist die Flut, die es für unsere "Kleinen" zu entdecken gibt, durch die grenzenlosen Kommunikationsmöglichkeiten der Vernetzung viel zu groß geworden, so dass sie sich ihre eigene Ausdrucksform suchen, die dieser Situation gerecht wird. Das Problem dabei: Der Flaschenhals zu Computern und Netzen sind immer unsere Sinne, unsere beschränkte Aufnahmefähigkeit und unser im Laufe des Lebens geschulter "Geist". Die Gefahr dabei: Die Menschheit redet immer mehr aneinander vorbei, weil sich ein großer Teil von ihr immer weniger auf sich selbst besinnt, sondern jeder noch so kleinen neuen Informationseinheit im Netz hinterherhechelt, nur um auf dem allerneusten Stand zu sein.
Ja, so sollte es im Idealfall sein und wenn das in Deinem Umfeld so ist, dann ist das doch nur gut. Trotzdem habe ich als Ingenieur und Programmierer ähnliche Beobachtungen wie Andreas gemacht: Es handelte sich in meinem - natürlich rein fiktiven - Beispiel um Programmierer, die über sich hinauswachsen wollten und partout, über ihren Informatiker-Tellerrand hinaus, ingenieurtechnische Berechnungen durch massenhafte Datenbankzugriffe ersetzt hatten. Alles andere wäre "zuviel Programmieraufwand" gewesen. Das "Upper Management" wollte naturgemäß diesen Aufwand nicht und hat den Programmierern zugestimmt. Das Programm wurde im Laufe der Jahre zu einer lahmen und schwerfälligen Anwendung, die erst nach massiver Aufrüstung der Hardware einigermassen erträglich für die Endanwender funktionierte. Es wurde über Jahre krampfhaft am Leben erhalten, anstatt einen sauberen Schnitt zu machen. Am Ende ritt man ein fast totes Pferd, für dessen wirtschaftlichen Schaden sich natürlich auch nicht das "Upper Management" verantwortlich fühlen wollte. Ich möchte mit meiner Anmerkung nur ausdrücken, dass mir analog zu Andreas Aussage, auch Programmierer lieber sind, die nicht selbst Ingenieur, Wirtschaftswissenschaftler oder Controller spielen wollen. Leider haben aber die Verantwortlichen in den meisten Unternehmen zu wenig Ahnung von dem, was Programmierer wirklich umsetzen. Das ist halt alles sehr komplex und aus Angst um ihren eigenen Job, haben sie meist nicht den Arsch in der Hose, ihren Shareholdern und Stakeholdern eine teure, aber dringend notwendige Neuentwicklung zu verkaufen. Dieses Verhalten kann man ohne große Umschweife auch anders herum betrachten: Man traut Programmieren heutzutage ja auch zu, dass sie aus einem Kraftstoff wie Diesel (Heizöl) Luft zum Atmen produzieren können! Anmerkung nebenbei: Ich habe nie Informatik studiert, weil ich Computer und Software trotz der Begeisterung, die sie auch auf mich ausüben, nur als Hilfsmittel betrachte. Trotzdem habe ich lange Zeit und mit viel Freude als Software-Ingenieur gearbeitet. Das ist halt so. Informatiker sind Spezialisten, die hauptberuflich dafür sorgen sollten, dass Computer und Netzwerke funktionieren. Im besten Falle bilden sie eine gute Schnittstelle zu den "übergeordneten" Disziplinen. Bei aller Faszination zur Informationstechnik haben auch sie nicht die Weisheit mit Löffeln gefressen und sollten sich, wie ein guter Lektor, als notwendige und wichtige Unterstützung für das Endprodukt betrachten.
Das ist das einzige, bei dem ich nicht zustimme, das ist Aufgabe der Systemintregration und sehr, sehr speziell.