Bin ich pingelig?

Zum Wochenende habe ich die Korrekturfahnen des Verlags für die Kurzgeschichte in einer Anthologie bekommen. Die haben mir fünf Aufrufezeichen in den Text geknallt. Ich verwende so gut wie nie Ausrufezeichen. Nicht einmal in wörtlicher Rede. Ich habe den Verlag gebeten, die Zeichen wieder zu entfernen.
Nun bat man mich, sie drinzulassen, weil sie nach Meinung des Verlages da hineingehören. Sehe ich nicht so. Ich mag keine Ausrufezeichen. Vielleicht habe ich mich inzwischen zu sehr von Elmore Leonard beeinflussen lassen (“Maximal drei Ausrufezeichen pro Roman”).
Ich will aber auch keinen Stress machen. Meine Kurzgeschichte hat knappe fünf Seiten.
Was würdet ihr tun?

Ohne die Sätze konkret zu lesen, ist das schwierig.
Vielleicht ist es hilfreich, zu fragen, warum du an diesen Stellen die Ausrufezeichen gesetzt bzw. eben nicht gesetzt hast. Erfüllt es einen Zweck in der Geschichte, ist es wichtig, dass dort eben keine stehen bzw. wäre die Aussage eine andere, als von dir beabsichtigt, wenn man dort Ausrufezeichen setzt? Oder ist es mehr aus einer persönlichen Abneigung gegen Ausrufezeichen heraus oder dem blinden Befolgen einer Doktrin heraus und für die Geschichte eigentlich irrelevant und ggf. aus orthografischer Sicht heraus sogar geboten? Das kannst aber nur du beantworten. Man sollte bei solchen Überlegungen immer den seltenen Fall bedenken, dass Andere auch mal recht haben könnten und man selbst auf dem Holzweg ist. Völlig unwahrscheinlich, ich weiß, aber nicht gänzlich ausgeschlossen. :wink:

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@anon37238882 … vielleicht sehe ich das echt zu eng, mit den Ausrufezeichen. Ich teile allerdings Leonards Ansicht, dass die meisten Ausrufeszeichen zumindest überflüssig sind – wenn nicht gar schlechter Stil. Zum einen soll man seine Leser nicht anschreien und zum anderen liest es sich besser, wenn Rufen, Brüllen oder Schreien aus der Handlung oder wenigstens den Inquits ersichtlich sind. Seit ich komplett auf Ausrufezeichen verzichte, gefallen mir meine Texte deutlich besser.

Dennoch werde ich dem Verlag die Entscheidung überlassen.

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Poste hier doch mal ein Beispiel, dann können wirs besser beurteilen.

So ein Ausrufezeichen muss ja nicht unbedingt nur schreien oder brüllen bedeuten, man kann es auch verwenden, wenn eine Person etwas Bedeutendes oder für sie immens wichtiges sagt.

Mal ein Beispiel:

„Allen Göttern sei dank, dieser Scheißtag ist endlich vorüber“, sagte er, ließ sich in den nächstbesten Sessel fallen und genehmigte sich einen extragroßen Scotch.

„Allen Göttern sei dank, dieser Scheißtag ist endlich vorüber!“ Er ließ sich in den nächstbesten Sessel fallen und genehmigte sich einen extragroßen Scotch.

Möglicherweise ist es ja auch nur mein rein subjektives Empfinden (und es ist auf gar keinen Fall in Stein gemeißelt ! ( :rofl: ), aber diese beiden Sätze kommen bei mir allein wegen des Ausrufezeichens mit unterschiedlicher Wichtung an:
In Satz 1 könnte auch ein relativ gewöhnlicher Tag gemeint sein, der halt nicht so toll gelaufen ist. Für mich klingts mehr wie eine allgemeine Aussage, die man ganz locker und einfach mal so von sich gibt.
Satz 2 scheint irgendwie mehr aus der Tiefe zu kommen, für mich klingt da echte Erleichterung heraus und impliziert, dass der Tag wirklich ganz außergewöhnlich mies und übel gewesen sein muss.

Aber wie gesagt, das ist lediglich meine Sicht der Dinge ! (nochmal :rofl::D)

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Lieber Neri,

ich kann nicht sagen, ob die Ausrufezeichen richtig oder falsch sind. Ich maße mir auch nicht an, zu sagen, ob du das zu eng siehst, oder nicht. Aber ich glaube, deine Eingangsfrage „bin ich pingelig?“ würde ich mit Ja beantworten. :smiley:

Entschuldige, aber ich konnte mich nicht zusammenreißen. :scream: Aber, was ich eigentlich schreiben wollte … meinen herzlichen Glückwunsch zur anstehenden Veröffentlichung! Egal mit wieviel Ausrufezeichen, es ist eine tolle Sache.

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Hallo @Yoro , hier ein Beispiel aus meinem Text:

Nun schob sie ihre Sonnenbrille auf die Stirn und stemmte eine Hand in die Seite. Durch ihre Augen sah ich den Himmel. Einfach göttlich*!***

Wie ich oben schon schrieb, versuche ich Ausrufezeichen grundsätzlich zu vermeiden. Das zwingt mich zumindest dazu, gründlich darüber nachzudenen, bevor ich eines setze.

Deinen Beispielsatz hätte ich vermutlich eher so formuliert:

“Allen Göttern sei dank, dieser Scheißtag ist endlich vorüber”, stöhnte er aus tiefster Seele. Er ließ sich in den nächstbesten Sessel fallen und genehmigte sich einen extragroßen Scotch.

Interessanterweise hat das Ausrufezeichen auch erst sehr spät Einzug in unseren Zeichensatz gehalten. Wenn ich richtig gelesen habe, taucht es erstmals in einer Lutherbibel aus dem Jahr 1794 auf. Vielleicht kommt es mir daher so “verdächtig” vor.

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danke … ich hab’s befürchtet :wink:

Das ist auch so ein Beispiel, wo der Satz durch das Ausrufezeichen einfach mehr Gewicht bekommt, nachdrücklicher wirkt. Es ist auch ein bisschen eine Zäsur und hebt sich von allem, was danach kommt, ab. Ich würde hier wahrscheinlich auch ein Ausrufezeichen setzen, obwohl ich die auch nur selten verwende und mir bei jedem überlege, ob ichs wirklich brauche.

Klar, das wäre natürlich auch ne Möglichkeit. Ich denke, es gibt da kein richtig oder falsch, jeder Autor hat da so seine Präferenzen.
In diesem Fall würde das Ausrufezeichen ein Inquit ersparen - und diese Dinger versuche ich nach Möglichkeit einzudämmen, wo es nur geht ;).

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Bin ich pingelig?
Äääh…, ja.****

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@narratöör
Ha!!!

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Ausrufezeichen sind keine Rudeltiere. :smiley:

Mir geht es da wie @Yoro. Da spielt subjektives Empfingen mit hinein. Vielleicht geheimnisse ich da auch zuviel hinein, aber ein Satz mit Punkt am Ende kann manchmal mehrdeutig wirken, ein Ausrufezeichen verdeutlicht eher eine Aussage.
Beispiel:

“Das hast du toll gemacht.”
Das könnte ein Lob sein, es könnte ironisch gemeint sein oder bedeuten “Ja, ja, verpiss dich und lass mir meine Ruhe”
“Das hast du toll gemacht!” scheint mir dagegen ein eindeutiges Lob oder eine Ermutigung zu sein, auf jeden Fall positiv.

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Lass den Verlag so machen und widme Dich in Deiner nächsten Kurzgeschichte den Ausrufezeichen :slight_smile:
Aus drei mach dreißig. Dann hast Du in Deiner Vita eine Retourkutsche.

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Ich würde das mit den Ausrufezeichen auch nicht so eng sehen. Immerhin gibt es sie als Satzzeichen in der deutschen Sprache. Dann sollte man sie auch (mal) benutzen dürfen, oder? Natürlich sollte man es nicht übertreiben, aber drei Ausrufezeichen in einer Kurzgeschichte von fünf Seiten erscheinen mir eigentlich nicht zu viel.
Ich habe beim Lesen deines ersten Beitrags gedacht, wie viel Energie du in eine eigentlich so belanglose Sache investierst. Freu dich doch lieber, dass deine Geschichte veröffentlicht wird. Und investiere die Energie um “Ausrufezeichen-Auseinandersetzungen” lieber in neue Ideen …

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Ich schließe mich meinen Vorredern an.

Machen manche Autoren so: “HAST DU DAS JETZT ENDLICH KAPIERT?”

Viel schlimmer als ein Ausrufezeichen finde ist sowas: !? ?! ?!!

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Uhh, ja. Das finde ich auch GANZ SCHRECKLICH!! ALSO WIRKLICH FURCHTBAR !!1!!EINSELF!! :smiley:

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Ich dachte, diese Sprechweise sei für “Tod” reserviert. >-)

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hm … okay … bin überstimmt, aber nicht überzeugt. Ich gebe den Text heute frei. Bin ich echt der einzige, der Ausrufezeichen so kritisch sieht?

Anfangs fand ich Leonards Sichtweise auch etwas übertrieben. Seiner Meinung nach sollten bei 100.000 Wörtern nicht mehr als drei Ausrufezeichen verwendet werden. Weitere Artikel zum Thema in “Zeit” und “SZ” haben mich aber veranlasst, komplett auf Ausrufezeichen zu verzichten. Wenn ich eines brauche, um eine Aussage zu verdeutlichen oder deren Bedeutung zu markieren, stimmt etwas mit meiner Formulierung nicht. Ich habe mir von einer Lektorin schon mal anhören müssen, dass ich ein “Bruder Leichtfuß” bin. Zum Glück hat sie mir nichts durchgehen lassen. Wenn ich hier pingelig wirke, habe ich inzwischen eine Menge dazugelernt. Yeah.

Hallo,
eigentlich bin ich eher der Meinung viele machen zu wenige Ausrufezeichen. Soll Beispielsweise bei einer Wörtlichen Rede deutlich gemacht werden, dass jedes Wort lauter und stärker betont gesprochen wird kommt nach jedem Wort ein Satzzeichen. In der Regel werden dazu Punkte verwendet, aber dies relativiert doch eigentlich die angestrebte Betonung, Ausrufezeichen würden besser passen. Wobei es sicher auch andere Wege geben würde das Problem zu lösen.

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Ich finde, man sollte sie spärlich einsetzen. Wenn ich alles betone, macht das auch keinen Sinn. Ganz darauf zu verzichten, halte ich ebenfalls für falsch.

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Ich nicht.

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