Buchtipps zur Stilverbesserung

Mein Buchprojekt ist weit fortgeschritten - und mein Schöpferstolz wird auf der Zielgeraden des ersten eigenen Korrekturlesens vom Unbehagen über meine stilistischen Mängel überholt. Mir fällt jetzt auf den Kopf, dass ich in den letzten 20 Jahren hunderte Romane auf Englisch und ungefähr 1,25 auf Deutsch gelesen habe.

Habt Ihr einen Lesetipp für mich, für das eine, das besonders lesenswerte, das stilistisch vorbildliche Buch? Ich suche keinen Schreibratgeber, sondern einen echten Roman mit großartigen Worten und Sätzen, zum Lesen, Lernen, Staunen, Desillusionieren und Mutmachen.
Dialoge, innere Monologe und kompliziertere theoretische Erklärungen bekomme ich halbwegs hin, aber bei mir mangelt es grob an stilistisch ansprechenden “Allerweltssituationen”, an den Alltagshandlungen, einfachen Handlungsbeschreibungen, Schilderungen von Orten und Räumen. Also einen Roman mit diesem Lesegefühl: “Sogar diesen Absatz mit völlig banalen Abläufen habe ich genossen, weil es sprachlich so herausragend war.”

Danke für jeden Hinweis.

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Ahhhhh, das Problem habe ich auch! Und deshalb keinen Tip für Dich, werde diesen Thread daher gespannt verfolgen :wink:

Aber eine Frage: Ich möchte beim Schreiben ständig Konstruktionen verwenden wie “Leaning forward, he …”. Und komme nicht auf eine vernünftige deutsche Entsprechung; gibt es ja nun mal zwar in der Grammatik, aber nicht schön im Schriftdeutsch. Welche Konstruktion benutzt Du im Deutschen für derartige Fälle?

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Das schafft bei mir nur Patrick Rothfuss. Er kann jeden noch so banalen Kram derart schön Umweben, dass sich meine Gehirnwellen glätten.*
Aber es scheint mir unmöglich dir wirklich eine seriöse Empfehlung zu geben. Ich habe doch keine Ahnung, welches Sprachempfinden dein Gehirn für dich über die Jahre gebastelt hat und welche Verkettung von Wortimpulse deine Phantasie kitzeln.
Leider macht Rothfuss am eigenen Beispiel auch wenig Mut zum Schreiben.
Er selbst quält sich wohl - u.A. - aufgrund seines Anspruchs an Wortschönheit so sehr, dass er die meiste Zeit seines Schreiberlebens gar nichts zu Papier bringt. Wenn er morgen eine neue Reihe anfangen würde, würde ich mir eine Termin in den Kalender stellen, um den Dreiteiler dann im Jahre 2055 komplett zu bestellen. Fan von Rothfuss zu sein ist eine Bürde…

*das klappt auch im Deutschen, die Übersetzung finde ich richtig gut. Habt ihr aber das Original schon gelesen, kann euch eine Übersetzung im besten Fall ja nur noch kränken. Dann besser nicht auf Deutsch lesen.

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@Buchling :
Ja, “Vorwärtslehnend” ist zwar grammatikalisch möglich, aber stilistisch ein Graus.
Ich denke, es kommt darauf an, was du aussagen willst. Ist die Gleichzeitigkeit von Handlungen wichtig, wird es auf eine als/während-Konstruktion hinauslaufen ([Gerade] als er sich nach vorne lehnte/beugte, traf ihn Peters Ball am Kopf).
Wenn es mehr beschreibenden oder illustrativen Charakter hat, wie zum Beispiel Auflockerung eines Dialogs am Frühstückstisch, würde ich die Aktionen einfach nacheinander stattfinden lassen (Er beugte sich nach vorne und griff nach der Butter).
Wenn die Aktion des Vorlehnens etwas symbolisieren soll, bspw. Bedrohung, Aggressivität, Vertrautheit, etc., würde ich einen alleinstehenden Aussagesatz nehmen (“Du bist ein Idiot!” Er lehnte sich nach vorne. “Was hast du eben gesagt?”)

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Das Problem ist jetzt vermutlich, wenn ich sage: „Also ich fand den Stil von Patrik Süskind, Robert Schneider, Walter Moers, Michael Ende oder Erwin Strittmatter toll“, dann ist dir damit nicht wirklich geholfen.
Ich weiß ja gar nicht, was* du* magst. Vielleicht findest du die alle schrecklich und sagst beim Lesen angeekelt: „Bah, wie kann man nur so schreiben?“

Und vielleicht ist das Problem ja auch gar nicht so gravierend, wie du denkst? Ich kenne es von mir selber, dass ich oft hyperkritisch mit meinem eigenen Zeug werde und ab und zu denke, „Alta, das will doch so niemand lesen, das klingt alles viel zu hölzern und umständlich usw usf“, aber drei Tage später geht’s dann zum Glück wieder. Vielleicht brauchst du da auch mal einen Blick von außen, damit du dich nicht selber kirre machst. Mir hilft das von Zeit zu Zeit ungemein.

Ja, das ist vermutlich einer der Gründe, warum deutsche Übersetzungen gefühlt immer doppelt so dick wie die Originalausgabe sind. :laughing: Mit Partizipien kann man so schön abkürzen, aber im Deutschen funktionieren sie leider nicht wirklich bzw. gelten als schlechter Stil. Dann muss man wirklich erfinderisch werden. Am besten wäre es aber, wenn man es auch gedanklich schafft, sich von diesem Konstrukt zu lösen. Also nicht: „Wie kann ich ‚leaning forward‘ am besten ins Deutsche übersetzen“ sondern von vornherein nur auf deutsch denken. Leichter gesagt als getan, zugegeben. Ich habe früher auch viel auf Englisch gelesen (vor allem Fanfictions, zugegeben), und bin dann oft verzweifelt, dass ich das nicht genau so im Deutschen ausdrücken konnte. Vermutlich hilft da nur eins: Ganz viele deutsche Texte lesen und Filme/Serien schauen. (Auch wenn es einem bei letzterem vielleicht graust. :p)

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Das ist keine Metapher, sondern einzig und allein eine physikalische Aktion (soweit ich weiß). Was möchtest Du daraus machen oder wieso willst Du sie aufwerten? Im Englischen klingt sie doch genauso simpel wie im Deutschen. Jetzt bin ich neugierig auf die Szene geworden und wie sie im Englischen beschrieben ist … kannst Du etwas davon posten? Jede Sprache hat doch seine Haken. Wenn es nach mir ginge, würde ich auf Italienisch, Deutsch und Englisch schreiben … das würde ALLES so viel einfacher machen :slight_smile:

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Vielleicht ist das mein Problem - zu viel auf einmal. Das Partizip im Englischen finde ich einfach so elegant und vieldeutig… Ich helfe mir natürlich mit entsprechenden Konstruktionen. Leider fühlt es sich dann an wie eine Krücke.

Seufz… Ja, ich habe mir tatsächlich vorgenommen, vor den nächsten Bücherbestellungen erstmal Leseproben auf Deutsch und Englisch zu lesen und dann zu schauen, ob die deutsche Übersetzung mich so anspricht, daß ich mir da was abschauen kann, oder ob mir das Lesen im Original wichtiger ist.

Ich gucke mal, ob ich eine Stelle finde - ansonsten nehme ich den nächstbesten Satz, bei dem es mir beim Schreiben garantiert wieder passieren wird.

True! Wie gut, daß ich nur Deutsch und Englisch kann :rofl:

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Ich lese und höre auch viel auf Englisch. Das ist tatsächlich ein Problem und ich habe jetzt auch angefangen, wieder auf Deutsch zu lesen. Ich finde die meisten deutschen Übersetzungen von Büchern auch recht gelungen, auch wenn ich bei manchen den Eindruck habe, dass sich der Ton der Geschichte etwas verändert. Aber nach ein paar Seiten ist das durchaus hinzunehmen und die Prämisse der Story bleibt ja die selbe. Deshalb würde ich dazu raten die Bücher, die du gerne magst und an denen du dich vielleicht vom Stil her orientierst, weil sie deinem entsprechen, auf Deutsch zu lesen, wenn denn Übersetzungen vorhanden sind.

Eine tatsächliche Empfehlung zu geben, finde ich schwer, denn die Geschmäcker sind ja so verschieden. Ich finde Joe Abercrombie ist ein fabelhafter Autor, aber wenn man nichts mit Fantasy anfangen kann, dann zieht man da ja auch nur wenig für sich selbst raus. Den weiter oben genannten Patrick Rothfuss finde ich auch großartig.
Vor vielen Jahren hatte ich eine ganz derbe Schnulzenphase und habe von Nicholas Sparks und Rosamunde Pilcher alles gelesen, was ich in die Finger bekommen habe. Die Beschreibungen hinsichtlich von Landschaften, Handlungsorten, Einrichtungen von Häusern, aber auch die Emotionen und das Innenleben der Charaktere, fand ich damals ganz gelungen. Wobei das ja auch nichts ist, wenn man dem Genre nichts abgewinnen kann. Daher würde ich an deiner Stelle einfach auf Bücher bzw. Autoren zurückgreifen, die du gerne magst :slight_smile:

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Tipps zu geben ist schwer, aber wenn du

suchst, wäre vielleicht “Der Graf von Monte Christo” von Alexandre Dumas, was für dich.

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Wenn es darum geht, sich gutes Deutsch draufzuschaffen, würde ich zu Romanen raten, die im Original auf Deutsch geschrieben sind. Und warum nicht die Klassiker? Thomas Mann, “Buddenbrooks” oder “Der Zauberberg”, da macht man garantiert nichts falsch.

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Sind die Klassiker nicht sprachlich zu altmodisch?

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Wie @AndreasE schon sagte - Bücher suchen, deren Originalsprache Deutsch ist. Ich finde die meisten Übersetzungen grauslich - spätestens dann, wenn ich das (meist amerikanische) Original sehe.
Ob es dann Klassiker sein sollen, ist Geschmackssache.

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Mir fällt spontan “Drei Männer im Schnee” von Erich Kästner ein.
Ich habe es mindestens sechsmal gelesen, jedesmal mitsamt dem ersten und dem zweiten Vorwort.
“Sublimiere den Schmerz, o Robert, und dichte!” Ich liebe dieses Buch.

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Das wollte ich auch schon schreiben. Speziell weil die Qualität der Übersetzungen immer mehr nachläßt.
Oder ich war früher einfach etwas gnädiger … :kissing:

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Ich würde auch bei den Klassikern suchen, Hermann Hesse, Erich Kästner, Max Frisch, Kafka, Stifter … da gibt es durchaus kurzweilige Bücher, denn:
Mit dicken Wälzern würd ich mich gar nicht erst aufhalten, wenn es nur darum geht, dich stilistisch zu motivieren. Bei mir persönlich wäre das nämlich nur eine Ausrede zum Prokrastinieren und dann steht da auf einmal “Unendlicher Spaß” von Foster Wallace auf dem Tisch. ^^

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Ich pack noch Friedrich Dürrenmatt dazu. Sind auch nicht ganz so dick …

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Du machst mich neugierig @Sentinel. Ist Englisch Deine Muttersprache? Oder hast Du so lange Bücher auf Englisch gelesen, weil Du Übersetzungen nicht magst?

Der eigene Schreibstil entwickelt sich ja über einen langen Zeitraum und wird durch die Leseerfahrung geprägt, und zwar nicht nur durch besonders gute Texte, sondern auch durch solche, die man nicht so toll findet.
An Deiner Stelle würde ich mir ganz viele Bücher des Genres vornehmen, in dem ich meine eigenen Texte einsortiere. Und dann genau gucken, was gefällt mir, was gefällt mir nicht und warum ist das so.

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Wunderschöne Sprache! (In der Übersetzung; mein Französisch ist grottig.)

So, gerade beim Überarbeiten auf einen Satz gestoßen, den ich am liebsten beginnen würde mit “Leaning forward, a man …”. Bisher habe ich mich hier für “und” entschieden, mag diese Variante aber nicht. Auch “während” fände ich unschön. Wobei mir gerade bewußt wird: Es geht mir tatsächlich um das *gerund *als Satzanfang. Und vermutlich darum, daß es eine schlanke Variante ist, sich der lästigen Konjunktionen zu entledigen, ohne das Ganze in zwei Sätze aufsplitten zu müssen.
“Auf der anderen Seite des Kanals beugte sich ein Mann über die Mauer und leerte seinen Eimer in das vor Dreck stehende Wasser.”

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List sich flüssig. Und lässt ein detailreicheres Bild entstehen, denke ich. Der Mann beugt sich nicht nur vor, um den Eimer auszukippen, sondern er befindet sich auf der anderen Seite und hinter einer Mauer. Diese Infos müssten im englischen Text ja auch in einem zweiten Satz verpackt sein. Oder nicht?

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Nein, gar nicht, meine Muttersprache ist Deutsch. Ich habe Bücher auf Englisch zu lesen begonnen, um mich in Englisch fit zu halten. Irgendwann bin ich draufgekommen, dass ich seit Jahren kein belletristisches Buch auf Deutsch gelesen habe. Dann war es zu spät, weil ich überwiegend Krimi-Serien lese und nicht mittendrin die Sprache wechseln wollte …

Ich bedanke mich für die vielen Anregungen, die ich hier bekommen habe. In das eine oder andere vorgeschlagene Buch habe ich heute schon über Leseproben hineingeschmökert. Michael Ende, Erich Kästner und einige andere Autor/innen kenne ich noch von meiner “Deutsch-Lese-Zeit” vor über 20 Jahren. Den deutschen Klassikern bin ich immer großflächig ausgewichen, um ja nicht das zu lesen, was jedermann gelesen haben muss (sehr reife Einstellung, überhaupt nicht pubertär).
Ich werde mich dem aber stellen, diesem fremden deutschsprachigen Buch. Auch wenn mir gerade dämmert, dass ich schlussendlich meinen eigenen Stil noch mehr finden muss. In vielen Jahren blicke ich dann auf meine selbstgeschriebene Krimiserie und die Kritikerkommentare dazu, im besten Fall; “Er hat den englischen Stil in die deutsche Kriminalliteratur gebracht” oder zumindest: “Für einen Ausländer schreibt er gar nicht schlecht” :wink:

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