Dialoge in Drehbuchform?

Ich schreibe sehr Dialog-lastig und habe mal eine Frage an euch, wie ihr mit Dialogen innerhalb von Gruppen umgeht.

Meine Figuren sind häufig anhand von Sprachbesonderheiten erkennbar. Manchmal aber treffen sich Grüppchen und diskutieren das weitere Vorgehen, die nicht anhand ihrer Sprachmerkmale erkennbar sind.

Das ewige „sagte der, sagte der, oder irgendjemand nickte, zupfte sich das Bärtchen usw.“ geht mir gelegentlich auf die Nerven. Ich habe zwar gelernt, dass man „sagte“ so oft schreiben darf, wie man will. Gefallen tuts mir trotzdem nicht.

Nun hab ich zwei superlangweilige Krimis eines Autoren, der einen für mich unkonventionellen Weg gewählt hat. Er schreibt gelegentlich so:

Peter: „Bla blabla.“
Dieter: „Bla blabla.“
Peter: „Blabla.“
Dieter: „Blabla“

Soweit ich mich erinnere, kürzt er die Namen sogar nach der ersten Nennung mit den Anfangsbuchstaben ab.

Bei Zweierdialogen – wie er diese Form häufig verwendet –, gefällt mir das nicht. Für Gruppenunterhaltungen wäre diese Schreibweise aber hilfreich.

Nun hat mich in dessen Büchern eher sein langweiliger Stil abgeschreckt. Mit seiner Schreibform der Dialoge kam ich klar.

Und trotzdem habe mich bis heute nicht getraut, von dieser Form des Dialogschreibens Gebrauch zu machen. Gleichzeitig frage ich mich, was mich denn genau zurückhält. Denn eigentlich bin ich eher progressiv unterwegs und habe keine Probleme, mal was anders zu machen. Aber irgendetwas hemmt mich hier.

Wie ist denn eure Meinung dazu?

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Ich habe von Andreas Eschbach gelernt, dass wenn man Dialoge schreibt, dass diese idealerweise auch ohne “…sagte Heinz” und “sagte Detlef” funktionieren sollten.

Wenn an allerdings noch auf einen speziellen Sprechstil achten will, dann wäre eine sinnvolle Lösung, für eben diese “speziellen” Kandidaten jeweils eine eigene Formatvorlage “wörtliche Rede Detlef” und “wörtliche Rede Heinz” anzulegen, ggf. mit Farben (Heinz rot, Detlef grün), dann sieht man im Text gleich, wenn man verletzt hat, dass Heinz eigentlich immer Hessisch babbeln müsste, während Detlef immer sächseln sollte.

Im fertigen Buch natürlich dann die Farben wieder auf schwarz :wink:

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Und ich glaube, mich zu erinnern, dass er hier schrieb, man könne “sagte …” nahezu beliebig oft wiederholen, weil es – aus welchem Grund auch immer – nicht als Wortwiederholung zählen würde. Kann mich aber täuschen.

Ich sehe mich vollständig dazu in der Lage, den Sprachstil meiner Figuren auch ohne Farben korrekt anzuwenden.

Meine Frage bezog sich nicht auf den Umgang mit einem unfertigen Text. Dies hier …

… fand ich in einem veröffentlichten, fertigen E-Book. Die Namen der sprechenden Personen schreibe ich also nicht für mich, sondern für den Leser. Und meine Frage war, ob jemand von euch wörtliche Rede in dieser Art ausgezeichnet hat – und was dafür oder dagegen spräche.

Unsere liebe @Alex Sassland hat sich hier https://www.diebuchnachteule.de/category/nuetzliches/ mal näher mit der Thematik auseinandergesetzt.

Ich habe gerade A streetcar named Desire gelesen. Da es sich um ein Theaterstück handelt, ist die Form mit Blanche: … Stanley: … Mitch: …. absolut in Ordnung.
In einem Roman würde mich das so stören, dass ich ihn weglegen würde.

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Das ‘sagte’ geht so leicht durch beim lesen wie der Punkt am Ende eines Satzes. Stört mich überhaupt nicht.
Was mich eher stört beim Lesen, sind die oftmals mühselig gebastelten Formulierungen um ein ‘sagte’ unbedingt zu vermeiden. Da leidet bei mir dann oft die Verständlichkeit, wer denn nun was gesagt hat, und muss deshalb die Textstelle nochmals durchlesen, was mich aus dem entspannten Lesefluss wirft.

Sowas ist aus meiner Sicht ein absolutes NoGo in einem Roman. Dieses Buch würde bei mir ebenfalls sofort in die Abfalltonne fliegen.

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Ihr seid echt krass, dass ihr immer gleich alles weglegt oder in die Abfalltonne werft. Diese Eigenheit habe ich nicht. Mir ist es eher häufig zu langweilig. Wenn mich die Story aber anspricht, toleriere ich vieles.

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Mich würde das aus zwei Gründen sehr stören (und für den zweiten bekomme ich hier im Forum vermutlich Gruppenkeile von der Anti-Adjektiv-Fraktion ;):

  1. Das ist aus meiner Sicht extrem schlechter Schreibstil. Man stolpert darüber und wird aus dem Lesefluss gerissen.
  2. Ich kann es überhaupt nicht leiden, wenn sich Romane drehbuchartig nur auf das beschränken, was man von außen sehen und hören würde. (Und erst recht nicht, wenn man nur noch hört und noch nicht mal show-dont-tell-mäßig visuelle Eindrücke beschrieben werden.) Ich möchte als Leser nicht erraten müssen, ob jemand wohl gelassen, zufrieden, genervt oder wütend oder ängstlich ist, sondern das möchte ich mitgeteilt bekommen. Für mich soll Peter nicht einfach “Blabla” sagen, sondern er soll es ärgerlich oder scherzhaft sagen. (Oder zumindest hilfsweise, liebe Show-dont-tell-Anhänger, mit gerunzelter Stirn oder mit einem Augenzwinkern.)

Hi Corinna, ist doch in Ordnung, was du hier forderst. Sie sollen es ja verärgert sagen oder im Scherz. Aber selbst im oben angeführten Drehbuch-Stil würde das gehen, indem man sie entsprechende Sätze sagen lässt. Ganz ohne auf Adjektiven basierende Gemütsbeschreibungen.

Ich hab dem Ding ne 1-Sterne-Bewertung gegeben. Aber mich hat diese Sache nicht aus dem Lesefluss gerissen. Ist übrigens im Heyne-Verlag erschienen.

Und ich finde, dass ein trockener Dialog die Krassheit einer Situation gerade durch Weglassen der von dir gewünschten Beschreibungen verstärken KANN (!)

Ich hab gerade Urlaub, lese meine Geschichte und komme gerade hier vorbei. Dieser Abschnitt steht genauso für sich selbst. Ich mag sowas. Die Erklärung kommt erst ein Kapitel später.


[INDENT]**Großstadt Sanaë an Repins Westküste
**
»Wir wissen es nicht, Konstabler. Das Tier ist ganz plötzlich vom Himmel gefallen.«

»Vom Himmel gefallen? Eine Kuh fällt einfach so vom Himmel?«

»Ich weiß, dass es unglaublich klingt, Konstabler. Aber du siehst doch selbst: Das Blut des Tieres hat sich auf dem ganzen Platz verteilt. Es war noch warm. Das Tier muss noch gelebt haben.«

»Woher weißt du das?«

»Ich habe ihm den Puls gefühlt, weil ich es erlösen wollte?«

»WACHEN!«

»Was ist los? Habe ich etwas falsch gemacht?«

»Wachen! Dieser Mann kommt in Isolation! Niemand von euch rührt ihn an!«

»Aber …«

»Lasst euch nicht von ihm begrapschen. Wenn er nicht folgt, tötet ihr ihn mit der Lanze. Die Lanze und sein Kadaver sind auf der Stelle zu verbrennen! Verstanden?«

»Verstanden, Konstabler!«

»Aber… aber …«

»Abführen!«[/INDENT]

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[INDENT]
Da geht schon das Rätselraten los. Warum das Fragezeichen? Formuliert er das leise und unsicher als Frage, weil ihm der Mut fehlt, die Aussage als Aussage zu formulieren? Oder ist das ganz dreist aus Frechheit als Frage formuliert, so wie: “Hallo? Ist doch klar, oder?”


Und ich fände
“Wachen!”, brüllte er
eleganter als die Anhäufung von Großbuchstaben.[/INDENT]

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Man braucht meiner Ansicht nach weder die Großbuchstaben noch “brüllte er”, weil das, was durch die Großbuchstaben ausgedrückt wird oder durch “brüllte er” ausgedrückt werden könnte, schon von dem Ausrufezeichen belegt ist. Genau dafür ist es nämlich da. Großbuchstaben + Ausrufezeichen würde für mich bedeuten, dass hier jemand so schreit als würde er kurz vor einem Herzinfarkt stehen. Offenbar wird hier aber nur ein Befehl erteilt, also: !

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ja, geht mir genauso. Ein Roman ist halt kein Drehbuch und kein Theaterstück.
Das klassische ‘sagte er’ sehe ich schon als eine ‘ziemlich optimale’ Lösung, man muss es ja nicht nach jeder Dialogzeile verwenden sondern nur ab und zu, dass der Leser halt den Überblick behält.

Genau das sollte im Idealfall aus dem Dialog hervorgehen. Klappt das nicht, würde ich den Sprecher etwas tun lassen, damit es klar wird.
“Zum Kuckuck, warum dauert das denn so lange?”
Hier könnte der Sprecher wütend, besorgt oder auch nervös sein. So könnte man es spezifizieren:
“Zum Kuckuck, warum dauert das denn so lange?” Der Bleistift in Peters Hand trommelte ein immer heftiger werdendes Stakkato auf die Tischplatte.

Wie auch immer, es gibt da diverse Möglichkeiten. Nur sowas hier:
“Zum Kuckuck, warum dauert das denn so lange?”, sagte Peter nervös.
finde ich die mit Abstand schlechteste Lösung. Inquit + Adverb liest sich fast immer unprofessionell und sieht nach Anfängerarbeit aus. (Meine Meinung).

Das Beispiel finde ich so ziemlich gut. Es ist hier gar nicht so wichtig, wer alles spricht (ob das jetzt nur ein Beamter ist, oder zwei oder drei, die mit dem Konstabler reden), es geht um den Informationsgehalt, und der wird auf diese Weise spannend und dynamisch vermittelt. Die Passage kommt wunderbar ohne jegliche Inquits aus.
“…weil ich es erlösen wollte?” Das Fragezeichen gehört da allerdings weg.

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Ich schreibe meist nach dem Schema:
“Warum dauert das denn so lange?” Peter überlegte nervös, wie er Uschi diesmal versöhnlich stimmen könnte. Es war noch kein einziges Mal seine eigene Schuld gewesen, wenn er zu spät kam, aber sie interessierte sich schon lange nicht mehr für die Gründe. “Los doch, ich habe es eilig!”

Ich mag es als Leser gern, in die Stimmung und Gedanken der Personen hineingenommen zu werden, deshalb versuche ich beim Schreiben immer, zu den gesprochenen Worten auch die Gedanken hinzuzufügen.

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WAAAAHHHHH ein Adverb, vierteilen, erwürgen, erschlagen, ertränken, KILLEN!!! :wink:
Aber im Ernst, genau solche Adverbien versuche ich zu vermeiden, wo es nur geht. Gerade hier in deinem Beispiel könntest du es problemlos weglassen, es ist völlig klar, dass Peter nervös ist. Und das “Los doch, ich habe es eilig!” setzt nochmal eins drauf.
Für meinen Geschmack wäre das alles zusammen zu viel des Guten, so als ob der Autor immer nochmal eins draufgesetzt hätte, damit ich dummer Leser auch ja kapiere, wie nervös Peter ist.
“Los doch, ich habe es eilig!” würde ich deswegen auch weglassen.

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Ein Dialog braucht eine Daseinsberechtigung. Viele Dialoge hingegen sind Soda-Dialoge, die keine Daseinsberechtigung haben, denn sie sind einfach nur so da. Dialoge müssen im Prinzip Brennpunkte sein, Verdichtungen von Handlungen, Meinungen, das Aufeinanderprallen von Weltanschauungen und lauter so Zeugs, Missverständnisse, Streits, Charakterisierungen. Wenn ich an viele Dialoge denke, (Möchtest du auch einen Kaffe? Ja bitte. Mit Milch und Zucker? Nur Mich, bitte.) dann frage ich mich schon, warum steht das da jetzt? Wer will das lesen, wo ist der Bus mit den Leuten, die das interessiert? Bringt es die Handlung weiter, charakterisiert das irgendwen? Wenn deine Dialoge nicht krachen, ja was denn dann?

Und dann soll es so sein, dass der Dialog dermaßen brisant ist, dass aus der Handlung vorher und dem Inhalt des Dialogs ziemlich gut hervorgeht, wer was sagt. Macht es das nicht, ist er nicht prägnant genug. Ich habe nichts dagegen, wenn hin und wieder ein ›sagte sie‹ oder ein ›antwortete er‹ drin ist. Für bücherferne Leser ist es dann sicherlich einfacher. Aber doch nicht bei jedem Satz. Aus dem Gesagten sollte schon zu hören sein, wer es sagt.

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Sehe ich auch so.

Zwei Dinge:

  1. Bei einer abwechselnd geführten direkten Rede, an der zwei Personen oder vielleicht sogar mehr beteiligt sind, kann es durch gutes Schreiben klar sein, wer spricht, ohne dass man das dazusagen muss. Niemand hat gesagt, es sei leicht…

  2. Ich glaube, es war Leon de Winter, der gesagt hat, man solle bzw. müsse auch ein bisschen auf die Lese- und Lebenserfahrung der Leser vertrauen. Also ein bisschen was muss man den Lesern schon zutrauen. Ein dauerndes Erklären eines Gemütszustandes nervt mich als Leser. Ich bin ja nicht begriffsstutzig.

Im Old-School-Print-Journalismus, ist es ähnlich. Es ist ein schmaler Grat, zwischen genug Information und zu viel Information, weil man dem Leser das nötige Verständnis nicht zutraut.

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Oder aber das Gesagte ist wichtig, doch es ist unwichtig, wer im Einzelnen spricht.

Genau. Deswegen gibt es dann die Journalisten, die Tsunami-Welle, Déjà-vu-Erlebnis und Supernova-Explosion schreiben. Die einen werden immer dümmer und die anderen schreiben den immer dümmer werdenden hinterher, auf dass sie noch dümmer werden, statt für die Leser zu schreiben, denen man nicht mithilfe einer Dummvokabel erklären muss, was ein Tsunami, ein Déjà-vu und eine Supernova sind. Was ist das, ein Teufelskreis der germanistischen Vorhölle? Man kann regelrecht froh sein, dass jene Journalisten nicht auch noch Dialoge schreiben. :wink:

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Weil es dort nicht hingehört. Vielen Dank fürs Fehlerfinden :slight_smile:

Und ich mag Großbuchstaben. Und in diesem Fall: Wer ist “er”? Hier sprechen nur Statisten miteinander, die nie mehr in der Story vorkommen.

Die Großbuchstaben bestimmen die Lautstärke, das Ausrufezeichen steht für den Befehl. Ich weiß, dass viele zu solchen Auszeichnungen eine andere Ansicht vertreten als ich. Ich mag es trotzdem so.

Ihr dürft mich jetzt grillen – berücksichtigt dabei aber bitte, dass ich diese Form nicht verwendet habe, ich frage nur danach –, aber ich mag tatsächlich die Effizienz dieses Drehbuch-Stils. Mein Mut reicht wohl nicht aus, ihn zu verwenden, aber ich mag ihn.

Dankeschön, Yoro. Es tut gut, wenn man ab und zu mal verstanden wird :slight_smile:

Ich schreib situationsabhängig auch gern mal Gedanken in kursiv dazu.

Ich schreibe sehr gern und viel Dialoge. Mir sind viele Geschichten zu langweilig. Dialoge, die auch Story vermitteln, haben so etwas Direktes. Das hält mich beim Lesen wach.

Und um mal ein Fazit zu ziehen: Ihr steht alle nicht auf diese Drehbuch-Stil-Dialoge. Irgendwie schade. Ich hatte gehofft, dass ihr mir ganz viele Beispiele bringt, wer alles noch so schreibt.

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Aber tröste dich, wenn du dein Buch veröffentlichst und es wird ein Flop wird es nicht daran gelegen haben. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 99,9% wird die Version deines Buches, bei der du es anders machst, auch ein Flop. Und das liegt nicht an dir, denn 99,9% von allem, was veröffentlicht wird, wird ein Flop. Wir müssen leider den Tatsachen, an denen führt kein Weg vorbei, ins Auge sehen. 99,9% aller Veröffentlichungen werden keine tausend Bücher verkaufen. Also kannst du deine Dialoge schreiben, wie sie dir gefallen. Und wenn du genug literarische Vorbilder findest, wo es so gemacht wird, dann nur zu!

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