Einfallslose Verben

Ich glaube, jeder von euch kennt das.
Da schreibt man erstmal drauflos, ohne auf Komma, Rechtschreibung oder Wortwahl zu achten. Schnell, um nicht den Faden zu verlieren, und dann schaut man sich sein Werk an und könnt sich die Haare raufen.
Da haben wir sie, neben unendlich langen Sätzen oder fiesen kleinen Füllwörtern, die bösen einfallslosen Verben.
Laufen, sagen, sehen oder stehen. Gähn.
Und dann beginnt es, man beschreibt und beschreibt, dabei sollen Sätze doch am besten kurz und einfach gehalten werden. Dann wird man kreativ und plötzlich hauchen sich die Figuren ins Ohr, oder schleichen durch die Gassen. Oder schlurfen? Stampfen? Nein das klingt zu wütend, er stolzierte? nein das passt auch nicht.
Das bringt mich zur Weißglut, die Suche nach dem perfekten Verb, das wie ein Film, Bilder im Kopf entstehen lässt.
Habt ihr einen einfacheren Weg gefunden, sich nicht stundenlang an passenden Verben aufzuhalten? Legt ihr euch ein Sammelsurium an? Reicht euch Open Thesaurus? Oder machts jahrelange Erfahrung irgendwann einfacher?

LG Alina

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Ja, es macht die Sache einfacher, ist aber nicht Bedingung. Der Trick ist, die Dinge aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten, zu karikieren, etc. So entstehen dann Bilder, die sehr eindringlich sein können.
Wie z. B. “mit dem Hintern an der Sesselkante nippen.”
Das tut natürlich kein Hintern - also kein mir bekannter - aber ich bin sicher, dass das alle verstehen.

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Ein Lob den langweiligen Verben! Irgendwo habe ich gelesen, dass die “langweiligen” Verben ihre Berechtigung sehr wohl haben. Aus dem Kontext heraus erkenne man ja schon, ob jemand in Eile ist oder nicht, vorsichtig, unsicher etc. Da sei dann z.B. “gehen” völlig genügend. Ein besonders ausgesuchtes Verb oder eine spezielle Formulierung sei dann eher zu viel des Guten.
Es ist wohl auch hier eine Frage der Dosierung.

Wenn man auf so kreative Umschreibungen zurückgreifen kann wie @narratöör beispielsweise, spielen wir in einer anderen Liga. Auch da finde ich die Menge an Wortspielereien sollte wohl zurückhaltend gewählt sein. Am Schluss vergisst man vor lauter ungewöhnlichen Beschreibungen den eigentlichen Inhalt des Textes. :wink:

Damit ich nicht ständig die gleichen Verben oder auch andere Worte verwende, nutze ich auch gerne das Synonym-Lexikon.

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Erfahrung spielt da sicher eine große Rolle, und natürlich selber viel lesen, was ja auch den eigenen Wortschatz erweitert. Mir gehts mittlerweile so, dass mir, wenn ich mir eine Szene vorstelle und genau hinschaue, was meine Figuren da so alles tun und treiben, meistens auch sehr schnell ein paar passende Verben einfallen.
Ich hatte früher ein Notizbuch, in dem ich lauter Wörter und Formulierungen (nicht nur Verben) gesammelt habe, die mir gefallen haben.

Ansonsten möchte ich mich hier @Füchsli anschließen: Wie bei allen stilistischen Mittel ist die Dosis das Entscheidende.
Ab und zu eine ausgefallene Umschreibung ist genial, aber bringt man das in einer Tour, greift sehr schnell der Gewöhnungseffekt, außerdem wirkt es dann verkrampft, zu gewollt und beginnt zu nerven.

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Mir hilft neben dem Synonymwörterbuch eine Kombination aus Adverb und Adjektiv - nur zum Überlegen, nicht zum Schreiben :wink:
Beispiel: Ich habe im ersten Entwurf geschrieben, daß jemand “geht”. Dann überlege ich: Wie geht er denn? Langsam, bedächtig, schnell, vorsichtig, …? Sagen wir, er geht geht langsam - dann würde ich etwas wie schlurfen oder schleichen benutzen, je nach Zusammenhang, Charakter, Szene etc. Wenn ich auf die Weise nichts Passendes finde, schaue ich nach Vergleichen oder Metaphern. Geht er zum Beispiel vorsichtig: “Er ging herüber, als wäre der Boden mit den letzten Eiern einer aussterbenden Art gefliest.”
Das war jetzt überspitzt ausgeführt und paßt wahrscheinlich nur zu einem Vogelforscher, ich hoffe, es kommt rüber, was ich meine.

Ich hab grundsätzlich nichts gegen “langweilige” Verben - aber wenn ich eine Szene lese, in der sich jemand total abhetzt, weil er unbedingt los muß und buchstäblich die Welt untergeht, wenn er jetzt nicht endlich… würde mich ein “gehen” aus dieser Stimmung doch ziemlich rausreißen. Gerade weil ich aus dem Kontext weiß, daß sich hier jemand beeilt.

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Wie so oft, ist die Dosis entscheidend. Und ich stimme Yoro unumwunden zu - je umfangreicher der Wortschatz, desto größer ist das Sortiment, aus dem man sich bedienen kann. Ich bin - glaube ich - oft nah dran, meine Leser zu überfordern.

Das ist schon irre, aber mir gefällt es sehr!
In meiner No. 3 schreibt mein Held ja selbst einen (echt miesen) Roman, und er übertreibt es maßlos völlig mit haarsträubenden Vergleichen und Verben, die wirklich nichts miteinander zu tun haben bzw. absolut absurd sind. Ich habe mich genußvoll und hemmungslos ausgetobt. Eine Formulierung - die selbst ich dann verworfen habe - lautet:
“Er wußte, Veronika war jetzt fällig und ihre linke, nackte Brust wimmerte sich in seine linke Hand.”

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Ich stelle immer wieder fest, dass man solche Verben gar nicht so häufig braucht, wie man meint. Oft kann ich den Weg von A nach B weglassen, oder nur schreiben, “Auf dem Weg zum Auto …”. Dann brauche ich gar kein “Bewegungsverb”. Manchmal ist es auch aus dem Kontext heraus klar, dass die Person von A nach B gegangen ist, z.B. innerhalb eines Zimmers, sodass man das gar nicht mehr erwähnen muss. Und dann hat man wieder eines dieser Verben gespart …

LG
Pamina

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Absolut. Es ist mit Bewegungen ein bißchen wie mit der zeitlichen Abfolge: Die meisten Worte wie “dann”, “zuerst”, “anschließend” etc. kann man getrost weglassen - ohne gegenteiligen Hinweis wird der Leser sie ohnehin als in genau der Reihenfolge stattfindend wahrnehmen, in der sie aufgeschrieben sind.

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Das hättest du drin lassen sollen. Ich musste gerade mehrfach schmunzeln wie vermutlich auch Veronikas Verehrer.

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Naja, so ganz weg ist der Text nicht, Captn, mein Captn, ich hab ihn etwas umgewandelt und umgebaut. Ich steh auf diesen Scheiß und es muß ja nicht jeder mögen, das ist gar nicht meine Absicht. Es gibt soviel Geschmäcker, wie es Menschen gibt, und das ist auch okay so. Es ist kaum möglich, alle “glücklich” zu machen. Love it or leave it.

Genau deswegen habe ich dieses Thema gestartet. In einigen Szenen passt ein gehen nicht und rennen erzeugt ebenfalls kein Bild.
Stolpern passt ja dann nicht mehr zum Charakter und so weiter…

Das klingt hilfreich, Danke.

So ist es Punkt :thumbsup:
Und wimmert hat bei mir ein sehr skurriles Bild erzeugt. Danke

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Das ist der Plan. Merci.
In meinen Augen ist das Leben skurril, absurd und manchmal kaum zu glauben. Aber wir glauben es. Müssen wir ja auch, es gibt keine andere Realität. Es mag alternative Fakten geben :thumbsup:, aber keine alternative Realität.
Und - auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole - immer wieder: Ich will die Bilder, die in meinem Kopf herumschwirren, dem geneigten Leser verpassen. Und die sind skurril und absurd. Bastabum.

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Da ist aber auch nicht alles, was für die spezielle Situation passt, drin. Für die besonderen Fälle habe ich mir eine Tabelle angelegt, die ich bei Bedarf und entsprechenden Einfällen erweitere. Bei dem Verb laufen beispielsweise stürzen, dass je eigentlich eine andere Bedeutung hat. Aber gerade in dem Bereich laufen und gehen bietet der Thesaurus schon hunderte Synonyme.

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Nein, und manchmal auch äußerst Unpassendes: Auf der Suche nach einem Synonym für “Bauch” habe ich so zum Beispiel das schöne, aber wohl kaum je nutzbare Wort “Feinkostgewölbe” kennengelernt.

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Ich bin Fan der langweiligen Verben. Wenn ich (zwanghaft) versuche diese zu ersetzen, dann klingt das immer irgendwie gekünstelt. Kann aber auch daran liegen, dass ich von Berufswegen akademisch schreibe und deshalb einen recht nüchternen Ton habe. Bei wörtlicher Rede ist meine Philosophie z.B., dass ich immer zuerst versuche, komplett ohne “sagen” etc. auszukommen. Wenn ich dann doch einen Indikator brauche, wer gerade spricht, muss ich einen guten Grund haben, um nicht “sagen” oder “antworten” zu verwenden.

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Wer viel, bewusst als Schreiberling wohlgemerkt, liest, lernt dadurch eine Menge. Ein Patentrezept gibt es nicht, aber die Übung ist ein Kriterium das man dabei nicht vergessen darf. Ein Autor der bereits seit 20 Jahren täglich schreibt, der kann das besser als einer der neu angefangen hat. Es erfordert Disziplin und Lust immer wieder zu Lesen. Denn auch im Lesen wird unsere Hirntätigkeit angeregt und unsere Fähigkeit gestärkt.
Übrigens ist der Besteller Code eine hilfreiche Lektüre welche Verben besonders oft in Besteller und nicht Bestellern zu finden sind.

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??? Besteller oder Best-Seller? Du verwirrst mich, verehrte Krimitante!

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Vergleiche und Metaphern mag ich nicht so und verwende sie kaum.
In meinem Text habe ich eine Stelle wo es heißt: … er ließ wie von der Tarantel gestochen seine Gabel fallen. Ausgangspunkt ist eine Frage, die meinen Held aus dem Nichts trifft und ihn mit einem negativen Erlebnis konfrontiert.
Würdet ihr euch an diesem Ausdruck stören, oder kann man das so bringen?

Da verdreht die ehemalige Spinnenhalterin in mir die Augen :wink:

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Ich finde diese Phrase zu abgedroschen, uralt, zig Millionen mal verwendet.

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