Entscheidung auf der Jenner-Alm 1

Hallo,

ich nehme einmal Ullis Aufruf zum Anlass und stelle eine Leseprobe ein. Da ich nicht weiß, wie lange der Text maximal sein soll, hoffe ich, dass es nicht zu viel ist.

LG

Sheila

Katharina blieb stehen und sah sich um.

Hier war der Saumpfad lediglich einen halben Meter breit. Auf der linken Seite stieg die Felswand senkrecht in die Höhe, rechts ging es genauso steil mehrere hundert Meter in die Tiefe. Auf dem Grund der Schlucht schlängelte sich ein Bach um die Felsbrocken wie eine Blindschleiche.

Vorsichtig schlüpfte Katharina aus den Tragegurten des Rucksackes und stellte ihn neben sich ab. Sie zog die Outdoor-Jacke aus. Der kalte Wind zerrte an ihrer Flanell-Bluse und ließ sie frösteln.

Katharina bückte sich nach einem kindskopfgroßen Felsbrocken und legte ihn in die Jacke. So gut es an der engen Stelle ging, holte sie aus und schleuderte die Jacke mitsamt den Stein in die Klamm. Aus dem Rucksack zog sie ein in Plastikfolie eingewickeltes Päckchen. Kurz presste sie es an die Brust.

Mein Fahrschein in ein neues Leben. Hoffentlich geht alles gut, dachte sie. Unzählige Male hatte sie sich in den dunkelsten Stunden ihr neues Leben ausgemalt. So oft, bis es eine Vision wurde. Etwas, das ihr Kraft gab, alles zu ertragen und durchzustehen. Pläne zu schmieden. Eine Vision, die für sie zu einem Glaubensbekenntnis wurde wie für andere Menschen eine Religion.

Sorgfältig stopfte sie das Päckchen in den Hosenbund. Sie besaß nur noch, was sie am Leibe trug. DAS durfte sie auf keinen Fall verlieren.

Als nächstes entnahm sie dem Rucksack einen alte Walk-Janker und schlüpfte hinein. Dann schloss sie den Rucksack, fasste sie die Schulterriemen und warf ihn ebenfalls in die Schlucht.

Der Schwung brachte sie zu nahe an den Rand. Unter ihrem Fuß löste sich der Boden. Steine polterten in die Tiefe, lösten eine kleine Gerölllawine aus. Für Sekunden schwebte Katharina über dem Abgrund. Schließlich gelang es ihr, das Gewicht nach hinten zu verlagern. Hart schlug sie mit Rücken und Hinterkopf auf die Felswand.

Katharina verharrte, bis der Schmerz nachließ und sich ihr Herzschlag beruhigte.

Sie lachte, bis ihr Lachen in ein trockenes Schluchzen überging. Welche Ironie, wenn die geplante Täuschung Realität geworden wäre!

„Alles, selbst der Tod wäre besser, als so weiter zu leben", flüsterte sie heiser.

Nein, verbesserte sie sich in Gedanken, das ist kein Leben. Ich existiere. Mein Leben beginnt nach diesem verfluchten Pass. Vorausgesetzt, ich überlebe und der Plan funktioniert.

„Es muss klappen."

Eine weitere Chance bekam sie nicht. Das wusste sie.

Dunkle Wolken zogen auf; kündeten von der Schlechtwetterfront, vor der sie die Einheimischen bei ihrem Aufbruch warnten. Im Gebirge schlug das Wetter schnell um und Schnee Anfang Mai auf über 1.500 Meter Höhe kam öfters vor. Der Wind wurde böiger und die Temperatur fiel stetig.

Sie musste weiter. Langsam richtete sich Katharina auf. Sie zitterte. Der Beinahe-Absturz steckte ihr noch in den Knochen. Den Rücken fest an die raue Felswand gepresst, den Blick auf den Boden geheftet, tastete sie sich Schritt für Schritt voran.

Als Katharina sich um die nächste Kurve schob, stöhnte sie. Der Weg, bisher nicht mehr als ein Saumpfad, verengte sich auf einer Länge von mehreren Hundert Meter um die Hälfte der bisherigen Breite.

Zum ersten Mal schwand Katharinas Zuversicht; zweifelte sie, ob das alles eine gute Idee war. Was, wenn sie …

Katharina schüttelte den Kopf und damit den Gedanken ab.

Was für Alternativen hatte sie? Zurück konnte sie nicht. Und hier stehen bleiben, bis sie vor Durst oder Kälte umkam oder vor Schwäche in den Abgrund stürzte, wollte sie nicht. Sie konnte nur vorwärtsgehen.

Mit dem Mut der Verzweiflung ging sie weiter. Der eisige Wind zerrte an Kleidung und Körper. Er machte ihre Glieder steif und gefühllos.

Katharina erreichte die erste der sogenannten Alu-Leitern.

Sie stand auf deutschem Boden!

Nach den drei Leitern, hatte sie im Net recherchiert, wurde der Weg breiter und führte hinab ins Tal.

Ob das hier die Stellen waren, wo einst die SS-Leute den Pfad gesprengt hatten, um den Vormarschen der Alliierten aufzuhalten? Sie hatten gründliche Arbeit geleistet. Die Leitern überspannten drei riesige Löcher im Pfad. Es gab dort nur noch die senkrechte Felswand.

Die Sicht verschlechterte sich. Ob durch Nebel oder tief hängende Wolken vermochte Katharina nicht sagen. Im Grunde war das Ergebnis gleich: Wenn sie noch lange zögerte, sah sie bald ihre eigenen Füße nicht mehr. Zumal bei diesem Wetter die Nacht noch früher hereinbrechen würde.

Katharina betrat den ersten der schulterbreiten Alu-Stege. Ihre steifen Finger umkrallten das glitschig-nasse Drahtseil, mit der anderen Hand stützte sie sich am schroffen Fels ab. Katharina wagte nicht, den Blick von den Tritten abzuwenden. Sie war dankbar, dass ihr der Blick in die Tiefe erspart blieb.

Katharina betrat die letzte Leiter. Der Wind pfiff in ihren Ohren, feinste Eiskristalle bohrten sich schmerzhaft in die ungeschützte Haut von ihrem Gesicht und den Händen. Ihr Janker war schwer vor Nässe; längst nur noch ein fadenscheiniges Alibi und kein echter Schutz mehr.

Die Leiter knirschte und ächzte bei jedem Schritt. Ängstlich beobachtet Katharina die Befestigungen an der Wand. Bewegte sich da eine Verankerung? Stand dort nicht eine Schraube zu weit hervor?

Weiter, kommandierte Katharina. Immer weiter!

Ihr Fuß kickte einen Stein in den Nebel. Katharina atmete erleichtert auf. Sie hatte wieder festen Boden unter den Füßen. Erleichtert atmete sie auf. Allmählich wurde der abschüssige Geröllpfad breiter und der Nebel dichter. Bald fühlte sich Katharina, als watete sie durch Milch. Sie stolperte und strauchelte, weil sie Unebenheiten und Geröllbrocken nicht sah.

Die Furcht, vom Weg abgekommen zu sein, sprang sie wie ein Raubtier an. Im gleichen Moment stürzte sie. Sie kugelte und rutschte in einer Steinlawine einen Abhang hinab. Bei den Versuchen, an dem scharfkantigen Gestein Halt zu finden, riss sie sich die Hände auf. Schließlich prallte ihr Körper gegen einen Felsen. Die Wucht des Aufschlages presste die Luft aus Katharinas Lungen.

Benommen blieb Katharina liegen. Langsam und vorsichtig bewegte sie Arme und Beine. Sie hatte Schmerzen am ganzen Körper, doch gebrochen schien nichts. Die Welt um sie herum versank in wirbelnden weißen Nebelfetzen, aus der sich die Umrisse dunkelgrauer Felsen abzeichneten.

Aus Angst, bei einer unbedachten Bewegung noch weiter abzurutschen, tastete Katharina die Umgebung ab. Sie schien auf einer ebenen Stelle gelandet zu sein und der Felsbrocken gab ihr zusätzlichen Halt.

Das Päckchen im Hosenbund fiel ihr ein. Hoffentlich hatte sie es nicht verloren! Panisch griff sie danach. Mit einem Seufzer der Erleichterung zog sie es heraus. Doch was sollte sie jetzt machen? Der Nebel nahm zu und von Minute zu Minute wurde es kälter und dunkler.

David trat auf die Veranda. Besser, er würde die Geißen früher als sonst in den Stall rufen. Die angekündigte Schlechtwetterfront kam näher, verschlang langsam und unaufhörlich die umliegenden Gipfel der Allgäuer Alpen und kroch die Berghänge hinab. Der Wind transportierte den Geruch von Schnee und eisiger Kälte.

Über zwei Finger stieß er laute und unterschiedlich lange Pfiffe aus.

Kurze Zeit später kam seine kleine Ziegenherde über die Alm getrottet. Siebzehn Muttergeißen mit ihren munteren, stets zu Schabernack aufgelegten Zickerln.

David öffnete den Stall. „Emma, Berta, Nannerl, Geli, Flockerl", leise murmelte er den Namen jeden einzelnen Tieres. „Beckerl, Mona, Gusti …"

Seine Miene verdüsterte sich.

„Sakra, Lilith, du greißliches Lumpaviah! Wo steckst du?" Erneut stieß er den Lockpfiff aus. Das Gemecker aus dem Stall war die einzige Antwort. Weit und breit war nichts von der einhornigen grauen Bergziege zu sehen, die wie ihre mythischen Namensgeberin ebenso unabhängig und abenteuerlustig war.

David zögerte. Sollte Lilith doch draußen bleiben und die Nacht im Sturm verbringen. Vielleicht würde sie das endlich von ihren Extratouren heilen.

Zurück in der Hütte ließ ihn die Sorge um die Geiß nicht los. Wie die anderen Ziegen gehörte Lilith der vom Aussterben bedrohten Ziegenrasse Capra Grigia an. Sie war ein Prachtexemplar ihrer Zucht und ebenso eigenwillig wie intelligent. Aber da war noch mehr.

Lilith war seine Lieblingsziege. Das erste auf der Jenner-Alm geborene Zickerl. Von der Mutter verstoßen, hatte er Lilith mit der Flasche großgezogen und die ersten Wochen rund um die Uhr alle vier bis fünf Stunden gefüttert. Sie war das von ihm ernannte Maskottchen der Jenner-Alm, selbst wenn sie ihn regelmäßig in den Wahnsinn trieb.

David versuchte sich vorzustellen, Lilith läge geschützt und wiederkäuend unter einem Felsen. Vergebens. Das Bild entstand nicht. Statt dessen gaukelte ihm seine Fantasie Bilder einer verunglückten Geiß vor, die verletzt oder mit gebrochenem Bein unterhalb der Felsen lag.

„Jetzt werd net narrisch, David", schimpfte er leise. „Goaßen sind keine Rindviacher. Die sind viel zu intelligent um sich zu versteigen und abzustürzen. Und die Lilith sowieso."

Wieder ging er zum Fenster und sah hinaus. Drei Stunden. Maximal. Dann waren die Wolken hier. Wie ein Backzwetschgerl in der Milchsuppe würde die Alm darin schwimmen.

David hielt es nicht mehr aus. Er zog einen dicken Kapuzen-Pullover an, warf sich die Lodenkotze über und griff nach Bergstock und Rucksack.

Er öffnete die Tür. Der Wind trieb feine Eiskristalle wie Nadeln in seine Gesichtshaut.

„Na wart, du verrecktes Drecksviach, beim diesjährigen Viachscheid in Obersdorf stehst zum Verkauf. Von mir aus sollen’S Salami aus dir machen. Ich bin fertig mit dir. Ich mag nimmer."

Trotz der kernigen Worte wusste David, dass der Ansage keine Taten folgen würden. Hatte er Lilith erst gefunden, wäre alles vergessen. Bis zum nächsten Mal.

David stieg zu den ihm bekannten Lieblingsplätzen der Ziegen auf, soweit er es bei dem Wetter wagen konnte. Immer wieder blieb er stehen und pfiff das Signal. Nichts.

Über die Latschen kroch der Nebel. David musste umkehren. Ohne große Zuversicht stieß er den Pfiff aus und lauschte.

Da - ein Laut. Er ging in die vermutete Richtung. Wieder pfiff er. Erneut eine Antwort. Kein Ziegengemecker - es klang menschlich. Wie zur Bestätigung hörte er ein rhythmisches Klopfen, Fels auf Fels. Hastig stieg David weiter auf.

Bö auf Bö folgte. Zerrte an der Kotze, erschwerte ein Vorankommen. Als halte ein wütender Wettergott David davon ab, ein für ihn bestimmtes Opfer zu entreißen.

„Hallo? Ha-allooo!!!"

Der Wind riss ihm die Worte vom Mund.

„Hier - hier bin ich, bitte helfen Sie mir." Eine Frauenstimme, gefolgt von dem Klopfen. Jetzt weniger rhythmisch, fast panisch.

David sah sich um. Er war in der Nähe eines Felsens, den er für sich ‚Die Nadel’ nannte. Erste Nebelschwaden wirbelten um Kopf und Oberkörper. Sein Selbsterhaltungstrieb brüllte den Befehl zur Umkehr. Niemandem war geholfen, wenn der Berg zwei statt ein Opfer verschlang.

Er ignorierte den Befehl, stellte sich taub und ging weiter. Nur noch bis zur Nadel, sagte er sich. Dort würde er umkehren.

Aus den Wirbeln schälte sich dunkelgrau der schmale hohe Fels heraus. An ihm lehnte eine schluchzende Gestalt.

„Ich … ich bin in den Nebel gekommen und abgestürzt. Bitte, helfen Sie mir."

Natürlich, eine Zuagroasde, eine Touri. Wieder eine, die alles besser wusste und wahrscheinlich sämtliche Warnungen Einheimischer in den Wind geschlagen hatte.

„Sind’S verletzt? Können’S laufen?"

„Gebrochen scheint nichts zu sein, aber laufen kann ich nicht."

Darauf konnte David keine Rücksicht nehmen. Er legte sich ihren Arm über die Schulter und seinen Arm um ihre Taille. „Laufen werden’S wohl oder übel. Wir müssen schnell runter vom Berg, kommen’S."

David ging los. Die Frau an seiner Seite schrie auf, dass es ihm im Ohr gellte.

„Es geht nicht. Können wir nicht hierbleiben, bis das Unwetter vorüber ist?"

„Wollen’S zwei, drei Tag herroben bleiben? Na sehen’s!"

Das half, zumindest die nächsten fünf Minuten schwieg die Frau. Schwer wie ein Sack lag sie in Davids Arm.

Der Nebel wurde dichter.

„Wir sind zu langsam."

„Ich kann nicht schneller."

„Himmeheagodna! Du oide Zipfhenna! Benutz dei Haxn!“, polterte David. „I koa di net d’ ganze Berg runtertrage.”

Von da an ging es besser.

Sie erreichten die Jenner-Hütte im letzten Moment. Wie eine Welle rollte die Nebelwand über die Alm. Aufgeregtes Gemecker empfing sie und harte Hufe scharrten über den Bretterboden. Lilith stand vor der Tür und sah David mit ihren gelben waagrecht geschlitzten Augen vorwurfsvoll an, wie er es wagen konnte wegzugehen, wenn sie kam.

Als David die Tür öffnete, stolzierte Lilith wie eine Diva in den Raum und legte sich auf einen Fleckerlteppich vor den Bullerofen.

David platzierte die erschöpfte Frau in den Schaukelstuhl, zündete die Petroleumlampe an und heizte den Ofen ein.

„Gleich wird’s warm in der Stuben."

Zitternd und mit klappernden Zähnen nickte die Frau. Aus seinem Schlafzimmer brachte David eine Decke und mehrere Handtücher.

„Hier, ziehen’S die nassen Kleider aus, sonst findet Sie der Boandlgramar doch noch. Ich mach’ derweil Wasser zum Waschen heiß."

Er schob einen Sichtschutz vor und ging zur Küchenzeile. Auch dort feuerte er den Herd an. Aus der Quelle vor der Hütte holte er zwei Eimer Wasser. Er füllte einen großen Topf und einen Teekessel und stellte beides auf.

Zuletzt zog sich David im Schlafzimmer ebenfalls trockene Kleidung an. Als er zurückkam, richtete er auf einem Tablett eine Brotzeit. In einem Becher füllte er einen Esslöffel gewürzte Butter, kippte einen kräftigen Schuss braunen Rum dazu und füllte es mit heißem Wasser auf.

„Kann ich kommen?" Hinter dem Paravent ertönte ein Laut, den David als ‚Ja’ interpretierte. „Hier - ich hab was zum Essen gerichtet."

Er schob den Paravent zur Seite. Die nassen Kleider lagen als Haufen auf dem Boden. Die Frau hatte sich wie eine Mumie in die Decke eingewickelt. Zerzaust und schmutzig sah sie aus, die Haare standen ihr wirr vom Kopf ab. Wie ein aus dem Rappenalpbach gefischtes Katzerl, dachte David und stellte das Tablett auf einem kleinen Tisch ab.

„Das Wasser zum Waschen braucht noch ein bisserl." David deutete auf Lilith, die entspannt, den Kopf auf das ausgestreckte Vorderbein aufgelegt, dalag. „Ich muss noch nach die Goaßen schauen."

Aw: Entscheidung auf der Jenner-Alm 1

Überhaupt nicht zu lang, das ist mehr als OK so!

Probelesen schaffe ich allerdings nicht, heute ich Hochzeit unserer “Großen” :wink:

Aber ich hoffe, dass sich noch der eine oder andere findet, etwas dazu zu sagen.

Aw: Entscheidung auf der Jenner-Alm 1

Hallo Sheila

Spannend zu lesen. Mich irritiert aber eine Kleinigkeit in der erzählten Handlung.

Katharina ist auf der Flucht durchs Gebirge. Von einem benachbarten Land nach Deutschland und es stürmt heftig. Anhand der Beschreibung will sie erreichen, dass man sie als Tod hält, indem sie ihre Sachen (Rucksack und Kleidung) in die Klamm wirft. Wo man sie durchaus später finden kann oder sogar finden soll. Denke mal Letzteres. Ihren Körper wird man jedoch nicht finden, weil er ja nicht «weggeworfen» wird :wink:

Da sie einen triftigen Grund für ihre Flucht haben wird (sie hat ja etwas Bedeutsames bei sich), bedeutet das auch, das es jemanden geben wird, der sie suchen wird. Dieser jemand soll sie für Tod halten. Und genau an diesem Überlegungspunkt gibt es für mich in deinem Text einen kleinen irritierenden Punkt. Und zwar die Tatsache, dass sie einen Stein in die wegwerfende Jacke legt.

Warum du Katharina den Stein zum Werfen der Jacke nehmen lässt, ist mir klar. Es stürmt sehr heftig und da ist es kaum möglich, eine Jacke werfen zu wollen. Aber es besteht die Gefahr für Katharina, dass der Stein in der Jacke verbleibt, wenn sie zu Boden fällt. Und eine Katharina verfolgende Person würde, wenn sie die Jacke unter dem kindskopfgroßen Stein findet, wohl den richtigen Schluss ziehen. Nämlich das Katharina, ihren Tod vortäuschen will. Und nebenbei, dass er auf der richtigen Fährte ist.

Bei einem richtigen Absturz würde die Jacke Katharinas Leiche umhüllen. Möglich das sie bei einer Pause die Jacke auszog und dann abstürzte. In dem Fall rutscht die Jacke einfach locker den Abgrund hinab, verwirbelnd vom Sturm. Landet letztendlich irgendwo an einem Felsen am Boden oder im Bach. Aber eben frei und ungebunden …

Und genau dies sollte sie auch tun. Die Jacke nicht mittels eines eingewickelten Steins werfen, sondern diese einfach in den Abgrund hinabrutschen lassen. Ebenso natürlich den Rucksack. Nicht werfen, sondern runter rutschen lassen. So als ob sie mit ausgezogener Jacke und tragenden Rucksack abgestürzt wäre.

Da fällt mir gerade noch ein Punkt ein …

Eine suchende Person könnte sonst auch noch auf den Gedanken kommen, das die vorgefundene Position vom Rucksack zu dem Ort mit dem Blut (Katharina stürzte ja fast wirklich ab und verletzte sich) am Saumpfad oben, unmöglich durch einen reinen Absturz zusammenhängen können.

Auch wenn der Rucksack durch den Sturm weiterbewegt wurde, so liegt er nun doch «noch weiter» weg. «Noch weiter», weil er ja geworfen wurde. Somit mehr Entfernung zurücklegte, als bei einem reinen Herabfallen/-wehen. Natürlich nur, wenn er nicht in den Bach fiel und von diesem weiterbewegt wurde. Da Katharina anscheinend brisante Daten bei sich hat, gehe ich mal davon aus, dass die sie verfolgende Person nicht unintelligent ist und vielleicht auch, wie ich, über diese irritierenden Informationen stolpert.

Ach ja, das Wort, «Entscheidung» im Titel, teilt mir als Leser dieses Textteiles schon mal mit, dass es auf der Alm zu einem Showdown mit ihrem Verfolger kommt?

Dein Text macht neugierig darauf, wie es weiter geht :slight_smile:

Aw: Entscheidung auf der Jenner-Alm 1

Hallo AndreasB,

vielen dank für das Lesen und das Lob.

Deine Überlegung bzgl. der Jacke und des Rucksackes kann ich nicht von der Hand weisen. Allerdings dachte ich es mir so, dass sie alles in den Bach wirft und der es mitreißt. Also wäre der Absturzort nicht zu bestimmen (so jedenfalls meine autorischen Pläne). Später soll dann einer sinngemäß sagen: Die Leich haben wir nicht gefunden. Wahrscheinlich wird sie über den Lech und Donau schon längst im Schwarzen Meer gelandet sein.

Ist das unlogisch?

LG

Sheila

Aw: Entscheidung auf der Jenner-Alm 1

Hey Sheila,

eine spannende Geschichte, wirklich wahr! Gefällt mir sehr gut und wenn das so weitergeht, dann macht das Lesen sicher großen Spaß - bin schon neugierig!

Was ich anzumerken hätte, ist nichts Dramatisches, aber eine Anzahl Kleinigkeiten, die es hier als Text darzustellen mühsam macht. Für mich zum Schreiben, für Dich zum Finden. Deshalb hängge ich das pap-Dokument mit den Kommentaren dran, okay? Nicht erschrecken, wie gesagt nicht dramatisch!

Herzliche Grüße

Martin

P.S.: @Ulli, wenn er’s liest (tut er sicher :wink: ): Das ist so ein Fall, wo die Synchronisierung praktisch wäre.

Sheilas Text.pap (25.6 KB)

Aw: Entscheidung auf der Jenner-Alm 1

Hallo Martin,

danke für die gründliche Arbeit. Vieles werde ich übernehmen. Aber bei den vielen Stellen mit sie habe ich ehrlich gesagt, Bauchgrimmen. Mal sehen, wie es sich liest.

LG

Sheila

Aw: Entscheidung auf der Jenner-Alm 1

Hallo Sheila

Genau diesen Gedanken hätte ich als Vorschlag. In einem Satz beschreiben, dass Katharina beobachtet, dass ihre Jacke und der Rucksack im Bach landen.

Aw: Entscheidung auf der Jenner-Alm 1

Tu’s ja nicht, wenn es grimmt! Ich denke, dass der Namen selbst schon ab und zu sein kann. Aber es ist ja sonst niemand da. Deshalb würde ich den Namen nur einführen und dann verwenden, wenn es Missversatändnissen vorbeugt. Selbstverständlich ist es nur meine Sicht, dafür aber Dein Text und ich will auf keinen Fall für gesundheitliche Probleme verantwortlich werden :scream:

Wird es mehr zu lesen geben?

Aw: Entscheidung auf der Jenner-Alm 1

So, euere Anmerkungen habe ich überarbeitet. Vielen Dank.

LG

Sheila

Aw: Entscheidung auf der Jenner-Alm 1

Edit: Ich habe die Korrekturen von dir noch nicht berücksichtigt, weil ich während deines Postings hier noch geschrieben habe.

Hallo Sheila,

vorweg das Gute: die Leseprobe ist spannend.

Du bringst durch die kurzen Sätze bringst du auch viel Tempo in die Sache, wobei ich die Kürze der Sätze an einigen Stellen schon beinahe einen Tick zu viel fand. Hier z.B.

Das sind Gedanken, die ihr durch den Kopf gehen. Sie hetzt körperlich (was gut und richtig dargestellt ist), aber sie hetzt hier auch gedanklich und das sorgt bei MIR dafür, dass es zu wenig Ruhepausen beim Lesen gibt. Der Effekt ist kontraproduktiv. Denn kurze Sätze erzeugen bei mir nur dann Tempo, wenn sie eine Steigerung des „normalen“ sind. Ich habe eine Tante, die KANN einfach nicht leise sprechen. Immer, wenn sie ihren missratenen Sohn mal anbrüllen will, klingt das genauso wie sonst auch. Er erkennt den Unterschied nicht. Es prallt an ihm ab. So ähnlich ist das hier auch für mich und das nicht nur an dieser Stelle.

Was die vielen „Katharinas“ betrifft, muss ich Tiger Akbar Recht geben. Ich muss dir leider sogar sagen, dass ich (wenn das der Anfang eines Romans wäre oder die offizielle Leseprobe, die man bei ebooks manchmal erhält), das Buch deswegen nicht kaufen würden. Ich würde fürchten, dass der Rest auch so geschrieben ist und das liest sich einfach so holprig und unschön, dass da keine Lesefreude aufkommt. Leider ist es aber auch so, dass ich nicht glaube, der simple Ersatz durch „sie“ würde das Problem beheben. Ich sehe es von den Formulierungen her eher als problematisch, dass überhaupt so viele Sätze mit „Katharina“ oder „Sie“ anfangen. Ein gutes Drittel aller Katharinas und Sies könnte man wegschreiben, indem man sich beim Schreiben nicht zu sehr auf die Person fixiert. Manchmal hast du es ja drin. Dann erwähnst du ihre Finger, z.B. Das geht öfter.

Hier z.b.:

Alternativ: *Ein Lachen entfloh ihrer Kehle und ging in ein trockenes Schluchzen über. *

oder:

in: „Alles, selbst der Tod wäre besser, als so weiter zu leben." *Ihr Flüstern klang heiser. *

Was mir aber insgesamt am meisten gefehlt hat, war irgendwie das Gefühl, mich um sie zu sorgen. Ich hatte keinen Moment Angst um sie. Ich kann mich in ihre Flucht eigentlich nur mit Mühe hineinversetzen. Hier ein Beispiel von mehreren.

Du beschreibst haarklein, was genau passiert. Sie wirft mit Schwung, Steine lösen sich, sie ist in Gefahr, rettet sich irgendwie und dann am Ende steht plötzlich, dass sie Schmerzen nachlassen und ihr Herzschlag sich beruhigt. Schmerz ist ohnehin ein diffuses Wort. Es kann brennen, stechen, pochen oder hämmern. Und wo steht, dass ihr Herz überhaupt gerast war? Wo die Gefühle? Versteh mich bitte nicht falsch. Hier gehört definitiv kein ganzer Absatz lang und breit getretener Gefühle hin. Aber irgendwas schon. Für mich! ist es einfach zu wenig, um mit ihr zu leiden und zu fiebern.

Im Zitat oben z.B. finde ich das sehr viel besser gelungen. :slight_smile:

~

Zum 2. Abschnitt:

Der Abschnitt mit David hat mir um Längen besser gefallen als der erste :slight_smile: Seie Sorge um Lilith ist zu meiner Sorge geworden. Ich konnte mit ihm fühlen, seinen Gedanken folgen. Hier sind mir auch bei weitem nicht diese sprachlichen Holpersteine aufgefallen wie im ersten Abschnitt. Ich kann hier überhaupt nicht meckern :slight_smile: Ehrlich nicht! Der Text ist gut geschrieben (wobei man streiten kann, ob Dialekt im Erzähltext etwas zu suchen hat - ich bin der Meinung: nein. Aber das ist wohl wirklich Geschmackssache).

Aw: Entscheidung auf der Jenner-Alm 1

Hallo Rabenvogel,

auch dir herzlichen Dank für das Lesen. Ich werde mir deine Anmerkungen durch den Kopf gehen lassen. Vllt. geht wirklich noch einige an Sies weg.

LG

Sheila

Aw: Entscheidung auf der Jenner-Alm 1

So, ich habe den ersten Teil überarbeitet. Hoffe, ich habe nichts verschlimmbessert.

LG

Sheila



Katharina blieb stehen und sah sich um.

Hier war der Saumpfad lediglich einen halben Meter breit. Auf der einen Seite stieg die Felswand senkrecht in die Höhe, auf der anderen ging es genauso steil mehrere hundert Meter in die Tiefe. Auf dem Grund der Schlucht schlängelte sich ein Bach um Felsbrocken wie eine Blindschleiche.

Vorsichtig schlüpfte Katharina aus den Tragegurten des Rucksackes und stellte ihn neben sich ab. Sie zog die rote Outdoor-Jacke aus. Der kalte Wind zerrte an ihrer Flanell-Bluse und bescherte ihr eine Gänsehaut.

Sie griff nach einem kindskopfgroßen Felsbrocken und legte ihn in die Jacke. So gut es an der engen Stelle ging, holte sie aus und schleuderte die Jacke in die Klamm. Aus dem Rucksack zog sie ein in Plastikfolie eingewickeltes Päckchen. Kurz presste sie es an die Brust.

Mein Fahrschein in ein neues Leben. Hoffentlich geht alles gut, dachte sie. In den dunkelsten Stunden malte sie sich ihre Zukunft aus, bis es zu ihrer Vision wurde. Das gab ihr die Kraft, alles zu ertragen und durchzustehen. Pläne zu schmieden. Eine Vision, die zu einem Glaubensbekenntnis wurde.

Sorgfältig stopfte sie das Päckchen in den Hosenbund. DAS durfte sie auf keinen Fall verlieren.

Als nächstes entnahm sie dem Rucksack einen alte Walk-Janker und schlüpfte hinein. Dann schloss sie den Rucksack, fasste sie die Schulterriemen und warf ihn ebenfalls in die Schlucht.

Der Schwung brachte sie zu nahe an den Rand. Unter ihrem Fuß löste sich der Boden. Steine polterten in die Tiefe, lösten eine kleine Gerölllawine aus. Für Sekunden schwebte Katharina über dem Abgrund. Es gelang ihr, das Gewicht nach hinten zu verlagern. Hart schlug sie mit Rücken und Hinterkopf auf die Felswand.

Der Schreck lähmte sie und gleichzeitig jagte er ihren Puls hoch. Nach Minuten ließ der Schmerz nach und ihr Herzschlag beruhigte sich. Ihr erleichtertes Lachen ging in ein trockenes Schluchzen über. Welche Ironie, wenn die geplante Täuschung Realität geworden wäre!

„Der Tod wäre besser, als auf diese Art weiter zu leben." Die geflüsterten Worte klangen heiser und kratzig.

Nein, verbesserte sie sich in Gedanken, ich habe kein Leben. Ich existiere. Mein Leben beginnt nach diesem verfluchten Pass. Vorausgesetzt, ich überlebe und der Plan funktioniert.

Eine weitere Chance gab es nicht. Das wusste sie.

Dunkle Wolken zogen auf, der Wind blies böiger und die Temperatur fiel stetig.

Im Gebirge schlägt das Wetter schnell um. Schnee liegt in der Luft, warnten Einheimische bei ihrem Aufbruch. Anfang Mai auf über 1.500 Meter Höhe kam das öfters vor.

Zitternd richtete sie sich auf. Der Beinahe-Absturz steckte ihr noch in den Knochen. Vorsichtig lugte sie über den Rand. In den Wirbeln des Baches blitzte hin das Rot der Jacke auf. Der Rucksack hing an einem Fels, dümpelte auf und ab, rollte träge weiter, stieß an den nächsten Fels.

Sie musste weiter. Den Rücken fest an die raue Felswand gepresst, den Blick auf den Boden geheftet, tastete sie sich Schritt für Schritt voran.

Bei der nächsten Kurve stöhnte sie. Der Weg, bisher nicht mehr als ein Saumpfad, verengte sich auf einer Länge von mehreren Hundert Meter um die Hälfte.

Zum ersten Mal schwand ihre Zuversicht; zweifelte sie, ob das alles eine gute Idee war.

Katharina schüttelte den Kopf und damit den Gedanken ab. Was für Alternativen hatte sie? Zurück konnte sie nicht. Und hier stehen bleiben, bis sie vor Durst oder Kälte umkam oder vor Schwäche in den Abgrund stürzte?

Mit dem Mut der Verzweifelten tastete sie sich weiter. Der eisige Wind zerrte an ihr, machte ihre Glieder steif und gefühllos.

Katharina erreichte die erste der sogenannten Alu-Leitern.

Sie stand auf deutschem Boden!

Nach ihrer Recherche im Internet wurde der Weg nach den drei Leitern breiter und führte ins Tal.

Ob das hier die Stellen waren, wo einst die SS-Leute den Pfad gesprengt hatten, um den Vormarsch der Alliierten aufzuhalten? Sie hatten gründliche Arbeit geleistet. Die Leitern überspannten riesige Löcher im Pfad. Dort gab es nur die senkrechte Felswand.

Die Sicht verschlechterte sich zunehmend. Ob durch Nebel oder tief hängende Wolken vermochte sie nicht sagen. Das Ergebnis war gleich: Wenn sie zögerte, sah sie bald ihre Füße nicht mehr. Zumal bei diesem Wetter die Nacht noch früher hereinbrechen würde.

Sie betrat den ersten der schulterbreiten Alu-Stege. Ihre steifen Finger umkrallten das glitschig-nasse Drahtseil, mit der anderen Hand stützte sie sich am schroffen Fels ab. Katharina wagte nicht, den Blick von den Tritten abzuwenden. Sie war dankbar, dass ihr durch den Nebel der Blick in die Tiefe erspart blieb.

Sie betrat die letzte Leiter. Der Wind pfiff in ihren Ohren, feinste Eiskristalle bohrten sich schmerzhaft in die ungeschützte Haut ihres Gesichts und den Händen. Ihr Janker war schwer vor Nässe; längst ein fadenscheiniges Alibi und kein echter Schutz mehr.

Die Leiter knirschte und ächzte bei jedem Schritt. Mit Herzklopfen beobachtet sie die Krampen an der Wand. Bewegte sich da eine Verankerung? Stand dort nicht eine Schraube zu weit hervor? Trotz der Kälte begann sie zu schwitzen.

Nicht stehen bleiben, kommandierte Katharina. Weiter!

Ihr Fuß kickte einen Stein in den Nebel. Sie hatte festen Boden unter den Füßen. Erleichtert atmete sie auf. Allmählich wurde der abschüssige Geröllpfad breiter und der Nebel dichter. Bald fühlte sie sich, als wate sie durch Milch. Sie stolperte und strauchelte über unsichtbare Unebenheiten und Geröllbrocken.

Wie ein Raubtier sprang sie die Furcht an, vom Weg abgekommen zu sein. Im gleichen Moment stürzte sie, kugelte und rutschte in einer Steinlawine einen Abhang hinab. Bei den Versuchen, an dem scharfkantigen Gestein Halt zu finden, riss sie sich die Hände auf. Sie prallte gegen einen Felsen. Die Wucht des Aufschlages presste ihr die Luft aus den Lungen.

Benommen blieb Katharina liegen. Vorsichtig bewegte sie Arme und Beine. Ihr Körper schmerzte, doch gebrochen schien nichts. Sie blickte sich um. Die Umgebung versank in wirbelnden weißen Nebelfetzen, aus der sich die Umrisse dunkelgrauer Felsen abzeichneten.

Keine hastigen Bewegungen, ermahnte sie sich, sonst rutschst du noch weiter ab.

Sie tastete die Umgebung ab. Es schien eine ebene Fläche zu sein und der Fels gab zusätzliche Sicherheit.

Das Päckchen im Hosenbund fiel ihr ein. Panisch griff sie danach. Mit einem erleichterten Seufzer zog sie es heraus. Doch wie ging es jetzt weiter? Der Nebel nahm zu und von Minute zu Minute wurde es kälter und dunkler.

Aw: Entscheidung auf der Jenner-Alm 1

Liest sich meines Erachtens nach, jetzt viel besser.

Aw: Entscheidung auf der Jenner-Alm 1

Hallo Sheila :slight_smile: ,

etwas spät komme ich auch noch nach mit zwei Anmerkungen. Mir hat Dein Text gefallen, flott geschrieben. Ich gehe auf den Anfang:

Die rechts-links Orientierung rauszunehmen verschlechtert die Angelegenheit für mich, ich würde schon gern ein übereinstimmendes, inneres Bild haben. Da fand ich den ersten Text besser. Aber, was ich sagen wollte: „lediglich“?? in diesem dramatischen Kontext? Wie wäre es mit ‚gerade mal‘ oder ‚nur mal‘. Und dann die Blindschleiche. Das ist doch eine bedrohliche Lage, was wenn das wie eine Würgeschlange oder eine Viper aussieht? Wie würde Dir das gefallen:

"Katharina blieb stehen und sah sich unsicher um.

Der Saumpfad war hier gerade mal (kaum) einen halben Meter breit. Links stieg die Felswand senkrecht in die Höhe und rechts stürzte sie genauso steil mehrere hundert Meter in die Tiefe. Am Grund der Schlucht wandt sich ein Bach um die Felsbrocken wie eine endlose Würgeschlange." Vielleicht ist Dir das zu viel, aber bedenk es mal. Und dann das Zweite:

Hast Du das mal versucht? Das geht nicht. Ein kindskopfgroßer Felsbrocken ist sauschwer! Lass ihn gut mannsfaustgroß sein, das fliegt auch prima :roll_eyes: .

Nachtrag: Es ist ja auch die Assoziativkraft des Lesers zu berücksichtigen. Willst Du ihn in Richtung Kindskopf oder Mannsfaust führen? :laughing:

Ich wünsche weiter viel Spaß und bin gespannt, was die Dame im Hosenbund trägt. Ich hätte ja Angst, dass mir das nach unten durchrutscht und der Jacke nachfliegt, ich würde es in die Bluse stecken :smirk: .

Aw: Entscheidung auf der Jenner-Alm 1

Seinen Tod vorzutäuschen stößt immer auf das gleiche Problem. Es fehlt an der Leiche. Tatsächlich kommt der Versuch öfter vor, als man denkt. Meistens geht es um Schulden, psychologische Probleme oder um sich der Strafverfolgung zu entziehen.

Bis ein Mensch offiziell für tot erklärt wird, muss einiges geschehen. In der Regel bleibt der Vermisstenstatus für lange zeit erhalten.

Jetzt aber das eigentliche. Eine Jacke und ein Rucksack werden in den Bach geworfen. Die Frage lautet: Soll die in deiner Geschichte jemand finden?

Falls ja, ergibt sich folgendes Problem. Wird sie von offizieller Seite gesucht. Dann kann man so etwas mit etwas glück tatsächlich finden. Das bedeutet aber: Hundertschaften der Polizei, Hubschrauber, Taucher, ECR Tornados (Wärmebild). Das ganze Programm.

Sollte nur eine kleine Gruppe von Verfolgern hinter ihr her sein, dann ist das fast unmöglich. Das riecht dann schon sehr nach »plot device«.

Sinn würde es machen, wenn sie ihre Schuhe verliert.

  1. Menschen, die aus großer Höhe stürzen, verlieren oft ihre Schuhe (Auch schon während des Sturzes).

  2. Ein Schuh könnte dann in der Nähe der vermeintlichen Absturzstelle liegen. Nicht im Wasser. Damit ist die Chance größer, dass er gefunden wird. Die Polizei würde den Schuh vermutlich finden. Bei einer kleinen Gruppe von Suchenden ist das wieder recht unwahrscheinlich.

  3. Wenn sie ihre Schuhe opfert, dann macht das die Sache meiner Meinung nach dramatischer. Wer läuft schon freiwillig auf Socken weiter? Die meisten würden eher ihre Jacke hergeben.

  4. Ein gefundener Schuh hat daher eine etwas größere psychologische Wirkung (auch wenn er nicht mehr beweist als eine Jacke).

Spielen die Gegenstände im Bach für deine Geschichte keine Rolle mehr, dann ist das vorher genannte natürlich völlig uninteressant.

Jetzt noch etwas zum Text:

»DAS durfte sie auf keinen Fall verlieren.«

Ist überflüssig. Ergibt sich aus dem vorherigen Text.

»…Mut der Verzweifelten…«

Ist ziemlich abgegriffen.

»Sie stand auf deutschem Boden! »

Das Ausrufezeichen verstehe ich nicht.

»…die SS-Leute…«

Wo einst SS-Männer… (finde ich besser als Leute)

»… ein fadenscheiniges Alibi und kein echter Schutz mehr.«

Das Wort ist überflüssig. Ergibt sich aus dem fadenscheinigen Alibi.

»Bald fühlte sie sich, als wate sie durch Milch.«

Das erzeugt bei mir das falsche Bild. Der Nebel ist kein physikalisches Hindernis.

Den Zweiten Teil finde ich wesentlich besser als den Ersten. Habe aber keine Zeit mehr etwas dazu zu schreiben.

Ansonsten viel Spaß beim Schreiben. Mögest du genau so verzweifeln wie ich :slight_smile:

P.S.: Versuche nicht so oft das Wort “Sie” zu benutzen. Hat Rabenvogel auch schon geschrieben. Da hat sie recht.

Aw: Entscheidung auf der Jenner-Alm 1

Hallo AndreasB,

vielen Dank für das erneute Lesen und das Lob.

LG

Sheila

Aw: Entscheidung auf der Jenner-Alm 1

Hallo McVail,

auch dir Danke für das erneute Lesen und das Lob. Die Sache mit Gift-/Würgeschlange passt m. E. nicht zu den Alpen. Aber auf der anderen Seite Schlange würde auch genügen, oder?

Mit dem kindskopfgroßen Stein habe ich mich wohl etwas in der Größe vergaloppiert. Ich werde wohl männerfaustgroßen Stein nehmen.

Liebe Grüße

Sheila

Aw: Entscheidung auf der Jenner-Alm 1

Hallo JensB,

auch dir vielen Dank für das Lesen und den Kommentar. Ein Teil der Sies habe ich schon ausgemerzt.

Zu deinen Anmerkungen über Leichen:

Ja, die Sachen sollen gefunden werden und es wird Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, um sie zu finden. Zu deinem Hinweis mit dem Schuh - ich habe selbst gute, schwere Bergschuhe. Da habe ich eigentlich eher den Eindruck, dass es mir das Bein/den Fuß abreißen könnte, aber den Schuh selbst ich nicht verlieren werde.

Vom Rest werde ich einiges übernehmen. Danke.

Na ja, bei der Geschichte verzweifle ich nicht. Nur bei der Planung von meinem Thriller, würde ich mir die Haare raufen, müsste ich schon seit Wochen mit Glatze herumlaufen.

LG

Sheila

Aw: Entscheidung auf der Jenner-Alm 1

Hallo Sheila,

bevor Du mit der Männerfaust einen unfreiwilligen Lacher setzt - die Einheit heißt Mannsfaust. Mannsfaustgroß ist das Hundertfache von kleinhühnerfaustgroß,:smiley: was wiederum eine kritische Größe für Gallensteine ist.

Die Schlange finde ich auch ausreichend, aber etwas bedrohlich sollte sie schon sein.

Aw: Entscheidung auf der Jenner-Alm 1

Hallo Sheila

Ich würde auch gerne meinen Senf dazugeben.

Vorweg: Der Plot klingt gut, spannend und macht Lust auf mehr.

Hast Du die Papyrus Stilanalyse eingeschaltet? Allein die Wortwiederholer sind schon recht viele. „Rucksack" gleich viermal auf der ersten halben Seite; „Jacke", „Felsbrocken", „Nebel" usw.

Wenn Du an diesen Stellen den Thesaurus nutzt und sie überarbeitest, wirkt es vom Stil her noch rasanter und authentischer.

Die deutsche Sprache ist wortreich, ich freue mich immer, wenn dies auch genutzt wird.

Beispiel:

Katharina sah sich gehetzt und atemlos um.

Der Saumpfad war nicht breiter als einen Schritt. Auf der einen Seite stieg die Felswand senkrecht hundert Meter in die Höhe, gegenüber fiel es genauso steil in die Tiefe ab. Auf dem Grund der Schlucht schlängelte sich ein Bach wie eine Blindschleiche um riesige Felsen.

Vorsichtig stellte Katharina den Rucksack neben sich ab. Kalter Wind zerrte an ihrer Flanell-Bluse und bescherte ihr eine Gänsehaut, als sie ihre rote Outdoor-Jacke abstreifte.

So in der Art. Kurz, knackig und ohne „Folgesätze"

Folgesätze sind beispielsweise:

„Vorsichtig schlüpfte Katharina aus den Tragegurten des Rucksackes und stellte ihn neben sich ab."

Bevor sie den Rucksack abstellt, muss sie aus den Tragegurten raus. Das eine ergibt sich aus dem anderen.

„Sie zog die rote Outdoor-Jacke aus. Der kalte Wind zerrte an ihrer Flanell-Bluse und bescherte ihr eine Gänsehaut."

Wenn der Wind an ihr zerrt, muss sie die Jacke vorher ausgezogen haben.

Davon gibt es sehr viele.

Aber lass Dich nicht irritieren, Du schaffst das schon

Lieben Gruß

Jonathan