Fragen zur Rechtsmedizin

Hallo,

in meinem Krimi werden Leichen obduziert. Der Dialog zwischen der Rechtsmedizinerin und dem Kommissar fällt mir mangels präzisem, medizinischen Wissen, etwas schwer.
Gibt es hier jemanden im Forum, der mir dabei Hilfestellung eben könnte?
Es geht um die medizinische Beschreibung einer äußeren und inneren Leichenschau.

Vielen Dank.

Dirk Osygus

Vielleicht wäre das Buch von Matthias Matting »Noch schöner sterben - Mehr Mordkunde für Krimifans« etwas für Dich.

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Warum solltest du ausführlich über Sachen schreiben, von denen du keine Ahnung hast? Kannst du das nicht so kurz und allgemein wie möglich abhandeln und dich besser auf die Dinge konzentrieren, die du wirklich gut kannst und wo du dich gut auskennst?

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Na ja, wenns danach ginge, gäbe es z.B. nur sehr wenige Krimis, denn wer von den Autoren hat schon alles einen Mord begangen, dass er sich ausführlich damit auskennt und alles genau beschreiben könnte? :wink:
Ich denke, früher oder später stößt man bei der eigenen Schreiberei immer mal an irgendein Thema, von dem man zu wenig weiß, das man dummerweise aber für den Plot braucht. Also muss man halt recherchieren und sich sonstwie schlaumachen, spricht ja nichts dagegen.

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Doch. Es geht danach. Sonst passiert nämlich das, was gerade oft genug passiert. Die Unkundigen schreiben alle voneinander ab. Und hat man tatsächlich mal jemanden zum Fragen und es kommen nicht die passenden Antworten, wird es wegen der Spannung und allem möglichen (künstlerische Freiheit) dann doch so gemacht, wie zuerst gedacht. Ich habe fünfhundert Krimis gelesen und zweihundert TATORT-Folgen gesehen, das muss als Recherche jetzt aber mal reichen! Die echte Welt stört doch dabei nur.
Ich habe nichts dagegen, dass jemand recherchiert. Aber noch besser ist es, jemand schreibt, der sich auskennt. Wenn der dann auch noch schreiben kann, ist das ein Genuss. So gut recherchieren die wenigsten! Wenn man natürlich unbedingt den tröfhundertsten kauzigen Kommissar erfinden muss, weil einem sonst nichts einfällt, muss man in den saurern Apfel beißen. Aber mach dir nix draus, die paar tausend Leutchen, die es besser wissen, lesen dein Buch vermutlich eh nicht. Dazu gibt es einfach schon viel zu viele Krimis auf der Welt.

Und ich will nicht beleidigen, aber man **muss **nicht ins Detail gehen! Die Kunst des Weglassens ist die Lösung. Schreibt die Dinge, von denen ihr was versteht. Das Motiv. Davon versteht jeder was. Aber eine Leichenschau? Wer hat denn daran Freude? Oder willst du ein zweiter Simon Beckett werden?

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Ich habe durchaus recherchiert, wie eine Leichenschau ausieht und wie sie abläuft. Das ist ja nicht so richtig schwer. Und ein schönes Buch von Michael Tsokos habe ich dazu auch gelesen. Alles gut.
Nur würde ich gerne eine kurze Beschreibung einbauen, in der die Rechtsmedizinerin die äußere Leichenschau beschreibt. Und das ist eher schwer zu finden.
Ist das eine hinreichende Erklärung?

Also noch am Tatort? Oder das erste Mal auf dem Tisch? Also das kommt gefühlt in jedem Münsteraner TATORT vor, nichts wirklich Spektakuläres. Die Ärztin untersucht den Körper eben oberflächlich (also von der Oberfläche her, nicht flüchtig). Guckt nach Hämatomen, winzigsten Einstichwunden, Blutansammlungen. Guckt in alle Körperöffnungen und macht gegebenenfalls Abstriche. Begutachtet den Allgemeinzustand (gepflegt oder nicht, sauber oder nicht, nach besonderen Merkmalen bei unbekannten Leichen). So Zeug eben.

Logisch, dieselben Tätigkeiten kommen nunmal gerne unter denselben Voraussetzungen vor. Ein Mord erfordert eine Obduktion, nicht nur im Münsterland, und wenn man sich entschieden hat, die genauer zu beschreiben, kommt man um mehr oder weniger Recherche nicht herum, zumindest solange man selber kein ausgebildeter Forensiker ist.

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Yoro, danke für Dein Verständnis. Genau das ist mein Anliegen. Das, was im Tatort gezeigt wird, ist nicht das, was ich mir vorstelle. Da darf es ein klein wenig präziser sein. Was ich schreiben möchte, weiß ich ja. Mir kommt es auf die medizinische Formulierungen an.
Und wenn es so einfach ist, DuaneHanson, Teile einer äußeren Leichenschau realistisch zu beschreiben, dann schreib mir doch mal einen Versuch. Ich wäre Dir dankbar.

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Was soll denn diese Akkuratesse? Ausgerechnet bei der Leichenschau? Ist ja toll, dass du das gerne recherchieren möchtest und so genau wie möglich sein willst.** Cui bono? **Ärzten wird nahegelegt, Fachtermini dem Laien gegenüber zu vermeiden, wo es nur geht und du willst sie verwenden, obschon du weißt, dass Laien den Krimi lesen werden? Medizinische Formulierungen sind nicht unbedingt das Mittel der Wahl, um einem breiten Publikum begreiflich zu machen, wie packend und spannend du erzählen kannst. Ich will deine Leichenschau nicht machen, denn ich würde sie ganz kurz abhandeln, in ein, zwei Sätzen, oder besser Nebensätzen. Wir gehen die Dinge eben unterschiedlich an. Mich interessieren Äußerlichkeiten wenig, mir ist das Innere der Handelnden Personen wichtig.

Wenn der Krimi fertig ist, wirst Du herausfinden können, warum die Szene für die Story wichtig ist.
Es freut mich für Dich, daß Du das anders siehst. Es wäre ja schade, wenn alle Menschen die gleiche Meinung hätten.
Und ganz so nebenbei, ich lese sehr gerne Krimis und Thriller, die realistische Details beschreiben.

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Da ich mit Tötungsdelikten beruflich nur am Rande beschäftigt war, habe ich nur einer Obduktion beigewohnt.

Bei der war es so, dass der Arzt im Prinzip zweimal geredet hat. Das erste Mal für seine Unterlagen. Da hat er in ein Diktiergerät gesprochen. Eine Mischung aus deutsch (Nominalstil) und lateinischen Fachbegriffen. Danach hat er uns erklärt, woran der Mann verstorben ist. Dabei hat er so geredet, dass ihn alle verstanden haben. Also mit geläufigen Begriffen und Worten. »Durch einen tiefen Stich in den Bauchraum wurde die Aorta verletzt. Das Opfer ist daraufhin innerlich verblutet. So wie die Wundränder aussehen, vermute ich, dass die Klinge doppelseitig geschliffen war. Die Klingenbreite dürfte drei Zentimeter betragen haben.«

So in etwa hat das geklungen.

Wenn du wirklich das Fachgerede aufschreiben willst, wirst du vermutlich nicht umhinkommen mit einem Arzt zu sprechen.

Tut mir leid, dass ich das jetzt so hingeschmiert habe, aber ich habe es etwas eilig.

Ich hoffe, es hilft dir ein wenig.

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Ich schreibe historische Krimis, OHNE am Beginn des letzten Jahrhunderts gelebt zu haben. Es macht Spass zu recherchieren, wo es etwa einen Taxistandplatz im ersten Bezirk im Jahr 1924 gab, wo das Messer im Körper treffen muss, um welche Effekte zu erzielen oder von welcher Firma die Brillantine gewesen sein könnte, wie sie gerochen hat und wie sie genau verwendet wurde. Genau deswegen schreibe ich historische Romane.

Ein kleiner Tipp von mir als ehemaligen Polizeibeamten. Ich weiss ja nicht, ob das vielleicht in Deutschland oder wo immer dein Roman spielt, anders ist. In Österreich erfolgt diese erste Untersuchung einer Leiche, bei der ein Verdacht auf Fremd- oder Selbstverschulden besteht durch den Amtsarzt. Gemeinsam mit dem Kriminalbeamten. Vielleicht mal googlen nach den Amtsärzten oder in Österreich gibts einen Polizeichefarzt. Dann dort einfach nachfragen. Oder über die Pressestelle der Polizei eine entsprechende Stelle nennen lassen.

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Könnte Dir ein Obduktionsbericht weiterhelfen?
Wenn ja: Dann bitte PN

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Dann setze den Fokus zunächst auf ihre Persönlichkeit und der Beziehung zum Ermittler. Dadurch bleibst Du im Fluss, arbeitest an der Entwicklung der Figuren. Alles andere kannst Du später nach Recherchen und dem Verlauf der Ermittlungen noch nachträglich hinzufügen.
Treffen Rechtsmedizinerin und Ermittler in einem ersten Fall zusammen? Oder kennen sie sich bereits? Arbeite hier die Figuren aus. Der fachliche Teil wird sich später ergeben. Wichtig ist das Spiel mit den Figuren. Dann kannst Du anknüpfen, an Erkenntnisse, Hinweise, einseitige oder gemeinsame Niederlagen, Erfolge.

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Im ersten Schritt würde ich erst einmal festlegen, was bei dem Dialog rüber kommen soll. Welche Informationen soll der Kommissar bzw. der Leser bekommen?
Welche Infos über die Leiche, der Art des Todes und weitere Gegebenheiten sind für den Fortgang der Geschichte wichtig?
Ist der Rechtsmediziner noch eine wichtige Person und damit ggf. die Konversation interessant (oder es ergibt sich z. B. einfach nur ein witziger Moment)?
Soll damit über den Kommissar noch etwas vermittelt werden (kann er z. B. keine Toten sehen).

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Vielen Dank für die vielen, hilfreichen Beiträge.
Aufgrund der sehr freundlichen Unterstützung von oskar21 habe ich meine Szene so schreiben können, wie ich es mir vorgestellt hatte. Danke dafür.

Ich finde den Beitrag: man sollte über einen Sachverhalt schreiben den man kennt, vollkommen in Ordnung. Es gibt wirklich genug Bücher und Filme, die nur darauf abzielen den “Täter” in den Vordergrund zu spielen. Das, jedoch, geht an der Realität vollkommen vorbei, ist aber reizerischer.
Nun, ich bin spät mit meinem Beitrag:
In der Realität kommt es erst dann zu einer Obduktion, wenn der ermittelnde Kriminalist einen Antrag an die Staatsanwalt stellt und ein Richter diesem zustimmt. Das bedeutet, der ermittelnde Kriminalist muss: nach Tatortarbeit, kriminalpolizeilicher Leichenschau und der Hinzuziehung eines Leichenschauarztes zu dem Ergebnis kommen, dass ein nichtnatürlicher Todesfall vorliegt. Dieses Ergebnis ist in der weiteren Folge - sein Ermittlungansatz (Versionsbildung zur Untersuchungsplanung).
Die Obduktion (rechtmedizinische Untersuchung) erfolgt immer unter dem Aspekt der Beweissicherung. Der Obduzent, in der Regel sind zwei Rechtsmediziner betraut, erhebt Befunde bei der äußeren und inneren Untersuchung. Seine Befunde wird er nie lateinisieren, denn sie müssen gerichtsverwertbar (Beweisdokument) und somit für Jedermann (Richter, Schöffen, Staatsanwalt, Anwalt, Angeklagten usw. verstehbar sein.
Eine Unterhaltung zwischen Ermittler und Rechtsmediziener hat das Ziel: die Fragen des Ermittlers zu klären! Fragen also, die sich aus der Tatortuntersuchung hinsichtlich der eigentlichen Tathandlung ergeben haben.
Ich könnte es noch weiter treiben, lasse es aber.
Nur noch soviel: eine “Verletzung der Aorta durch einen tiefen Stich in den Bauchraum”, na hallo! Dazu muss der Täter schon einen “Säbel” benutzt haben. Grundbegriffe der menschlichen Anatomie gehörten “früher” zur kriminalistischen Ausbildung, heute gibt es sowas nicht mehr. Aber die Lage der Aorta ist sehr geschützt (Rippen), eher trifft man also den Herzbeutel, die Lunge usw. Schriftstellerische Freiheiten … .
Wie gesagt, der Beitrag kommt spät.
Ich wünsche Euch ein gutes 2021, bleibt gesund

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Die Kernfrage von Samurai 27 hatte ich nicht beantwortet: Gespräch zwischen Kommissar und Rechtsmedizinerin.
Realität: Der Kommissar nimmt an jeder Obduktion teil. Mit seinem Wissen aus der Ereignisortarbeit (Oberbegriff - Tatortarbeit, kriminalistische Leichenschau, usw.), informiert er vor der Obduktion die Rechtmedizinerin über die bisher festgestellten Tatsachen. Während der Obduktion hat er die Aufgabe, alle Befunde zu dokumentieren, weitere - bisher latente - Spuren zu sichern. Nach Beendigung der Untersuchung, wird er mit der Rechtmedizinerin über die vorläufigen Befunde diskutieren.
Nehmen wir den hier erwähnten Stich in den tiefen Bauchraum: z.B. Lage und Form der Oberhautverletzung, Verlauf des Stichkanals, Todesursache. Lage der Oberhautverletzung: Hinweise auf Tathandlung (also Körperhaltung von Täter und Opfer beim Angriff; Überraschungsangriff? Verletzung beim Duell?
Form der Oberhauptverletzung: glattrandige oder gefranzte Wundränder, Breite der Wunde (Hinweise auf verwendetes Tatmittel (Messer, Säbel);
Verlauf des Stichkanals: welche inneren Organe wurden verletzt; Länge des Stichkanals; ist diese Verletzung todesursächlich oder eine zweizeitliche Ursache (in diesem Fall: Verletzung von Magen und Darm = Sepsis und oder Verletzung der Aorta = nach innen verblutet):
Diese Befunde muss der Kommissar “verarbeiten”, mit den Ereignisortspuren abgleichen (z.B. ist der Leichenfundort auch Tatort, gibt es Situationfehler, wie erfolgte die Annäherung des Täters an der Ereignisort, an das Opfer und wie immer den Fragen nach *Motiv, Mittel und Möglichkeit *nachgehen. Es ist die hohe Kunst der Kriminalistik, das sollte man schlichtweg berücksichtigen.

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Ich habe genau für diesen Zweck verschieden Werke über Obduktion im 19 und 20. Jahrhundert gelesen. Muss allerdings fairer Weise sagen, dass ich früher ständig mit Obduktionen, Obduktionsberichten und deren Übersetzungen zutun hatte.