Häufigkeit von Dialogen

Mir ist aufgefallen, dass meine aktuelle Geschichte sehr dialoglastig ist. Papyrus bietet ja die Möglichkeit alles auszugrauen, was nicht Dialog ist. Bei mir wird da in vielen Kapiteln weniger als die Hälfte - teilweise nicht mal ein Viertel - grau. Das liegt daran, dass ich gerade die Interaktion zwischen den Figuren spannend finde und mir dafür auch viel Zeit nehme. Die Beschreibung des Settings oder die Handlungen (im Sinne von, was machen die Figuren jetzt) bekommen sehr viel weniger Raum. Mir selbst macht es großen Spaß, Dialoge zu schreiben, aber dadurch wirken einige Kapitel schon fast eher wie Auszüge aus einem Drehbuch (oder Theaterstück).

Wie bei allem, gibt es auch hier natürlich keine feste Regel, wie viel Dialog in einem Roman erlaubt ist. Trotzdem würde mich interessieren, wie ihr damit umgeht. Achtet ihr als Autoren überhaupt darauf? Und wenn ja, auf was genau? Nehmt ihr euch Zeit für ausschweifende Dialoge? Oder schiebt ihr Handlungsfetzen ein (wie es in einigen Schreibratgebern empfohlen wird), damit es nicht zu eintönig wirkt?

Und was haltet ihr als Leser von Dialogen? Vermisst ihr den Erzähler, wenn er zu lange nichts von sich hören lässt? :wink:

4 „Gefällt mir“

Dialoge sind was tolles. Die Bücher von Sylvain Neuvel sind verdammt Dialoglastig. Und einfach schön zu lesen.
Mir macht es auch Spaß Dialoge zu schreiben. Und ich adde gerade auch wieder mehr Dialoge in mein Projekt, ich war da Anfangs vorsichtig. Obwohl meine erste Version wesentlich mehr Dialoge enthielt.

6 „Gefällt mir“

Wenn wir uns die Belletristik aus 1900-1950 ansehen, erkennen wir, dass fast ausschließlich die gesamten Werke über Dialoge funktionieren. Es gibt etliche Beispiele in der Literatur wo das funktiniert. (Agatha Christie, Erich Maria Remarque und etliche andere). Es ist immer wieder toll Bücher der Neuzeit zu lesen, in denen es inspirierende und spannende Dialoge gibt. Ich freue mich auf Dein Werk. Du musst uns Bescheid geben, wenn es veröffentlicht ist.
:laughing: :thumbsup:

4 „Gefällt mir“

Ich schreibe am liebsten Dialoge und recht dialoglastig, dass manchereiner schon meinte, ich müsse mehr das Drumrum beschreiben … weiß aber bis heute nicht, was eine rot-weiß-karierte Gardine wichtig macht.

Die Talking Heads versuche ich aber zu vermeiden – ob mir das manchmal gelingt, keine Ahnung, beim Schreiben achte ich eigentlich nur darauf, dass die Dialoge nicht zu gekünstelt wirken und auch mal ein Satz ein abruptes En– :wink:

“Jetzt halt endlich die Klappe.”

7 „Gefällt mir“

Bei mir ist die erste Fassung auch meistens sehr dialoglastig. Ich muss immer ein bisschen aufpassen, dass das nicht in “Talking Heads” ausartet, also dass der Leser nicht den Kontakt zu dem verliert, was um die sprechenden Personen herum sonst noch so los ist. Meistens füge ich dann bei der Überarbeitung die Umgebung nachträglich ein und kürze einen Teil der wörtlichen Rede wieder raus.

Irgendwann habe ich auch mal eine Kurzgeschichte geschrieben, die wirklich nur aus Dialog bestand.

6 „Gefällt mir“

Das ist bei mir ähnlich. Im Moment überarbeite ich und achte auch mehr auf das Setting und bringe etwas mehr Lokalkolorit in die Geschichte.

2 „Gefällt mir“

Ich liebe dialoglastige Romane. Sie dürfen natürlich nicht hohles Blabla beinhalten sondern die Geschichte weiterbringen. Dazu gehört allerdings auch immer mal was vom drumherum oder ein kurzer Gedankenmonolog, aber nicht zu üppig.
Hatte da kürzlich ein Buch, das sehr wenig Dialog, aber sehr viel Gedankenmonologe hatte, die über mehrere Seiten gingen. Des öftern ein einziger Absatz, der mehr als eine Seite füllte.
Aahhhrrrghggg, sowas von langweilig! Wenn ich irrtümlich sowas gekauft hatte, landet es umgehend im Abfalleimer.

4 „Gefällt mir“

In meinen Geschichten sind die Figuren auch alle Schnattertanten. Zudem schreibe ich am liebsten aus der Ich-Perspektive plus innerer Monolog. Tatsächlich lesen sich meine Erstfassungen auch wie ein Drehbücher. Ich mag das.

3 „Gefällt mir“

Entscheidend ist doch, dass die Dialoge und deren ‘Menge’ passend zur geschilderten Szene sind.

Sie müssen zum Charakter passen
Einen Charakter den der Leser z. B. als still und introvertiert kennengelernt hat, kann schnell unglaubwürdig werden, wenn er zur Labertasche mutiert.

Die derzeitige Verfassung des Charakters muss beachtet werden
Wer gerade verletzt ist oder z. B. Sprechprobleme etc. hat, sollte sich höchstens in Notsituationen, sehr ‘dialoglastig’ verhalten.

Die Dialoge müssen der Situation geschuldet sein
In einem mordsmäßigen Schlachtengetümmel sind lange Dialoge z. B. sehr unglaubwürdig und i. d. R. recht tödlich ;-).

10 „Gefällt mir“

Ich denke, es kommt auf die angemessene Verteilung, auf das Verhältnis von Dialog zu narrativer Erzählweise an. Und natürlich auf deren Qualität und was damit transportiert wird. Dialoge müssen authentisch wirken, sie dürfen aber nicht so verfasst sein, wie die Menschen im Alltag tatsächlich reden. Es sei denn, in einer Milieustudie. Und die Stimmen der Figuren müssen voneinander unterscheidbar sein.
Manche Schreiber missbrauchen ihre Figuren leider für billige Propaganda oder betreiben damit Infodumping. Manchmal läuft das so ab: Zwei Ärzte stehen neben der Leiche und erklären einander wortreich irgendwelche medizinischen Begriffe oder Diagnosen, die beide genau kennen, sind ja ausgebildete Ärzte, bloß, um das auch dem Leser (Zuseher) mitzuteilen. CSI-Serien sind für diese Art von Infodumping ein Paradebeispiel. :wink:

Ich lese grade ein Buch, das nahezu nur aus Dialogen besteht. Das wird mir dann schon auch mal zuviel, nach rund 300 Seiten von 900. Denke immer öfter daran, die Lektüre abzubrechen.
Irgendein berühmter Schriftsteller hat mal gesagt: Wenn dem Autor nichts einfällt, lässt er seine Figuren quatschen. Das hat was. :slight_smile:

5 „Gefällt mir“

Das interessiert mich. Kannst du mir das Buch nennen? Mal sehen ob es was für mich ist.

Es ist der Nachfolgeband des Millionenbestsellers Shantaram von Gregory David Roberts. Er heißt, Im Schatten des Berges. ](‘https://www.amazon.de/Schatten-Berges-Gregory-David-Roberts/dp/3442487668/ref=sr_1_1?__mk_de_DE=ÅMÅŽÕÑ&crid=2LLQK3OTLDSUE&dchild=1&keywords=im+schatten+des+berges&qid=1612474013&sprefix=Im+schatten+des+berges%2Caps%2C177&sr=8-1’)Leider ist er deutlich schwächer als sein Vorgänger, eine Räuberpistole, ohne nennenswerten Tiefgang. Vollgestopft mit Gewalt, Kriminalität, Schlägereien, pseudophilosophischem Quatsch und doppelbödiger Moral. Ach ja, und sein Motorrad ist diesmal auch wichtig. Ich lese ihn nur der Vollständigkeit halber, auch weil ich Indien liebe und das Bombay der frühen 80er Jahre gut kannte, wo dieser Roman und auch sein Vorgänger verortet sind. Was Roberts hervorragend kann, sind Atmosphäre schaffen und lebendige Figurendarstellung. Der Rest erinnert mich ein wenig an Old Shatterhand. Nur deutlich geschwätziger.

Einmal im Monat nehme ich an einem (privaten) Treffen für Autoren teil. Eine befreundete Autorin schildert uns da jedes Mal auch etwas aus ihrer Wissenssammlung. Und die ist wirklich immens groß! Sie sammelt schon ihr ganzes Leben lang (ist auch bei einem Großverlag zuhause).

Naja, lange Rede, kurzer Sinn:
Sie hat vor Kurzem ein bisschen aus dem Nähkästchen geplaudert, wie ein Dialog aufgebaut sein sollte, um nicht zu langweilen. Hier mal eine kurze Zusammenfassung darüber:

  1. Mit den Redebegleitsätzen
    (Inquits) kann sich der Leser orientieren. Allerdings sollten sie nur erscheinen, wo sie wirklich gebraucht werden (wenn man sonst nicht weiß, wer redet). Meist kann der Inquit auch wegfallen, ohne dass es den Lesefluss stört. 1. Immer „echte“ Inquits verwenden, keine Pseudo-Inquits
    wie z.B. „lächeln“, „grinste“, „gähnte“ oder ganz schlimm „lachte“ (versucht mal, einen Satz zu lachen). 1. Im wirklichen Leben gibt es viel Small-Talk
    , der durchaus auch einmal ausufern kann. Das sollte man auch im Text vermeiden. Umgangssprache ja, aber kein langweiliges Phrasen-Ping-Pong zwischen den Figuren. 1. Ganz wichtig: Konflikte!
    Es gibt nichts Langweiligeres, als zweien, die komplett einer Meinung sind, beim Reden zuzuhören. Deshalb immer die Gefühlswelt beider Gesprächspartner im Blick haben und bei der ausgewählten Perspektive bleiben. Ohne Konflikt kann leider gerne mal ein Infodump entstehen. 1. Subtext
    : Manche Sachverhalte oder Wünsche äußert ein Protagonist nicht gerne direkt. Und das sollte er dann auch nicht im Dialog tun. Vielleicht macht er Andeutungen oder redet um den heißen Brei herum. Das wird für den Leser interessant und gibt ihm ein kleines Rätsel auf. 1. Während des Dialogs sollten die Figuren nicht nur „doof“ rumstehen. **Sie sollten während des Gesprächs ab und zu etwas tun. **
    Irgendwas macht man immer. Man nagt an der Unterlippe oder man nestelt an seinem Pulli herum. Vielleicht schaut einer auch viel umher, als ob er sich absichern wollte… Auch Konflikte ohne Wort können ausgefochten werden. Der eine setzt die Tasse oben in die Spülmaschine, der andere nimmt sie und setzt sie nach unten. Das alles wortlos, ohne eine Erwähnung im - wahrscheinlich sowieso konfliktreichen - Dialog. 1. Wenn man einen der beiden Figuren als POV hat, seine Gedanken oder Gefühle
    dem Leser an der passenden Stelle darlegen. 1. Verschiedene Sprechweisen
    verwenden. Vielleicht nuschelt einer oder verschluckt die Endsilben. Oder er redet sehr hochgeistig mit vielen Fremdworten. All dies kann auch zur Charakterisierung der einzelnen Gesprächsteilnehmer beitragen. 1. Noch was Wichtiges: Dialoge haben immer die Prämisse als Thema. Sie müssen eine Botschaft bzgl. der Prämisse
    in sich tragen. Sonst sind sie redundant und fliegen raus.

Ich hoffe, ich habe jetzt nicht wie eine Lehrmeisterin gewirkt… :thinking:
Als ich an der Schulung teilgenommen habe, fand ich das alles sehr informativ. Und das ist mir beim Lesen eurer Posts gerade wieder eingefallen. :slight_smile:

Liebe Grüße,
Vroni

16 „Gefällt mir“

Gar nicht. Sehr interessant. Vielen Dank!

4 „Gefällt mir“

Ich finde es immer schwierig, diese Regel glaubhaft rüberzubringen (vor allem Anfängern gegenüber), weil sie in so vielen von Verlagen veröffentlichten Romanen missachtet wird. Harry Potter ist da keine Ausnahme. Dort werden laufend Sätze gegähnt oder gelächelt.
Ich glaube, das liegt daran, dass diese Regel in englischsprachigen Ländern nicht gilt. Viele Romane auf dem deutschen Markt sind Übersetzungen aus dem Englischen, weil es für Verlage risikofreier ist, ein Manuskript einzukaufen, das sich in Amerika schon bewährt hat, als einem unbekannten deutschen Autor eine Chance zu geben.
Mich nervt es sehr, wenn diese Regel nicht beachtet wird.

LG

Pamina

6 „Gefällt mir“

Mir geht’s genauso – merke das jedes Mal an, wenn ich was testlese (Standardsatz ist dann: Schon mal versucht zu sprechen und gleichzeitig zu grinsen/lächeln/gähnen?) und dann? “In dem Buch XYZ ist das aber auch so” – ja mei, wenn alle aus dem Fenster springen, springst du hinterher?

Zusätzlich zu dem von dir genannten sehe ich noch ein bisschen selbst den deutschen Markt in der Schuld, also nicht nur den schwarzen Peter den Verlagen zuschieben … Anspruch (Werk, Sprachkönnen Autor/möglicher Lektor, der Zielgruppe) und so …

Ähnliches leider mit Subtext – wie viel man vorkauen kann/soll/muss statt ein dezentes ‘Nö, nicht heute, das kommt in Band 3’ … args.

Edit: Zu früh …

5 „Gefällt mir“

Da muß ich mal korrigieren, diese „Regel“ gilt auch in anderen Ländern.
Harry Potter ist ein schönes Beispiel, dass man auch „Regeln“ mißachten darf, wenn das Gesamtpaket stimmt.
Außerdem ist die Zielgruppe middle grade, da hilft es, wenn man ein wenig mehr in Richtung Erzählung geht
(i.e. etwas mehr tell, etwas weniger show), da junge Leser noch nicht immer den gleichen Vorrat an inneren
Verknüpfungen haben, um hochgezogene Augenbrauen zu interpretieren.

Wer mehr „show“ möchte, kann zunächst die Adverbien rausstreichen, dann den Rest vom Inquit, und in
letzter Instanz ein Action Tag einfügen. So hat man für jede Situation ein breites Spektrum.

Sorry, jetzt klinge ich auch schon nach Lehrmeister. Aber die Vroni hat angefangen … :kissing:

3 „Gefällt mir“

Offengestanden ist das wohl eine gebrochene Regel, die mich als Leser überhaupt nicht stört. :astonished: Wenn eine Figur etwas lacht, löst das bei mir einfach eine bestimmte Vorstellung aus und ich lese weiter.

Trotzdem finde ich die von @Zauberfrau genannten Punkte sehr spannend und werde mal schauen, wo es in meinen Dialogen daneben gegangen ist :laughing: Vielen Dank fürs Einstellen!

3 „Gefällt mir“

:rofl::D:ROFL::D:ROFL::smiley:

Stört mich auch eher wenig. Kommt auch drauf an, wie es geschrieben steht:

Hans lachte. „Das glaube ich nicht.“
„Das glaube ich nicht“, sagte Hans lachend.

Zweiteres würde ich als (kleine) Stilblüte empfinden.

5 „Gefällt mir“