Lehrer-Quereinsteiger

Hallo :slight_smile:
Angenommen jemand hat ein Handwerk gelernt, danach etwas technisches studiert und kommt nun auf die Idee, z.B. auf einem Gymnasium unterrichten zu wollen. In dem Fall Geschichte, Englisch, Sport.
Welche Voraussetzungen müsste dieser Quereinsteiger dafür erfüllen?
Ich weiß, dass Bildungssache Ländersache ist, deshalb suche ich allgemein anwendbare Informationen. Es ist für mich nicht wichtig, wie unterschiedlich das in Bayern oder Meck-Pomm gehandhabt wird.
Vielen Dank :slight_smile:

Er müsste wahrscheinlich das Referendariat nachmachen. Das könnte auch “berufsbegleitend” geschehen, d.h. manchmal arbeitet man schon und hat zusätzlich Seminare, um aufs 2. Staatsexamen vorzubereiten.
Die 2. Staatsexamensarbeit müsste er auch noch schreiben.
Und dann kommt es auf die Fächer an, die er hat. Die oben genannten Fächer kannst du in aller Regel vergessen, da gibt es kaum Mangel. Gefühlt studiert jeder 2. Lehramtskandidat Sport und Englisch oder Deutsch und Geschichte.
Und wenn er kein Studium in einem der oben genannten Fächer absolviert hat, kann er sowieso nicht quereinsteigen. Quereinsteiger sind oft z.B. Physiker oder Chemiker, die dann natürlich ihr Fach, also in dem Fall Physik oder Chemie in der Schule unterrichten würden. Was anderes würden die Kultusministerien gar nicht akzeptieren. Und wenn jemand Chemiker ist, müsste er noch ein zweites Fach nachqualifizieren, um vollständiger Lehrer werden zu können. Das mit dem Quereinstieg ist nicht so leicht wie man denkt.
Der Lehrer in deinem Beispiel könnte an eine berufliche Schule gehen und dort, z.B. an einem technischen Gymnasium sein technisches Fach unterrichten, Lehrlinge ausbilden, aber vielleicht auch Schüler zum Abitur mit technischem Schwerpunkt führen. Bevor er allerdings die Jahrgänge 12 und 13 (also die letzten beiden Jahre vor dem Abi; heißen heute “Jahrgangsstufe 1 und 2”) unterrichten dürfte, bräuchte er die “Große Fakulta”, d.h. er muss ein abgeschlossenes Studium in zwei Fächern haben, das auch anerkannt wird und zusätzlich das 2. Staatsexamen. Sonst darf er nur bis zur 10. oder 11. Klasse unterrichten. In Mangelfächern wird einem der Zugang zur Großen Fakulta manchmal erleichtert, z.B. durch ein “berufsbegleitendes Referendariat”, aber nicht immer. (Eigentlich seltsam, in Anbetracht der Tatsache, dass es so viel Lehrermangel gibt, aber na ja).
Ausgesprochene Mangelfächer sind eigentlich immer die Naturwissenschaften (Physik und Chemie wesentlich stärker als Biologie), häufig Mathe, Latein, manchmal auch Kunst und Musik, aber das kommt auf die Schule an.
Wenn dein angehender Lehrer aus der freien Wirtschaft kommt, könnte er auch an einem beruflichen Gymnasium mit wirtschaftswissenschaftlichem Schwerpunkt unterrichten - in BWL und VWL. Allerdings bräuchte er auch dann noch eine Zusatzqualifikation in dem Fach und ein zweites Fach. Und BWL ist aber nicht so selten. Zu uns (ich arbeite an einem solchen Gymnasium) kommen auch genügend Referendare mit der Kombination BWL und Englisch, BWL und Sport, BWL und Deutsch, BWL und Mathe. Es ist also auch kein Mangelfach.
Ich könnte mal fragen, ob wir BWL-Kollegen haben, die Quereinsteiger sind oder waren. Aber völlig fachfremd, also ein “Akademiker im technischen Bereich”, der dann Englisch, Sport oder Geschichte unterrichtet, würde nicht zugelassen werden.
Drei Fächer kommen zwar vor, aber eher nicht bei Quereinsteigern. Manche Studenten haben schon im Studium ein drittes Fach belegt und das auch im 2. Staatsexamen qualifiziert, sodass sie drei Fächer unterrichten können, aber bei Quereinsteigern ist das eher nicht der Fall.

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Ach ja, es käme auch noch darauf an, an was für eine Schule er möchte und - wegen einer möglichen Verbeamtung - wie alt er ist. Manche Bundesländer verbeamten nur bis zum vollendeten 40. Lebensjahr, andere auch noch etwas später, aber das kommt darauf an, wie groß der Lehrermangel ist.
Aber mein Rat an deine Figur: Er sollte es lassen. Der Lehrerberuf hat eine der höchsten Burnout-Raten überhaupt. Ich weiß, wovon ich spreche.
Mit der zunehmenden Digitalisierung im Unterricht ist das Lehren ziemlich sinnlos geworden. Hausaufgaben werden eigentlich nur noch aus dem Internet abgeschrieben. Das ist natürlich gut für Konflikte in einem Roman. Deine Figur könnte am Ende einen Nervenzusammenbruch kriegen …

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Danke für die superausführlichen Infos. :thumbsup:
Die Geschichte geht in eine völlig andere Richtung, denn der „Lehrer“ fliegt aufgrund einer Verfehlung am Anfang der Geschichte aus seinem Beruf. In der nachfolgenden Handlung hätte ich ihn gern als Pragmatiker gesehen und nicht als ehem. WG-Studenten oder Bücherwurm. Damit will ich nicht sagen, dass Lehrer nicht auch anpacken können, aber meine Figur soll sich eher in Richtung Jason Bourne oder so entwickeln. Da passen, für mich, jahrelange Studien nicht dazu. Deshalb werde ich weitergrübeln :slight_smile:

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Hm - vielleicht solltest Du dann lieber MacGyver als Vorbild nehmen (natürlich den alten mit Richard Dean Anderson), gepaart mit Jason Bourne.

Ex-Lehrer für Physik, Chemie und Sport (für all die Technik-Tricks), fürs Kämpfen war er Betreuer der Judo-Gruppe der Schule.

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Darauf wird es wahrscheinlich hinauslaufen.
Wahrscheinlich bin ich zu verkrampft darauf aus, ausgetretene Pfade verlassen zu wollen, obwohl die Geschichte selbst auch eher konventionell ist.