Leseprobe: Kap 1 und 5 vom Romanprojekt 'Eine Lebensform'

Hallo zusammen,

vor Kurzem habe ich eine kleine Leseprobe aus meinem aktuellen Projekt zur Diskussion gestellt. Heute möchte ich eine etwas umfangreichere Probe daraus zur Diskussion stellen, da mir die letzte Diskussion den Eindruck vermittelte, daß das Fehlen von Kontext u.U. zu Mißverständnissen beiträgt.

Es handelt sich um die beiden Kap. 1 und 5 (das erstere etwas gekürzt). Sie gehören thematisch zusammen; was sich „dazwischen“ abspielt, ist für das Verständnis von Kap. 5 unerheblich, außer der vorherigen Einführung der Figur ‚Bernie‘, die aber m.E. auch ohne diese in Kap. 5 nachvollziehbar ist.

In beiden Teilen liegt "gespitteter Text’ vor. D.h. es gibt einmal den akuten Handlungsverlaug und andermal einen Rückgriff, der entlang der Lektüre eines Textes realisiert wird. – Die Dinge sind m.E. so dargestellt, daß es dabei keine Probleme beim „Umschalten“ geben dürfte.

Erwähnt sei noch, daß dem hier vorgestellten Kap. 1 final ein Prolog vorangehen soll, der aus Sicht der **Herausgeberin **des dann nachfolgenden Buches „erzählt“ wird. Vulgo: Der Prolog ist von der Hrsg. geschrieben und führt sozusagen in den nachfolgenden Text ein, wobei u.a. Erwähnung findet, daß die im Haupttext eingearbeiteten Glossen von ihr stammen.

Technisch möchte ich noch anmerken, daß der Text in Adobe Garamond Pro und in Calisto MT gesetzt ist. Sofern diese Schriften auf den Rechnern von interessierten Lesewilligen nicht installiert sein sollten, könnte es u.U. zu Verschiebungen der bereits gesetzten Textglossen kommen, die kein so günstiges Bild ergeben, wenn sie zu nach an die O-U-Ränder „rutschen“ dadurch. Das bitte ich dann zu entschuldigen. Ich könnte ein PDF anfertigen und einstellen, sofern das gewünscht wird.

Schön würde ich finden, wenn konstruktive Kritik geübt wird; sollte vielleicht auch irgendein winziger Textschnippsel irgendjemandem gefallen – ich weiß, das ist beinahe sicher auszuschließen, aber ich sag’s trotzdem --, darf das ruhig auch erwähnt werden, denn solche Infos sind für mich genauso von Bedeutung fürs Weiterarbeiten am Text wie angemessene und zutreffende Kritik im Sinn Verbersserungswürdigen.

Und nun viel Spaß bei der Lektüre (und nicht von der Seitenzahl schockiert sein, bitte, denn es ist sehr viel (doppelt) eingerückter Text dabei, meiner Schätzung nach mehr als „normaler“.

Es sind auch noch nicht alle geplanten Glossen gesetzt. Dafür bitte ich auch um Nachsicht; aber derzeit hält mich derlei Gerödel auf, weil es gerade gut läuft mit dem eigentlichen Text.

Und noch ein Letztes: Im letzten „Rückgriff“-Abschnitt des 1. Kap. findet sich eine Passage – im Zusammenhang mit Siri-Hustvedt-Reflexionen --, die vielleicht einige Leser/innen als einen persönlichen Angriff interpretieren könnten oder das Interesse, gewisse „Strömungen“ in diesem Forum zu „kritisieren“.

Dem ist nicht so! Es liegen andere – romanhandlungsinterne – Gründe für die Anführung der dortigen Argumente vor (der eine oder die andere kann das aus dem gegebenen Zusammenhang vielleicht sogar schon rauslesen); und es ist zudem so, daß dieser ganze Abschnitt (also die gesamte Rückgriff-Einheit qua „Selbstlektüre“) bereits vor mehr als zwei Jahren geschrieben wurde – da kannte ich dieses Forum aber noch gar nicht!
Ich erwähne das ausdrücklich, weil auch gerade akut im Forum ein paar solcher Gedanken ventiliert wurden und werden, zuletzt auch gänzlich ohne meine Beteiligung. Mir geht es darum, den Eindruck zu vermeiden … na, ihr wißt schon …

Gruß von Palinurus

EineLebensform_Kap1u5_Vs11.pap (146 KB)

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Ich werde es lesen, um zu sehen, ob mein Bauchgefühl zutrifft.
Das Gefühl: “Wenn der Autor mir eine Anleitung für seinen Text vorausschickt, stimmt entweder was am Autor oder am Text nicht.”
Bitte nicht persönlich nehmen, es ist mit einem Augenzwinkern gemeint. Mir ist bewusst, dass du keine leichte Kost schreibst und dem gemeinen Leser hier aufs Pferd helfen willst.

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Ich lobe gerne! Mir gefällt:

  • Die Teppich-Text-Passage
  • “Es war an einem jener strahlenden Tage im zeitigen Frühling gewesen, denen kein Begriff Prägnanz verleihen könnte, ohne ihren Zauber zu brechen.”
  • “eingetuscht”

Worüber ich gestolpert bin:

  • Deine Sätze lesen sich für gewöhnlich trotz oder wegen all ihrer Ausschweifungen überaus flüssig. Dieser hier allerdings nicht: “danach greife ich mir den inzwischen alles mit aromatischen Düften schwängernden Kaffee” - das ist grammatikalisch zwar möglich, aber meiner Meinung nach nicht sinnvoll. Ich würde eine Alternative mitliefern, aber Deinen Stil treffe ich ohnehin nicht.
  • “Sie war zweifellos eine voll erblühte Frau, mochte zwanzig oder eher zwei, drei Jahre mehr zählen.” Nach dem ersten Halbsatz dachte ich an eine ältere Frau; Anfang 20 erscheint mir für die Metapher zu jung. Kann aber an mir liegen.
  • “Die traumgewoben schillernden Flügel der zarten Libelle hätten brechen können.” Mir erscheint das Wort “brechen” zu substanzvoll für diese zarten Flügel; vielleicht wäre etwas in die Richtung von “zerfetzen” passender.
  • “Sie hatten sich darauf verständigt, den “Date” nicht einfach unverrichteter Dinge abzuhaken…” Mir ist nur “das Date” geläufig.
  • “Etwa, wenn man eine lang vergessene Kiste auf staubigen Dachböden öffnet, der sie zum Bewahren anvertraut wurde, bietet sich dem Blick manchmal so ein Bild.” Du bist doch sonst so auf unverbrauchte Vergleiche bedacht!

Viele Grüße
Buchling

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Liebe Buchling,

ich bin an Alternativsträngigem grundsätzlich immer interessiert! – Im Übrigen habe ich beim Überarbeiten der Duft-Assoziationen an dich denken müssen … :roll_eyes:

Bei der „voll erblühten Frau“ hast du Rechtr! – Gemeint war: Kein „girlie“ meht … – Ich muß es anders machen! Danke für den Hinweis …

Das „Zerfetzen“ der Libellenflügel von Traumfängerin kann ich nicht akzeptieren. Denn das ist – m.A.n. – mit Barbarei assoziiert. Aber um einen barbarischen Akt geht es beim da erzählzen doch eher nicht. Oder siehst du das anders? M.E. macht der Erzähler in dieser kleinen Episode nicht den Eindruck, sie überhaupt auch nur „ein klein bißchen verletzen“ zu wollen. Er denkt halt: Separation ist ein Muß! Aber es tut ihm leid, glaube ich. Er mag die Traumfängerin … – Deshalb geht m.E. da ‚Zerfetzen‘ nicht.

Bei ‚Date‘ hast du recht und mir ist das auch bekannt. Es stellen sich mir halt die Nackenhaare auf. „Das Date“ … bruuuuuaaaaaaah! Meinst du, ich muß es tun?

Bei dem Dachboden-Bild: Ich liebe diese spezielle Assoziation. Gewähre sie mir trotz ihrer Abgegriffenheit. Bitteeeeeeeeee!

Danke für Lob!

Gruß von Palinurus

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Lieber Stolpervogel,

ich nehme das schon persönlich (sonst wäre diese message doch irgendwie sinnlos). Es ist aber so, daß ich sie nicht beleidigend oder abwertend nehme. Mir eignet – auch wenn es vielleicht unglaubhaft klingt – schon auch Humor. Und ich kann das durchaus “mit Humor nehmen”.

Dank für das Versprechen, mein Geschreibsel zu lesen.

Gruß von Palinurus

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Palinurus :), richtig toller Text. Habe nicht anderes erwartet, muss langsam weiter lesen und melde mich später mit einem gesamten Urteil. Aber man kommt toll rein in die Geschichte. Und es ist sprachlich ein Hochgenuss:laughing:

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Da hast Du völlig recht!
Vielleicht findest Du ja ein Wort, das nicht so stark physisch konnotiert ist wie „brechen“, und auch nicht so barbarisch wie „zerfetzen“. Evtl. „hätten reißen können“ / „einen Riß bekommen können“?

Hm - müssen ist immer so ne Sache :wink: Was gefällt Dir denn an „der Date“ besser?

Wie heißt es so schön? Kill your darlings… Aber nein, ich will Dir das nicht madig machen. Es ist Dein Text, und es wäre mir auch bei vielen anderen Autoren gar nicht aufgefallen - aber von Dir war ich sowas gar nicht gewohnt!

Hihi, ich mußte bei der Lektüre auch an den damaligen Austausch denken :slight_smile:

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Hallo @Palinurus,

Ok, also auf Seite 23 in der 11. Zeile fand ich das 4. Wort ganz nett…

Kleiner Scherz am Rande :smiley:
Was mir gut gefallen hat, ist das Wechselspiel der Gegensätze in Deinem Text. Das abstrakt-rationale ist gefolgt vom alltäglich-banalen, geht über in poetische Beschreibungen und wieder zurück. Das Mäandern des Geistes, den flow of consciousness finde ich sehr gut dargestellt. Vom Schwierigkeitsgrad her sicher kein Text, den man nach Feierabend mal eben parallel zu den Nachrichten lesen kann, das ist wohl aber so beabsichtigt. Für einen Text dieses Anspruchs aber - bis auf gelegentliche Ausnahmen - sehr flüssig lesbar. Und um Deine Frage aus einem anderen Thread aufzugreifen: Bei der Imagination Deines Protagonisten im letzten Drittel kommt auch erotische Spannung auf. :slight_smile:
Was den exzessiven Gebrauch von Fremdwörter angeht, hast Du Dich auf den ersten 15 Seiten für Deine Verhältnisse :wink: sehr zurückgehalten, aber dann geht es ab und zu wieder mit Dir durch.

Ich habe meine Korrekturen, Anmerkungen, Gedanken im Detail direkt in Deinen Text als Kommentare eingearbeitet, schau Dir an, was Du davon brauchen kannst oder was in Kenntnis der Gesamtgeschichte dummes Zeug ist. Einiges davon ist zwischenzeitlich auch hier schon festgestellt worden (die „erblühte Frau“ z. B.).

Was mir sonst noch so als globale Themen aufgefallen sind:

  • Du verwendest bei Deinen o. g. Schriftarten unterschiedliche Schriftgrößen. Ist das Absicht?
  • Signifikate, Signifikanten, signifikant, signi-sonstwas: Der Wortstamm scheint zu Deinen Lieblingen zu gehören, sie kommen mir deutlich zu oft vor (23 mal auf den ca. 70 Seiten)
  • idiosynkratisch und Abwandlungen: Ebenfalls ein Lieblingswort, fällt durch seine „Exotik“ gegenüber dem Umgangssprachlichen ins Auge (5 mal)
  • Teilweise verwendest Du veraltete Worte, wie z. B. „dünken“

So, hier nun Dein Text mit Kommentaren - um es im Beamtendeutsch zu sagen - zur gefälligen Kenntnisnahme und weiteren Veranlassung:

EineLebensform_Kap1u5_Vs11_RevRG.pap (155 KB)

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Lieber Ralf,

einen wirklich von Herzen kommenden Dank für deine „Arbeit am Text“ – um Hans Blumenbergs titelndes bonmot hier angemessen zu variieren, wobei ich betonen möchte (graphisch … ähm … signifiziert :roll_eyes:), daß die sachliche Ebene m.E. dabei eine** tatsächliche** Verbindung zur Arbeit am Mythos seiner Couleur darstellt!

Dann zum technischen Aspekt: Jene Textteile, die in Calisto MT gesetzt sind (Zitate aus schriftlichen Ergüssen von Protagonisten; denn Fremdzitate stehen immer kursiv in der Garamond von Adobes Gnaden), haben regulär Punktgröße 11, kursiv aber 12, weil die identen PktGr optisch m.A.n. nicht „zusammenpassen“. – Ich ringe seit etwa einer Woche (seit ich „herumformatiere“ in vielerlei Hinsicht) mit mir, die Calisto zu ersetzen, um mit der aufwändigen „Punktiererei“ ein Ende zu machen – ich glaube, das wäre das Beste … mal sehen …

Zu den inhaltlich/stilistischen Anmerkungen von dir:

Etliche treffen ganz schlicht zu und ich werde ergo auch entsprechende Korrekturen vornehmen (ich habe sie gerade erst gelesen, deshalb hier Futur).
Bei einigen habe ich „Bauchschmerzen“; und zwar nicht, weil sie keine Berechtigung hätten, sondern weil deine Gegenvorschläge zwar die semantische Dimension gut treffen, es aber dabei manchmal zu einen rhythmischen Kollaps käme. Für mich ist Rhythmus – allerdings genauso seine intendierte Brechung (die als grundsätzliches Stilmittel sowieso!) – sehr wichtig: Ich lese mir selbst auch immer alles – des öfteren – vor und „lasse“ sogar „vorlesen“ (nichtmaschinell) deswegen.
Allerdings: Ich weiß auch schon von eigenem Bedenken her, daß das gelegentlich einen „faulen Kompromiß“ provoziert; und dann stehe ich da wie Buridans Esel …
Ich habe dir einen Extra-Dank zu sagen, weil deine Notate mir mal wieder klar und deutlich dieses Problem vor Augen geführt haben (hach: ich könnte gleich mal einen … ähm … adornitisch inspirierten Essay darüber schreiben, tangierend die Materie der „Vermittlung von Inhalt und Form“). So wurde mir deutlich, daß ich es nicht bei Kompromissen belassen darf, sondern eben nach der adäquaten Verbindung fahnden – will sagen: in den labyrinthischen Archiven der Metaphorizität usw. danach „kramen“ – muß.

Also nochmals: Hab Dank für diesen wichtigen, selbstkritischen Denkanstoß!

Zum dritten: Es gibt einige Anmerkungen von dir, deren Botschaft ich so, wie von dir wohl gemeint, nicht annehmen kann. Um nur ein Beispiel anzuführen: Pasiphaes Wechselbalg werde ich ganz gewiß nicht „killen“! Denn ich bin stolz auf diese Fügung (wobei ich nicht ausschließe, daß sie in der Lit./Essayistik vielleicht auch schon mal zu stehen gekommen ist, v.a. in der antiken wäre das nicht auszuschließen!).
Zudem sehe ich auch deine sachliche Begründung als nicht ganz valide an – in einem Teil trifft sie allerdings zu --, weil die physio-psychische Eigentümlichkeit des „klassischen“ Wechselbalgs sich natürlich geradezu mustergültig in Asterion/Minotauros gespiegelt findet (daß er nicht aus einem „Unterschieben“ von Geistern dazu wird, ist richtig); allerdings wäre es von einem reflektiert-mythologischen Standpunkt aus betrachtet unangemessen, den Minotauros bloß auf das zu reduzieren, was … ähm … „volkstümliches Wissen“ und entsprechende Massen-Elaborate so als Meinung im allgemeinen Verständnis der Menschen über ihn etabliert haben! Darauf hat übrigens schon Borges [sic] hingewiesen, der ja darüberhinaus dafür bekannt ist, sich „Varianten“ zu tradierungs-versteinerten Archetypen einfallen lassen bzw. sie eher entlegenen Quellen abgerungen zu haben, also solchen, die nicht so en vogue sind …
Ich gestehe, daß gerade auch Borges in diesen Belangen ein Vorbild für mich ist (ich wünschte, das wäre auch mit Betracht auf seine exorbitante stilistisch-formale Meisterschaft so … aber da bin ich selbstredend massiv im Hintertreffen …)

Warum mache ich so ein Gedöns darum? – Mir geht es um Folgendes: Einmal hat mir deine Intervention zum (nicht erwähnten … aber kontextinvolvierten) Miontauros gezeigt (i.S. Wittgensteins :scream:), daß ich wohl … „goldrichtig lag“ („Mission erfüllt“, sozusagen) mit meiner Intention, denn du hast jenen Stolperstein bemerkt, der da bewußt eingebaut wurde (vielen Menschen würde er nicht aufgefallen sein, schätze ich mal); und ich kann jetzt nur versichern, aber hier nicht ausbreiten (was ja auch vollkommen irrwitzig und verblödet wäre: bestimmte Autorintentionen offenzulegen verbietet sich ganz einfach, wenn man als Autor noch alle Latten am Zaun hat), daß derlei „Stolpersteine“ öfters im Text vorkommen und daß sie mit Bedacht gesetzt sind (was nicht zuletzt besonders auf alle mythologischen Belange zutrifft … ich erwähne hier mal nur noch die ganze Paredros-bzw.-Hieros-Gamos- und damit verbundene Opfer-Thematik im Wechselspiel von „Begattung und Tod“ sowie damit zusammenhängend „Alter-vs-Jugend“). – Um es kurz zu machen: Diese Metaphorik durchzieht den ganzen Roman – es ließe sich auch sagen: sie strukturiert ihn mit --; und wenn dabei „nur“ Andeutungen zu stehen kommen, die in ihrer Verkürzung (Formelhaftigkeit) u.a. den Eindruck von „Bildungsexhibionismus“ evozieren, so ist zwar das Letztere nicht richtig, wohl aber der Eindruck von – sagen wir mal knackig – „Merkwürdigkeit“ (im ganzen semantischen Spektrum dieses Worters, wohlgemerkt …).

Du hast dir „Gedanken gemacht“ über P.W., vielleicht auch irgendwo nachgeschlagen – und nun, ganz aufrichtig, lieber Ralf: Was hätte „mir“ (also dem Autor dieses Geschreibsels)-- in Wirklichkeit natürlich: dir – Besseres passieren können?! Es wurde damit eine Marke gesetzt, und danach wirst du ähnliche oder wiederkehrende Konstellationen, je eigentümlich ausgeformt, anders als vorher zu lesen vermögen in dem Text, vielleicht sogar bis zu jenem Punkt, an dem dir plötzlich – und hoffentlich unmerklich – „etwas geläufig geworden ist“ … – was dann aufs Textverständnis zurückstrahlen könnte im besten aller Fälle, womöglich sogar noch darüberhinaus sogar ein bißchen am … ähm … „Weltverständnis“ kratzen könnte.

Was hier, in diesen vorstehenden Worten, so weit denkbar komprimiert benannt zu werden versucht wurde, nenne ich jetzt mal „die Methode Wittgenstein“ (z.B. i.S. von: Ethik und Ästhetik sind eins, was ihre Transzendentalität impliziert). Deshalb sollte nicht wundernehmen, wenn dieser Name, neben anderen, wieder und wieder auftaucht: Auch hier gilt die eben offenbarte „Einschleif-Intention“. Damit stehe ich nicht allein in der Literatur … und ich stehe auch ansonsten dafür ein!
Nach meinem Dafürhalten ist Literatur – bestenfalls – nicht nur „schön“ (oder spannend, geil machend etc.pp.), sondern sie evoziert in den avancierten Zeitigungen ihres Kunstgenres auch einen anderen Blick auf die Welt als jene Sülze, die sich als ‚Literatur‘ nur tarnt und in Wirklichkeit rein affirmativ zum Status quo steht (vgl. die Siri-Hustvedt-Referenz dazu)! Literatur im besten Sinn entfaltet also (auch) den Möglichkeitsraum am Fiktiven (weshalb z.B. auch der Name ‚Kripke‘ eingeschliffen wird er ist der überragende Modallogiker unserer Epoche und hat ungeheuer wichtige Erkenntnisse geliefert, die unmittelbar auch die Literatur betreffen!). – Wer nun aber glauben würde, das alles geschähe „von ganz allein“ beim Lesen, irrt m.E.! – Deshalb geht es ohne „Arbeit am Text“ nicht. – Du hast welche geleistet. Und dafür danke ich dir sehr.

Zu Einzelheiten deiner Anmerkungen bin ich gerne zum Diskurs bereit. Und auch dazu, über gerade Niedergelegtes zu reden.

Es gibt noch einen Nachtrag (s.u.).

Gruß von Palinurus

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Lieber @RalfG und alle anderen Interessierten,

ich gebe mal noch ein Bsp. dafür, wie berechtigt die Kritik in bestimmten Belangen – an vermeintlich “bildungsexhibitionistischen” Exzessen bspw. – ist, ohne daß womöglich wirklich Exhibitionismus vorläge:

Es fehlen nämlich noch etliche Glossen, die sonst eher “exotisches Wissen” ein klein wenig aufhellen. Ein Bsp.: Die Fügung …

“Von Düften erfüllt, die jedem Menschenkind vertraut sind, gleichwohl ihnen niemand Namen geben könnte, wie es in Saul Aaron Kripkes modallogischem Baptisterium existenzverbürgend Brauch ist.”

… wird von dir moniert – zurecht, denn es fehlt eine Grundinformation, die die Metapher des ‘Baptisteriums’ verständlich machte für Nicht-Kripke-Kenner. Ansonsten stehen sie “wie der Och’s vorm neuen Tor”.
Bei einigen Leuten “meines intellektuellen Dunstkreises” habe ich für diese Wendung viel Lob erhalten: Klarerweise, weil es eine ziemlich “neckische” (und auch leicht ironisierende) Umschreibung eines kripkeanischen Grundlagenthemas von äußerster philosophischer Relevanz ist (er widerlegt damit nämlich die bis heute gängige Tatsachen-Konzeption nach Frege/Russel/Quine, die tatsächlich unhaltbar ist, was wiederum dramatische Folgen für den Existenzbegriff hat).

Der Punkt: Kripke insistiert darauf, daß die Bindung von intrinsischen Eigenschaften irgendwelcher bezeichneten Gegenstände des – vermeintlich – damit eingeholten Begriffs auf einen schweren logischen Kollaps führt (Frege hatte es bereits geahnt!).
Stattdessen etabliert er eine “Taufakt-Theorie”, die sich streng von irgendwelchen Eigenschaften des getauften Dings (auch Personen werden davon umgriffen) distanziert. Die fundamentale Schrift dazu ist sein berühmt-berüchtigtes Naming and Necessity, eine der wichtigsten Schriften der Zweiten Hälfte des 20. Jhd. in der Logik/Philosophie.

Guckst du jetzt, mit dieser Info (die in einer Glosse angeführt werden sollte) auf die oben zitierte Fügung … nuja … – Es ist eben keineswegs so, daß Leute wie Witti oder Kripke in dem nur Roman zu “Superstars” verklärt werden; denn diese Fügung weist auf einen Fakt, den auch Kripkes Theorie so einfach nicht einzuholen vermag ( @Buchling wird vielleicht deswegen ein bißchen erleichtert sein). Deshalb auch die ironisiert “weihevolle” Konnotation darin. Ich gebe zu: ein eher subtiler Wink … aber warum sollte in der Literatur alles grobschlächtig sein?

Was mir wichtig erscheint in diesem Zusammenhang: Ich gebe mir Mühe bei solchen … ähm … artistischen Einlagen, sie dem Rezipienten als “überlesbar” zu präsentieren, also daß davon der Zusammenhang nicht wesentlich gestört wird. Und mir will scheinen, das angeführte Bsp. könne dafür “herhalten” …

Ich glaube jedenfalls nicht, die eigentlich maßgebende Intention an dieser Stelle würde von der Erwähnung [sic] des Kripke-Baptisteriums hintertrieben: Denn daß es Duft-Impressionen usw. gibt, die sich der Bennenung widersetzen, die niemand “auf den (semantischen) Punkt” zu bringen vermag, dürfte kaum davon beeinträchtigt werden (wenn das jemand anders sieht, bitte ich dringend um Kommentar, denn das würde mich sehr interessieren).
Das Interessante ist ja – erkenntnistheoretisch gewendet --, daß Kripke solchen Impressionen rigid-desginator-Charakter zuspricht (er hat damit übrigens die 100%-Empirie-Hampelmänner von der neuromythologischen Bewußtseinstheorie-Front vollkommen “fertiggemacht” [sie haben bis heute, knapp fünfzig Jahre später, kein einziges tragendes Argument dagegen gefunden!]), obwohl sie als individuierte Einzelerscheinung (also als Quale im individuellen Bewußtsein) kaum zu benennen sind.
Es ist übrigens kein Zufall, wenn im Text an anderer Stelle dann Thomas Nagel mit seinem nicht minder legendären Fledermausaufsatz in Erscheinung tritt, denn das hier miut Kripke assoziierte Problem taucht bei ihm genauso auf, nur in anderer Betrachtungsweise.
Will sagen: Natürlich ist dieser Text von einem ganzen **Netz **solcher Anspielungen durchwoben – und wer dabei an strukturale Zusammenhänge, bis hin zu Levi-Straussens Überlegungen (der ja auch eine Kombination von Wissenschaft und Literatur anstrebte) gemahnt wird, dürfte kaum “schief gewickelt” sein.

Für mich gibt es einen elementar nicht auflösbaren Zusammenhang von Literatur und (avanciertem) Denken – die frühen lit. Zeugnisse der Menschheit lassen das auch klar erkennen, denn es gab noch gar keine Wissenschaft, als sie entstanden! --; und ich bin nicht gewillt, dieser altehrwürdigen Tradition abzuschwören, um mich den “Orville Prescotts dieser Welt” und ihren erbärmlichen Schnapsideen davon, was Literatur zu sein habe, zu unterwerfen!
Insofern ist dieser Roman(entwurf) natürlich auch hochgradig selbstreferentiell und selbstreflektierend, was im Grunde genommen – so meine Auslegung Wittis – das fundamentale Sprachspiel der Literatur ist … und nicht etwa, in irgendeinem Sinn … iiiiiiirgendwie zu “unterhalten”. Die Unterhaltung “springt” m.E. aus angemessener Literatur “von selbst heraus”. Wer sie ihr erst implantieren muß – womöglich noch … ähm … “planmäßig” … nuja … lassen wir das … – Sonst werden alle … ähm … “Schreibratgeber” arbeitslos und ihre … Kunden womöglich ganz plötzlich auch noch … ähm … rat-los (was es ja ooooohnbedingt zu vermeiden gilt). Dito, was Literatur-Kritik angeht! Alles ziemlich erbärmlich z.Z.! Die Siri-Hustfedt-Einlage habe ich in diesem Zusammenhang **bewußt **gesetzt, um die Erzählerperspektiven nicht mit “Eigenmeinungen” zu überhäufen. – Es sei im Übrigen darauf hingewiesen, daß ich das einschlägige Kap. 1 an einigen Stellen etwas gekürzt habe für die hiesige Präsentation, wobei dann neben anderem auch ein paar S.-H.-Kritische Einlassungen “untern Tisch fielen”.

Gruß von Palinurus

Lieber Ralf,

auf einige Anmerkungen möchte ich gern eingehen:

S. 1: ‘Plattform’ – du hast recht!
S. 2: ‘Einsicht’ – folge ich nicht. Du sagst, “Ist es nicht eher seiner Vernunft, seinem Pflichtgefühl oder seiner Disziplin geschuldet?”. Ich antworte: Ja, natürlich, aber das “Befragen” derlei Dinge läuft am Ende auf eine Einsicht hinaus. Ich handle, weil ich eine “Einsicht gewonnen habe”, bspw. darein, dem ästhetischen Maßstab mehr Präferenz einzuräumen als quantitativen “Zielsetzungen”, seien sie nun äußerlich oder von innen diktiert.
S. 4: ‘einen epistemologischen Abgrund’; kein Bildungsgedöns, sondern rhythmische Überlegung: Sprich dir laut vor: “einen erkenntnistheoretischen Abgrund”. Mal abgesehen von dem “schwereren”(phonetisch spürbaren) ei-er-Wechsel hat deine Präferenz mehr Silben, was ich nicht gut finde an dieser Stelle. Schon meine hat eigentlich mind. eine zu viel! – Ich habe mir überlegt, wg. rhythm. besser, ‘epistemischen’ zu verwenden. Das ist zwar eine sachlich andere Nuance, doch nicht abwegig, will mir scheinen. Dein Einwurf hat also geholfen!
S. 5: ‘dioskurisch’ – ich bin schwankend. Deine Gegenvorschläge gefallen mir nicht; abererseits ist mir klar, daß die von mir insinuierten Assoziationen – die ich übrigens im Kontext für treffend halte – von vielen Lesern nicht geteilt werden (können), weil ihnen der mythologische Horizont fehlt. Shit!
**S. 7: **M.E. kein Widerspruch und korrekt dargestellt: Den (fast) nackten girlies auf offener Straße wird die mindest latente Intention unterstellt, den voyeuristischen Blick zu provozieren, der mattscheibengeschützen Nachbarin aber nicht. – Bitte Einwände bringen, falls ich mich täusche!
**S. 9: **Welche anderen Sphären? – Korrekter Einwand. Ich habe da ein bißchen gekürzt, um euch nicht zu arg zu strapazieren. Im O-Text ist angedeutet, wo sonst noch …
S. 11: Autoritäten-Overkill! – Stelle ich der eigenen Überlegung anheim. Hans Belting – Tip für alle Belange, ‘Bild’ betreffend, wenn du erlaubst – ist allerdings aufs Ganze gesehen absolut unverzichtbar. Aber ich könnte ihn woanders einführen.
S. 15: miasmische Tiefen vs. Abgründe: Vgl. bitte Anm. zu S. 4, den Rhythmus betreffend.
S. 16: “voll erblühte Frau” hat schon @Buchling moniert. Ich muß einen anderen Ausdruck finden!
S. 17: Dein Einwand basiert auf der Unterstellung – und träfe sie zu, wäre er berechtigt --, der Erzähler kenne die “Schattenfrau”. Er kennt sie jedoch nicht, er sieht ja immer nur die umbra bzw. Schemen. Noch nie hat er sie “voll” in Augenschein nehmen können. Womöglich will er das auch gar nicht! Ich lasse in der Szene (bewußt) offen, ob er ihr beim Rausgehen überhaupt ins Gesicht schaut. Unrealistisch ist das nicht: Ich habe in Studienzeiten mal über ein Jahr gegenüber einer Frau gewohnt (etwa 40 Meter wie hier auch), die ich auch nur in diesem Modus “kannte”. Das war übrigens der äußere Anlaß, mir dieses Detail der Geschichte auszudenken.
**S. 18: **Ein gelegentliches ‘dünken’ möchte ich eigentlich nicht prinzipiell ausschließen. Aber man muß es sparsam verwenden. Einwände? – Bitte!
S. 18: ‘aufpoppen’: mehrfach machst du “unfreiwillige Komik” geltend im Terxt (nicht nur da). Sie ist aber nicht unfreiwillig in den Text geraten; daß du drüberstolpertest, zeugt von deinem Gespür. Und micht freut’s. Es gibt noch ein paar Stellen, wo dir’s nicht auffiel oder du nicht reagieren wolltest. Jedenfalls ist das bei mir ein intendiert gesetztes Stilmittel.
S. 20: ‘sollte’. Hier als Variante für die ätzenden Tempusstanzereien mit ‘hatte’ und ‘war’ im Plusquamperfekt gewählt. Kommt öfters vor im Text und macht mir meistens Bauchschmerzen. Bessere Lösungen?
**S. 22: **Mnemosyne: Sie ist die vergöttlichte Erinnerung! Nabokov wollte sie unbedingt titelnd seinen Vorlesungen voranstellen (Mnemosyne sprich! statt Erinnerung sprich!); sein Verleger hat das verhindert, mit der Begründung, er verlege kein Buch, bei dessen verbaler Titelanführung die Gefahr eines Zungebrechens bestehe … – Das mal als Anekdote. Und der Nachsatz: Die Schriftsteller lieben M., denn sie ist nicht nur die ihnen unerläßliche Erinnerung, sondern zudem die Mutter der Musen! Ihr Anruf – schon bei Homer, ist ein … ähm … Heilig(end)er Akt mit Tendenz zur Selbstbeschwörung! – Zum Sachlichen: Wenn du genau schaust, wird die mythologische Erzählung dann als von M “aufgeschwemmt” ausgewiesen (eben von der Erinnerung!). Von daher …
**S. 22: **‘Hieros gamos’ halte ich weder für unverständlich noch akademisch, sondern von den enthaltenen Implikationen her für hocherotisch und sinnlich affizierend, halt immer oszillierend zwischen … ähm … “Begattung und Tod”. Es fehlt einfach noch die Glosse.
S. 23: Alle 3 Einwände berechtigt! Ich werde nachbessern!
S. 33: Sartres Spruch lasse ich stehen, werde allerdings noch Quelle und Übersetzung glossieren. – Sie von S.K. kenne ich nicht (will dein Einwand andeuten, ich könnte mich des Plagiats schuldig machen?). – **Ersterwähnung von Kalliope: **Ich mache es gern mal so, eine Person dergestalt kontextlos einzuführen, um dann (spätestens) ein paar Seiten weiter aufzulösen. Das erhöht ein wenig die Spannung. Im hiesigen Fall auch dadurch – absichtlich so “konstruiert” --, daß (zunächst) latent suggeriert wird, es könne sich um eine Lebensgefährtin o.ä. handeln … – Würde ich sie als Tochter sofort signifizieren, ginge dieser Effekt verloren. – Mal so nebenbei: Exzessive sog. “Plotter” würden solche Spannungs- und Ambigkeitsmomente wohl eher nicht auf die Linse bekommen. So etwas entwickelt sich bei mir im spontanen Schreiben. Ist “der sakrosankte Plan” schon gemacht, gehen die Augenblicke eher verloren, wo derlei Ideen – wie hier einer Verzögerung – auffackern. Da steht dann eben: ‘Einführung der Tochter’, daraufhin wird plangemäß exekutiert und damit ist der Drops gelutscht …
S. 37: ‘Machte’ vs. ‘machen würde’. Immer wieder die alte Streitfrage! Mir gefällt die erstere Fügung viel besser als die (m.E. vulgäre) zweite. Aber ich weiß, was du meinst. Ist es zuviel verlangt, vom Leser so viel Grammatikkompetenz erwarten zu dürfen, daß er keiner Tempusverwechslung anheimfällt? Gerne eine Ansicht dafür vortragen!

Damit ist Kap. 1 mal durchgewühlt (ein paar Sachen habe ich auch weggelassen, nicht aus Ignoranz aber). Ich danke sehr für deine Arbeit, lieber Ralf. Und wenn du oder jemand anderes Muse finde(s)t, auf meine Fragen einzugehen oder Ergänzendes beizutragen, bin ich wie immer sehr dankbar.

Die hier nicht erwähnten Korrekturen akzeptiere ich überwiegend, hielt aber – auch wg. Vermeidung von Redundanz usw. – nicht extra eine Erwähnung für notwendig.

Gruß von Palinurus

1 „Gefällt mir“

Hallo @Palinurus ,

es geht ja bei diesen Leseproben darum, deinen Blick auf den Text um ein paar zusätzliche Augen zu erweitern. Von daher können Anmerkungen, Vermutungen, Gegenvorschläge nicht immer richtig sein. Ich kenne weder dich, deinen Background, deine Intentionen bzgl. deines Textes noch das Gesamtwerk, sondern nur den zur Verfügung gestellten Ausschnitt. Von daher, nimm dir als Anregung, was du brauchen kannst und verwirf die Dinge, die gegenstandslos sind.

Aber natürlich habe ich noch einige Anmerkungen zu deiner Replik - wie könnte es auch anders sein :smiley:

Ich komme vermutlich aus einer anderen Richtung wie du, daher hat für mich Eindeutigkeit und Verständlichkeit immer Vorrang vor Überlegungen zu Rhythmik und Metrik - in einem Roman. Bei Lyrik sieht das ggf. anders aus. Von dieser Prämisse ausgehend sind auch meine Ersatzvorschläge und die Anmerkungen zu Bildungsexhibitionismus und Overkill zu sehen. Ich bin der Auffassung, man muss es dem Leser nicht unnötig schwer machen, aber: *your mileage may vary.
*
S. 17: Die Schattenfrau ist die Nachbarin deines Protagonisten. Da ist m. E. davon auszugehen, dass man sich wenigstens vom Sehen her kennt, daher halte ich meine Unterstellung jetzt nicht für so abwegig. Vielleicht solltest du den Fakt, dass sie sich eben noch nie von Angesicht zu Angesicht gesehen haben, dann nochmal verdeutlichen.

Die “unfreiwillige Komik”: Ja, ich habe es fast vermutet, dass die Begriffe mit Absicht gewählt wurden (daher auch “unfreiwillig” mit Fragezeichen), aber manchmal ist man ungeduldig, eine bestimmte Szene zu schreiben und neigt dazu, auf dem Weg dorthin “die Ecken rund zu machen”. Ich bin halt drüber gestolpert, und wenn das so beabsichtigt war: freu dich, es hat geklappt :slight_smile:

S. 20, S. 37: Leider keine bessere Lösungen. Aber mit “sollte” ist die Aussage halt nicht eindeutig. Und Eindeutigkeit hat für mich Vorrang, siehe oben.

Stephan King’s Misery: Ich wollte dir keineswegs ein Plagiat unterstellen, aber die Ähnlichkeit der Konstellation ist schon auffällig. In Kings Roman geht es ebenfalls um einen Schriftsteller, der durch seine Abenteuerromane um die junge Misery reich und berühmt geworden ist (neudeutsch würde man sie wohl als ChickLit bezeichnen), aber diese Romane und seine Protagonistin eigentlich hasst, da sie ihn davon abhalten, seine “wahren Romane” zu schreiben. Für diese Misery-Romane und deren Leserinnen hat er eigentlich nur Verachtung übrig. Im Verlauf des Romans fällt er der Antagonistin in die Hände, die sich selbst als “Fan Nr. 1” betrachtet, aber leider eine durchgeknallte Psychopathin ist, die von ihm ein neues Misery-Buch verlangt - mit sehr, ähm, rustikalen Methoden.

Viele Grüße

Ralf

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Mir geht es auch nicht so sehr darum, richtig/falsch bei einem werten Leser meiner Elaborate aufzuspießen, lieber Ralf, sondern ich habe mir gedacht, es würde bei so viel Arbeit, die du dir gemacht hast, auch „mal ganz gut kommen“, zu demonstrieren, daß ich mich damit auseinandergesetzt und sie, wo es mir sinnfällig wurde, auch zu berücksichtigen weiß. @DuaneHanson hat einmal – in einem anderen Sinn zurecht! – darüber ein wenig geklagt, daß seine Mühe mit einem meiner Texte nicht gewürdigt wurde. Zwar habe ich so manches eingearbeitet dabei, doch richtig signalisiert wurde es von mir nicht, was mich auch immer noch ärgert.
Es verhält sich einfach so: Ich bin wirklich dankbar für eine konstruktive Auseinandersetzung, auch, wenn sie für mich ungünstig ausfällt. Und wie schon ein-, zweimal bemerkt: Es ist für mich wesentlich, hier gerade v.a. jene Kritik zu empfangen, die von „anders gepolten“ Lesern/Hörern kommt als jenen aus meinem Dunstkreis.

Ein schönes Beispiel, mit Betracht auf gerade Notiertes! – Mir erschien es vollkommen selbstverständlich, daß jeder „begreift“, der Ich-Erzähler kenne das Antlitz der Schattenfrau – überhaupt sie – nicht! Nun machst du mich, als selbstredend kaum mit meiner Gedankenwelt vertraut, darauf aufmerksam, daß daran rein gar nix „selbstverständlich“ ist.
Das ist der Punkt, warum ich hier feedback haben möchte. Weil ich natürlich schon einigermaßen fest verankert in meinem kleinen und wahrscheinlich auch ein wenig irren Paralleluniversum zuhause bin und gelegentlich eines Blicks von 'nem anderen point of view aus bedarf, mein Logikmodul nachzujustieren. Also danke! Ich werde das, so dezent wie möglich, einbauen, damit es klar wird …

Danke für die Info, ich habe noch gar nicht danach geschaut. Ehrlich gesagt, macht es mir nicht viel aus, daß S.K. das schon mal durchgehechelt hat. Als ich mich – für die hier in Rede stehende Story war das notwendig – intensiv mit Cees Nootebooms wundervoller Novelle Die folgende Geschichte auseinandersetzte, stieß ich ebenfalls auf dieses Motiv, nur, daß der Protagonist Reiseführer schreibt statt Romane (aber seine Rezipienten haßt er ebenso wie du’s für S.K. referierst). – Ich habe mein entspr. Motiv aber auch nicht daher, sondern es fußt auf Eigenüberlegungen. Ich mache mir wegen des Mehrfachvorkommens keine Sorgen, denn so exorbitant ist es ja nicht, dieses Motiv … und eine Lizenz kann da niemand drauf erheben … denn bedenke: Wo würde das enden?

**Nachtrag: **Für den Fortgang der Geschichte ist die Tatsache, daß einer der Protagonisten ziemlich viel Geld mit Schundromanen verdient, die er unter Pseudonymen schreibt, nicht mehr besonders relevant (außer daß er von der damit verdienten Kohle gute lebt). Denn es wird in Kap. 1 (wenn ich gerade richtig erinnere) ja bereits kurz darauf hingewiesen, daß er einen „Sehnsuchtsbraten“ – also einen guten Roman – bereits fast schon in der Verlagsröhre liegen hat. – Ich verrate mal, daß er damit reüssieren wird. Aber selbst das ist nicht wirklich maßgebend für die Kernpunkte der Story … und für seinen persönlichen weiteren Weg hat das auch eher eine tragische Nuance …
Wenn ich dich richtig verstanden habe, dreht sich bei S.K. ziemlich viel um diesen Fakt. Das ist in meiner Geschichte nicht der Fall. Eher etwas Randständiges und mehr als Erklärung für seinen finanzielle Unabhängigkeit wichtig denn „an sich“.

Ich sage dir mal noch etwas dazu: In dem Roman, der schon etliche Jahre (vollendet) in der Schublade meuchelt, ohne daß ich mich zu einem Veröffentlichungsversuch entschließen könnte bisher (den Prolog habe ich mal hier eingestellt [die Jungs, die die Yuppiebar demolieren und den Analysten „metzgern“]), gibt es ein Kapitel, das in meiner Lieblingsstadt Lissabon spielt. Und darin kommt eine Szene zum Tragen, in welcher zwei Menschen über die Verwüstung der Welt durch unser Abfallgebaren sinnieren, wozu sie animiert werden, als sie am *Cais do Sodré *die ekelhaften fetten Fische beobachten, welche dort an den Abflußrohren der Stadt hängen und sich an der Menschenscheiße sattfressen, die da in den Tejo quillt.

Ich habe diese Szene – damals noch etwas anders – als kaum Erwachsener geschrieben, als ich zum ersten Mal in Lisboa war (später wurde sie dann in den Roman integriert. – Und was soll ich dir nun erzählern: Ich lese etliche Jahre nach Entstehen und Niederlegen dieser Gedanken bei der Lektüre von Bodo Kirchhoffs *Wo das Meer beginnt *beinahe haarscharf diesselbe Konstellation, sogar mit tlw. beinahe identischen Formulierungen …

Falls ich je den Entschluß fassen sollte, den Roman zu veröffentlichen und ein Verlag das macht, werde ich einen Teufel tun und die Szene rausnehmen. Es wird natürlich einen Hinweis für die Leser mit Verweis auf B.K. geben. Aber ich glaube nicht, daß B.K. eher auf diese Idee gekommen ist als ich, so daß ich meine (aber vielleicht nur in dem Wahn befangen bin :scream:), ein Anrecht darauf zu haben, sie auch in meiner Story stehenlassen zu dürfen.

Soviel mal dazu. Schriftsteller haben manchmal ähnliche oder gar gleiche Ideen. Ich sehe darin kein Problem, weil es nichts mit Plagiieren zu schaffen hat. Plagiate sehen doch ganz anders aus, weil dann die unterschiedlichen Kontexte nicht vorhanden sind, die bei „Doppelerfindungen“ aber doch den Unterschied machen.

Viele Grüße von Palinurus

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Würg.

Vielen Dank für Deine tatkräftige Unterstützung meines Diätvorhabens. Das Abendessen habe ich dann mal ausfallen lassen. :smiley: