Schreibtechnik und -möbel

Dann öffne ich mal den Thread hier wegen meines Stehpults.

Ich hatte vor Jahren eine richtig fiese Schreibblockade. Die dauerte nicht nur Tage oder Wochen oder Monate, nein, Jahre. Es ging nichts mehr. Ich habe mir dann so ein Büchlein gekauft, das angeblich die Blockade beseitigen sollte (so verzweifelt war ich). Was soll ich sagen: Es half tatsächlich.

Eine Übung im Buch war, sich mal an andere Orte zum Schreiben zu begehen und darunter war Schreiben im Stehen. Ich stellte fest, dass das bei mir funktionierte. Ich saß nicht „eingklemmt“ zwischen Tisch und Stuhl - so wie man ja den ganzen Tag am Arbeitsplatz sitzt, wenn man im Büro tätig ist, sondern ich konnte beim Schreiben ganz einfach mal den Platz verlassen, räumen oder putzen, wenn ich nicht weiter wusste und über etwas nachdenken musste. Das mache ich bis heute so. :kissing:

Jedenfalls machte ich mich dann auf die Suche nach einem Stehpult. Obwohl ich nicht so groß gewachsen bin, waren die, die ich fand, alle zu niedrig. Die Pulte, die man so im Internet findet, sind Lesepulte. Beim Schreiben stütze ich mich aber gerne auf, daher muss das Pult entsprechend hoch sein. Also entschloss ich mich, mir ein Stehpult nach meinen Wünschen beim Schreiner anfertigen zu lassen. Das Stehpult ist aus Buche, ich kann die Schräge der Arbeitsfläche verändern wie ich will und außerdem ist die Arbeitsfläche so groß, dass ich meine Arme darauf stützen kann und sie nicht in der Luft hängen.

Ich liebe mein Stehpult.

Wie ich im PC Thread bereits schrieb, schreibe ich meine kompletten Romane per Hand. Bis vor kurzem noch mit Stabilo Stiften, aber das ging auf die Hände. Nun habe ich mir einen Füller zugelegt und das geht viel, viel besser.

Wie ich auch schrieb, ist Planung nicht so mein Fall. Das bedeutet aber nicht, dass die Geschichte gar nicht geplant ist. Es ist so, dass ich immer ein Notizbüchlein bei mir habe. Darin notiere ich mir Ideen und Namen, die mir so tagsüber einfallen. Manchmal hat man ja Ideenblitze, wenn man etwas liest. Ich habe den Ablauf meiner Geschichte (es sollen vier Bände werden) soweit im Kopf, dass ich beim Notieren auch weiß, in welchem Band das eine Rolle spielen wird. Das schreibe ich dann dazu. Bevor ich einen Band anfange, gehe ich das Notizbüchlein durch, notiere die Ideen auf Katalogkarten, die dann beim Schreiben neben mir liegen. In die Hefte, in die ich dann meine Geschichte schreibe (es sind stinknormale DIN A 4 Schulhefte), bappe ich manchmal noch post its, wenn mir im Nachhinein noch etwas einfällt.

Im Computer hat man ja bei Papyrus die Pinnwand rechterhand. Die nutze ich auch sehr viel. Aber das ist ja dann erst der nächste Schritt.

Nachem ich also alles händisch geschrieben habe, kommt das Übertragen und die erste Überarbeitung. Dazu sitze ich dann gemütlich auf meinem Sofa, höre dabei sogar Musik (derzeit den Soundtrack von Last Kingdom), um eine Stimmung zu erzeugen.

Übrigens schrieb hier jemand im Forum (ich weiß nicht mehr wo ich das gelesen hatte), dass Filme ja das Schreiben von Büchern gar nicht beeinflussen können (sinngemäß). Ich muss sagen, mich bringen Filme oft in eine gewisse Stimmung und ich habe oft die besten Ideen beim Fernsehschauen. Nicht, weil ich mir da Sätze oder Handlungen abschaue oder abkupfere, meine Ideen haben selten etwas mit dem zu tun, was ich da sehe. Es sind einfach Gedankenblitze, die damit getriggert werden.

Jetzt würde mich interessieren, was ihr alles so anstellt um schreiben zu können und wie ihr arbeitet.

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So habe ich es auch gemacht. Keins der vorgefertigten, die ich in Augenschein nehmen konnte, entsprach meinen Vorstellungen. Es kostet freilich einen Haufen Geld, sich eins anfertigen zu lassen, aber aus meiner Sicht ist es eine durchaus lohnende Ausgabe … – Andere Menschen kaufen irre teure Autos oder lassen ihren Wohnungen/Häusern Zigtausende Euro teure Küchen implantieren … et cetera et cetera …, da nimmt sich so ein Stehpult, selbst wenn es spezialgefertigt ist, gleich wieder ziemlich normal aus.
Meines Erachtens resultieren entsprechende Entscheidungen aus dem Stellenwert, dem bestimmte lebensweltliche Tätigkeiten in der Praxis zukommen: Mir reicht mein knapp zwanzig Jahre alter, aber absolut zuverlässiger Volvo, wenn ich von Ort A nach Ort B muß, ohne auf andere Fortbewegungsmittel als das Automobil setzen zu können (ich fahre nicht gern Auto) – woraus resultiert, daß ich für mir wichtigere, ja, gewissermaßen substantiellere Dinge, mit den dergestalt eingesparten Mitteln anschaffen und somit meiner Lebensform ihr gedeihliche Accessoires zuführen kann.

Lesen und Schreiben als wichtige, ja, vielleicht irreduzible Bestandteile einer Lebensform zu betrachten, mag für viele Menschen verwunderlich klingen; und vielleicht insbesondere, wenn diese Präferenzen sich auch in materialen Konstellationen niederschlagen, egal, ob es die Einrichtung des oder der Arbeits- und/oder Kontemplationsbereichs/e betrifft oder die Gewichtung der Mittelverwendung oder noch so manch anderes. – Ich habe mich jedenfalls inzwischen daran gewöhnt, daß bei manchen Besuchern unserer Prospero-Miranda-Höhle (meine Tochter und ich haben eine gute Freundin, die unsere Behausung hintersinnig lächelnd so zu nennen beliebt) deren Ambiente ziemliches, manchmal mindestens anfangs leicht befremdetes Erstaunen auslöst – bemerkenswerterweise aber genau dann, wenn eher wenig Lese-Schreibe-Präferenzen bei ihnen vorliegen, derweil andere, die solche Leidenschaften auch pflegen, davon oft angetan sind, auch wenn es bei ihnen zuhause nicht notwendig so aussehen muß wie bei uns.
Warum es bei meiner Tochter, die übrigens auch ein eigenes Stehpult hat, und mir so aussieht – an mancherlei Stelle eher einer Bibliothek oder einem Scriptorium ähnlich --, hat nicht unmaßgeblich damit zu schaffen, daß wir beide eben ausgesprochen gern lesen bzw. schreiben (nebst gewissen Verpflichtungen, die uns das auch auferlegen) und uns das private Umfeld peu à peu diesen Leidenschaften gemäß hergerichtet haben, daneben auch noch mit Stellen zum Malen/Zeichnen und Musikmachen (meine Tochter lernt Cello) bzw. -hören. Einen entsprechenden Plan hat es jedenfalls nie gegeben: die Dinge haben sich einfach so entwickelt …

Manchmal scheint’s mir, als ließe sich dieses Verfahren – der Herstellung eines Lebensmittelpunktes, orientiert am subjektiv Maßgebenden statt an „allgemein gültigen“, jedenfalls weit geteilten Standards – auch auf die Art meines Schreibens übertragen: Es gibt meistens einen konkreten Anlaß, bei dem mir irgendeine Situation vorschwebt, die ich beschreiben möchte (dazu „zwingt“ mich dann i.d.R. irgendetwas, das ich nicht zu benennen vermag): So war es bspw. mit dem doch … ähm … ziemlich umfangreichen philosophischen Kriminalroman, der seit Jahren (mehr oder weniger „fertig“) in der Schublade vor sich hinmeuchelt: Mir war danach gewesen, eines Mannes Situation zu beschreiben, der entweder unter Insomnie leidet oder am Morgen aus bleischweren Albträumen erwacht und zunächst nicht weiß, „was mit ihm los ist“. – Ich wußte es auch nicht … :face_with_spiral_eyes:Mir stand nur so eine Art „existentielle Befindlichkeit“ vor Augen, die ich gern beschreiben wollte. Genauer gesagt war es ein inneres Bild, das mich animierte, es in Schrift zu gießen: Ich stellte mir dabei vor, wie der Kopf dieses Mannes in einer gigantischen Glocke steckte, deren Klöppel mit zunehmender power gegen die bronzenen Wände stieß … – Nach mehreren Jahren war daraus ein etwa vierzehnhundert Seiten umfassender Krimi geworden, den ich daraufhin noch kürzend unter die Tausendermarke drückte und dann wegschloß.
So ist es fast immer, wenn ich ein lit. Projekt angehe. Es entsteht aus einer singulären, keinen weiteren narrativen Rahmen umfassenden Situation. Sobald sie ein wenig um- oder ausgeschrieben ist, ergeben sich aus den dabei erzeugten Tropen und Sentenzen neue Assoziationen, die dann auch zur Niederschrift kommen, bis allmählich eine Art „Netz“ entsteht, dessen Fäden diverse Stories implizieren oder wenigstens zu implizieren scheinen. Davon „ziehe“ ich dann ein paar und erzeuge eine Textur mit ihnen. Gegebenenfalls lassen sich daran Muster erkennen, die auf einem Plan beruhen mögen. Wobei es mich wenig interessiert, wer oder was diesen Plan entworfen hat. Mich dünkt jedenfalls nicht, daß ich – in der mir stets einigermaßen ominös erscheinenden – Autorrolle dafür allein verantwortlich bin. Mir will es vielmehr scheinen, als sei so ein Autor-Bewußtsein eher etwas wie ein Kondensationspunkt von allerlei semantischen Wolken, die es durchstreifen; und was dabei als schriftlicher „Regen“ darin niedergeht, ist letztlich der je erzeugte Text. Aber dem haftet – das möchte ich mit diesem Bild vermitteln – immer etwas Kontingentes an, niemals herrscht da Notwendigkeit. Oder anders ausgedrückt: Jeder Satz, jede Wendung, jede Metapher hätte immer auch ganz anders zu stehen kommen können. Daß sie gerade so und so zu stehen kam, kann nicht wiederum – gewissermaßen dem „Tröpfeln des semantischen Regens“ vorgreifend – geplant werden, weil die „Logik der Schrift“ – das unablässige Sprechen der Texte miteinander im Autorenbewußtsein (das ja u.a. von Lektüren geprägt ist) – einer unvordenklichen Signifikation folgt, bei welcher die Signifikanten wie junger Schnee auf winterliche Felder ins Bewußtsein rieseln, ohne doch schon mit Sigifikaten behaftet zu sein. Sie bilden sich je erst im Moment des Willens zur Niederschrift – und welchen Gesetzen sie dabei folgen, weiß (bekanntlich) kein Mensch, woraus ja übrigens erhellt, warum es niemals, wirklich nie, genau eine gültige Interpretation eines literarischen Textes geben kann. Es gibt immer mehrere, letzten Ende potentiell infinit viele. Und auch kein Autor darf sich einbilden, er habe – qua Intention – die letzthin gültige immer schon gepachtet. Hat er nicht, weil nämlich die Signifikation der Intention selbst auf unendlich viele Varianten hinausläuft!

Vielleicht wird aus dieser Darstellung klar, warum es in der „Prospero-Miranda-Höhle“ nicht einen Ort des Schreibens geben kann, sondern deren mehrere; und warum es da auch nicht einen Modus der Notation gibt, stattdessen ebenfalls diverse: Mal am Schreibtisch per Compi und mal per Hand – gelegentlich auch mithilfe des Mikrophons --, mal am Pult, mal am kleinen Tischlein dort oder da, gelegentlich auch auf’m Klo …

Es ließe sich niemals analysieren, warum genau diese Sequenz da, unter diesen Bedingungen, und eine andere unter jenen zustandekam. Fest steht für mich nur, daß es die Differenz gibt (womöglich mit Weitung auf Derridas différance) und daß sie maßgebend für meine Art zu schreiben … und auch zu lesen … letzten Endes v.a. aber zu leben ist.

Viele Grüße von Palinurus

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Hallo @Isabel,
im Stehen schreiben? Das könnte ich nicht. Ansonsten arbeite ich ähnlich wie du. Block, Bleistift, Klebezettel. Wenn ich mich an den PC setze, brauche ich Zeit. Minimum 2 Stunden.
Und ja, ich lasse mich gerne von Filmen inspirieren. Und Musik ist wichtig. Das geht sogar so weit, dass ich sofort in meiner Geschichte bin, wenn ich einen bestimmten Titel höre. Beim Schreiben herrscht bei mir jedoch absolute Stille.
Viele Ideen kommen mir bei langen Spaziergängen mit unserem Hund. Wenn ich eine Idee habe, setze ich mich hin und schreibe darauflos. So richtig planen, das hat bei mir noch nicht so gut funktioniert. Im Laufe des Schreibens kommen noch so viele Sachen hinzu.
Ein Beispiel: Vor einiger Zeit habe ich einen Bericht in der Zeitung gelesen, dessen Thema perfekt zu meiner Geschichte passte . Das habe ich dann eingebaut.

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Was ich so über eure Art und Weise des Schreibens und des Settings dazu lese, stimmt mich nachdenklich.
Vielen Dank an dieser Stelle für eure Inspirationen!

Im Grunde genommen schreibe ich auch gerne von Hand. Am liebsten mit Druckbleistift. Die feine Mine ist meinem Schreibtempo gewachsen - meine Schrift weniger. Das Entziffern ergibt sich manchmal eher aus dem Kontext denn aus meinen Notizen. :roll_eyes:
Eine Zeit lang habe ich auch die Mittagspause fürs Schreiben genutzt, wurde jedoch zu oft von Kollegen „gestört“. Ich wollte dann nicht unkollegial sein und freue mich ja auch über Gesellschaft und Gesprächspartner.
So rückblickend war das Abtippen der Notizen ein guter Einstieg zurück in die Geschichte. Danke, dass ihr mich wieder daran erinnert habt mit euren Erzählungen! Ich werde wieder vermehrt den Bleistift zücken!

Abends schreibe ich selten. Meist bin ich zu müde und ich vermeide den PC am Abend generell, um meine Schlafstörung nicht noch zu befeuern.

Welchen Wert das Schreiben und Lesen im Leben hätte und welchen es tatsächlich bekommt - dazwischen können Welten liegen, wie ich bei und an mir selber erfahren habe. Seit ich mich bewusst dafür entschieden habe, der Rolle „Autorin“ in meinem Leben mehr Gewicht und Raum zu geben, entsteht eine innere Zufriedenheit und Freude. Ich habe mich darin bisher nicht ernst genommen, ich hatte immer das Gefühl, andere Dinge seien wichtiger.

Meine produktivsten Orte: im Zug und auf dem Sofa. Ansonsten schreibe ich bei Gelegenheit auch mal im Urlaub am Strand, am Esstisch, auf dem Bett sitzend, in einem Café oder auf einer Bank irgendwo im Grünen. „Wenn es schreibt, schreibt’s“ :slight_smile:

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Ach, Füchsli, in diesem Abschnitt finde ich mich zu 100% wieder. Ich habe mit Anfang 20 Mal sehr ernsthaft geschrieben, dann kamen Studium und andere Dinge. Ich musste erst schwer erkranken, um im Krankenhaus die Entscheidung zu treffen, doch meinem Leben vielleicht noch eine andere Wendung zu geben. Als ich es dann in Angriff nahm, erkrankte meine Mutter schwer. Ich habe jahrelang neben Pflege, Krankenhaus und Doppelhaushalt nebenher noch irgendwie versucht zu schreiben. Und ganz klar: Abends bin ich auch oft sehr müde. Ich nehme dann doch aber immer noch den Stift zur Hand, ganz einfach, weil es mir auch gut tut. Aber immer schaffe ich das nicht. Manchmal bin ich einfach auch zu faul. Ich habe gelernt, das zu akzeptieren. Wenn es läuft, läuft es. Wenn nicht, dann soll es an dem Tag eben nicht sein.

@Pferdefrau: Ja, same here. Zum eigentlichen Schreiben benötige ich absolute Stille.

Deshalb könnte ich weder an der Arbeit noch im Zug schreiben.

Und, ja, meine Schrift ist teils auch :face_vomiting: Jedoch stelle ich fest, dass ich beim Abtippen oftmals „blind“ schreibe, also, einen Satz entziffere, dann weiterschreibe, um dann nochmal in die Notizen zu schauen und festzustellen, dass ich exakt die gleiche Formulierung nochmal gewählt habe - nach einem Jahr. Seltsam.

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Ich möchte das genauso bestätigen, wie du es schreibst, Isabel: Auch mir scheint, daß bestimmte Filme auf mich „unterirdisch“ Einfluß nehmen – daneben auch sehr stark Träume (ich sehe da eh Verwandtschaften) --, ohne daß sich direkte Übertragungen finden ließen. – Was mir dazu noch einfällt: Manchmal imaginiere ich Geschriebenes als Film … und oft ist das für mich sehr inspirierend, wobei es in einer bestimmten Hinsicht dabei sehr, sehr merkwürdig zugeht. Denn in den meisten Fällen haben meine Protagonisten kaum mehr als nur sehr vage äußerliche – also physische – Merkmale. Ich habe im Lauf der Jahre bemerkt, daß es bei mir eine Scheu gibt, sie gravierend auszuzeichnen in dieser Hinsicht. Warum das so ist, weiß ich nicht. – Komischerweise jedoch hindert das kein bißchen die o.e. „cinematographische Neigung“ beim schreibenden Assoziieren.
Mir fällt, während ich das schreibe, zudem ein, daß ich bei Lektüren anderer Autoren detaillierte Beschreibungen des Äußeren ihrer Figuren großteils ignoriere …

Während des Durchlesens der inzwischen eingetrudelten anderen Beiträge in diesem Thread – schönen Dank auch an @Pferdefrau und @Füchsli : ich finde es hochinteressant, in eure Autoren- und Schreibwelt blicken zu dürfen! --, wurde mir auch klar, daß ich bei solchen „filmischen Seancen“ der Einbildungskraft am wenigsten mit den Maschinen arbeite. Vielleicht so stark wie nirgends/niemals sonst hat dann eine manuelle Nachzeichnung statt. Es mag sein, daß das bei mir mit einer gewissen Behutsamkeit zu schaffen hat, die sich beim händischen Schreiben oft ergibt, während ich ja, wie schon anderswo angedeutet, auf der Tastatur Trommelwirbel entfache. Es gibt ja Untersuchungen zur Verbindung von Hand und Wort, die Ähnliches andeuten. Anthropologisch gesehen ist es jedenfalls auch nachvollziehbar, weil die Entwicklung des gestischen Ausdrucks u.ä. gerade auch der Hände zweifellos starken Einfluß auf die phylogenetische Sprachentwicklung genommen hat – dazu hat ja André Leroi-Gourhan ein erhellendes Werk geschrieben --, aber Untersuchungen, die das auch im ontogenetischen Spracherwerb sichtbar lassen werden, stehen inzwischen ebenfalls zu Verfügung, daneben auch andere Schrift-Zusammenhänge statt nur den Spracherwerb betreffend.

Ich wollte jedenfalls noch andeuten, daß es mich mit Betracht auf diese Zusammenhänge wenig wundert, wenn dann bei mir z.B. das Schreibpult besonders relevant wird. Es scheint da vielleicht auch ein Unterschied zwischen Sitzen und Stehen relevant zu sein, so, als würde das weniger „gepreßte“ Stehen am Schreibpult dann die Imagination ungehinderter fließen lassen … aber natürlich ist das nur eine ganz ungedeckte Vermutung …

Gruß von Palinurus

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Meine Erkenntnis zu dem Thema: Ich habe diverse Arbeitszimmer, Schreibtisch klassisch, Stehpult usw., aber entscheidend finde ich: keine Gedanken zu verlieren. Und da ich eigentlich immer ein Handy dabei habe, ist dessen Diktierfunktion mein wichtigstes Werkzeug.
Dazu lege ich mir ständig mehrere Mailadressen an, für jedes Projekt eine, aber auch welche für wichtige Figuren oder zentrale Themen.
Wenn ich dann irgendwas meine notieren zu müssen, diktiere ich ins Handy und maile es direkt an die entsprechende Adresse. Da kann es liegenbleiben, bis ich es brauche oder Zeit finde, es weiter zu verarbeiten.
Manchmal bin ich selbst überrascht, was ich mir für Notizen zugemailt habe. Aber verloren geht mir nichts.
Der Vorteil gegenüber einem Notizbuch: Ich habe den Gedanken schneller erfasst, er ist geordnet abgelegt und ich kann ihn nach Jahren noch lesen (was bei meiner Handschrift nicht der Fall ist).
Und man kann die Methode beim Spazierengehen nutzen …

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Gibt es auch in anderen Berufen dieses Phänomen des absoluten Stillstands?

Morgen kommt der Heizungsinstallateur.
Für mein technisches Problem bedarf es einer sehr kreativen und durchdachten Lösung.

Ich hoffe, das er nicht an einer Installationsblockade leidet.
Das hätte nämlich zur Folge, das ich mir am Abend beim Schreiben den Hintern abfriere.

Der Wärmeverlust kann durchaus zu einer Schreibblockade meinerseits führen.
Unter 18 Grad Raumtemperatur kann ich weder kreativ arbeiten noch denken.

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Hallo Mathis,

bei mir läuft’s umgekehrt: Wenn es zu warm ist (für mein Gefühl), erstirbt das kreative Vermögen. Die letzte Lebensabschnittsgefährtin, mit der wir unter einem Dach gelebt haben, ist eine typische Frostbeule. – Immerzu am Frieren, wenn nicht gerade hochsommerliches Wetter herrschte. Winters drehte sie die Heizung bis zum Anschlag auf, daß meine Tochter und ich uns nicht selten wie in einer Sauna vorkamen. Bei mir hatte das ein latentes Unwohlsein zur Folge, mit dem auch Schreibhemmungen bzw. -erschwerungen einhergingen.
Ich habe es gern eher etwas kühler beim Arbeiten. Da mein Töchterlein und ich da offenbar “gleichgepolt” sind, haben wir bisher auch noch keine Veranlassung gesehen, die Heizung überhaupt anzuwerfen (allerdings: unser Haus ist gut isoliert); und auch jetzt schreibe ich gerade bei offenem Fenster (mir scheint, bisher verlief der Herbst ziemlich mild).

Da zeigt sich im Abgleich mit deinem Bericht, wie unterschiedlich die subjektiven Befindlichkeiten – ich meine also kein “objektives Temperaturmaß”, sondern wie wir Wärme und Kälte erleben – auf mentale Prozesse einwirken können. Es ist scheinbar fast so wie im Fall des Gewichtens der technischen und möbelkonfigurierten Peripherie am Schreibvorgang: Die Menschen pflegen da ganz diverse, individuell ausgeprägte Präferenzen, nichts davon läßt sich auch nur annähernd “auf einen Nenner bringen”. Das ist wohl Teil des subjektiven Faktors am Schreiben …

Ich drücke dir die Daumen, daß der Installateur heute eine besonders kreative Phase hat und die Heizung deinen Präferenzen gemäß einzurichten vermag.

Morgengrüße von Palinurus

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Liebe Füchsli,

ich habe gerade etwas entdeckt, das gut zu diesem Statement paßt, gerade auch in Hinsicht auf deine Formulierung: “Ich habe mich darin bisher nicht ernst genommen, ich hatte immer das Gefühl, andere Dinge seien wichtiger”.

Das mit dem “Wichtigsein anderer Dinge” – gegenüber kreativen Prozessen wie Schreiben oder auch anderen ästhetischen Betätigungen --, beleuchtet in diversen Essays Paul Auster. Die WELT, sonst freilich nicht gerade meine bevorzugte Lektüre, hat sein neues Buch vorgestellt, weshalb mir der der Artikel gleichwohl einen Verweis wert ist:

Ein Zitat:

“Ich weiß nicht, warum ich tue, was ich tue. Wenn ich es wüsste, hätte ich wahrscheinlich nicht das Bedürfnis, es zu tun. Ich kann nur sagen, und sage es mit absoluter Gewissheit, ich verspüre dieses Bedürfnis seit meiner frühesten Jugend. Ich rede vom Schreiben, insbesondere vom Schreiben als einem Instrument, Geschichten zu erzählen, erfundene Geschichten, die in dem, was wir die Realität nennen, nie stattgefunden haben. Zweifellos eine seltsame Art, sein Leben zu verbringen: Allein in einem Zimmer sitzen, einen Stift in der Hand, Stunde um Stunde, Tag für Tag, Jahr für Jahr, mühsam Worte zu Papier bringen, um etwas entstehen zu lassen, das es nicht gibt – außer im eigenen Kopf. Warum nur sollte jemand so etwas tun wollen? Die einzige Antwort, die ich darauf jemals gefunden habe, lautet: Weil man muss, weil man keine Wahl hat.”

Der ganze Artikel kann hier nachgelesen werden:

https://www.welt.de/kultur/article218973398/Paul-Auster-exklusiv-Mit-Fremden-sprechen.html

Gruß von Palinurus

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Hallo Julius,

interessant für mich zu erfahren, daß bei anderen Menschen offenbar gut funktioniert, was bei mir nahezu total versagt: Ich kann das einfach nicht. Die einzige Methode, mit Diktieren etwas zu erreichen – geht aber auch nur manchmal --, ist bei mir, vor dem Rechner bzw. besser: Bildschirm zu sitzen und ins Mikrophon zu sprechen, wobei ich dann eben sehe, was ich spreche (in Dragon baut sich das schriftliche Abbild ja sofort auf).

Habe deine Methode auch des Öfteren versucht, bin allerdings vollkommen gescheitert. Vielleicht liegt es bei mir an einer Fixierung auf die Schrift. Ich unterhalte mich sehr gern mit anderen Menschen, wobei ich dann auch keine Schrift benötige; aber sobald es um die genuin lit. und auch wiss. Tätigkeit des Schreibens geht – also diesen gewissermaßen doch sehr einsamen Prozeß (der m.E. so seine ganz spezifischen Idiosynkrasien an sich trägt) --, versagen bei mir die ganz modernen, rein sprachgestützten Hilfsmittel. Ich finde mit ihnen offenbar nicht aus der “normalen Gesprächssituation” (zwischen zwei oder auch mehr Menschen) heraus, die für mich allerdings vollkommen anders funktioniert als das – gewissermaßen – Soliloquium des Schreibprozesses. Andersherum formuliert: Ich spreche dann eben (statt zu schreiben) – und offenbar habe ich immense Probleme damit, mit einem … ähm … “Ding”, einer Maschine zu sprechen …
Signifikant vielleicht in diesem Zusammenhang: Ich habe auch große Probleme mit dem Telefonieren. Ich mag Telefone nicht und ich kann es nicht leiden, angerufen zu werden. Mir kommt es nur in dringlichen oder unvermeidlichen Situationen in den Sinn, zum Telefon zu greifen. Es passiert extrem selten.

Aber ich finde es hochinteressant, was du über deine Art, “Notizen zu machen”, berichtet hast. Und ja: Sie erhöht zweifellos die Flexibilität. Man muß aber offenbar “dafür geschaffen sein”. Ich bin es nicht! Ob ich das bedauern soll, weiß ich nicht. Immerhin komme ich mit meiner altmodischen Art zu notieren klar. Auch wenn’s manchmal umständlich ist, daran kann ja bei den heutigen Möglichkeiten kein Zweifel sein …

Gruß von Palinurus

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Das finde ich mal eine interessante Technik, an der ich wiederum scheitern würde. Denn ich bin im verbalen Formulieren wirklich mies. Irgendwie verbindet sich mein Gehirn nicht mit meinem Mund. Sobald die Worte den Mund verlassen, stimmt es nicht. Die Hand hat eine bessere Verbindung. Keine Ahnung, woran das liegt.

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@Palinurus: Das geht mir genauso. Ich wohne unterm Dach und im Sommer wird es da ziemlich warm. Dann läuft bei mir gar nichts mehr.

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Du hast Glück, überhaupt einen gefunden zu haben. Ist nicht so einfach, in letzter Zeit.

:thumbsup:
Das ist wie Bergsteigen. Warum auf Berge steigen? Ganz einfach: Weil sie da sind. In welchem Zusammenhang ich das gelesen oder gehört habe weiß ich nicht mehr …

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Ich hatte im Thread schon auf Leroi-Gourhans anthropologische Untersuchungen zur Verbindung von Hand und Wort hingewiesen. – Inzwischen ist es in den einschlägigen Forschungen Legion, daß händisches Schreiben, genauso wie gestisches Mitartikulieren von Gedanken, für unsere Entwicklung und mentalen Fähigkeiten von außerordentlicher Bedeutung sind. Man kann das inzwischen auch schon neurologisch nachweisen: In entwicklungspsychologischen u.ä. gelagerten Studien, die Kinder auf den Zusammenhang von Denken und dem koordinierte Handbewegungen untersuchen, wird immer wieder darauf hingewiesen, daß vielschreibende und -gestikulierende Kinder in Großhirnarealen, die mit mentalen Fähigkeiten assoziiert sind, bessere Werte zeigen als solche, bei denen das nicht der Fall ist. Klarerweise zeigen die ersteren auch bessere Ergebnisse bei Intelligenztests (wobei ich speziell deren Wert nicht überbetonen möchte).

Vor dem Hintergrund der neoliberal besonders forcierten – einseitig betrachteten – “Digitalisierung der Schule” (denn in manchen Bereichen spricht ja nix dagegen; aber überall?!) – mag man sich ausmalen, was das wohl für Folgen haben wird … Untersuchungen zur Handschriftfähigkeit von rezenten Schülern liefern jedenfalls mehr und mehr katastrophale Ergebnisse. Vor dem o.e. Hintergrund und auch vor dem Signum, daß Schreiben “Denken mit der Hand” sei, darf man sich vielleicht ein bißchen wundern. wie leichtfertig dabei über anthropologische und entwicklungspsychologische Erkenntnisse mit derlei Aktionen hinweggegangen wird. Aber das ist ja nichts Neues …

Siehe auch hier:

https://www.zeit.de/zeit-wissen/2017/06/schrift-schreiben-denken-sprache/komplettansicht

https://www.forschung-und-lehre.de/forschung/warum-wir-wieder-mehr-mit-der-hand-schreiben-sollten-2504/

Wer mal mit geschickten Stichwörtern 'ne kleine Recherche in diesem Gebiet startet, kriegt jede Menge hochinteressanter Ergebnisse.

Viele Grüße von Palinurus

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Liebe Ponygirl,

die Quelle war einfach zu finden (Zitat):

*Im Jahr 1953 erreichten der neuseeländische Bergsteiger Sir Edmund Hillary und der nepalesische Sherpa Tenzing Norgay erstmals den Gipfel des Mount Everest (8.848 m). Als Hillary einmal gefragt wurde, warum er auf hohe Berge steigt, gab er ganz lapidar zur Antwort: „Weil sie da sind.“
*
Vgl.: https://www.bergwelten.com/a/warum-steigen-wir-auf-berge

Gruß von Palinurus

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Lieber Palinurus,
danke dafür! Mir ist´s einfach nicht mehr eingefallen.
Für mich steht das Bergsteigen sinnbildlich dafür, etwas zu schaffen. Ich habe schon einige Berge bestiegen. Es ist ein tolles Gefühl, wenn man am Gipfel ist.

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Dann mache ich hier mal weiter mit dem Thema Möbel. Ich werde mir zwar kein Stehpult holen, aber einen neuen Schreibtisch. Im Moment schreibe ich noch an einem alten Küchetisch, der noch aus meiner Studentenzeit stammt. Während des ersten Lockdowns fiel uns auf, dass wir in unserem eigentlichen Arbeitszimmer unterm Dach nicht genug Wlan-Power für alle haben. Also habe ich kurzentschlossen gesagt, wir nehmen das Rumpelzimmer im ersten Stock als Arbeitszimmer. Grob ein paar Sachen rausgeräumt und den Tisch freigemacht und fertig. Vom Wlan her, auch eine gute Wahl, aber schön ist das kleine Kabuf nicht.

Trotzdem habe ich in den letzten sechs Monaten diesen Raum quasi übernommen. Vor drei Monaten fing ich an, mir zu überlegen, dass ich es ja ein bisschen netter machen könnte, wenn ich hier schon so oft drin sitze. Also dachte ich an ein paar Bilder an der Wand. Ich habe ein paar Wochen gebraucht, um meiner Familie klar zu machen, dass ich wirklich ernsthaft Bilder in diesen Raum hängen möchte.

Die Bilder sind noch nicht hier drin, und es stehen hinter mir immer noch ein paar Umzugskartons herum, aber da ich in den letzten Monaten ja fast täglich Zeit in diesem Raum verbracht habe, wird das hier jetzt bald mein Schreib- und unser Arbeitszimmer. Ich werde mir einen Schreibtisch und einen Schreibtischstuhl kaufen. Einen neuen Anstrich kann der Raum auch mal vertragen und ich werde ein Bücherregal, ums Fenster herum bauen.

Zwischendurch war ich mir ja auch manchmal nicht sicher, ob ich das wirklich will. Wenn ich ein Schreibzimmer habe, in dem ich nie bin, sieht es auch ziemlich doof aus. Es könnte auch ein Mahnmal der verschenkten Zeit werden. Und wieso ein Bücherregal. Ich kaufe fast nur noch Ebooks. Und meine Bücher stehen unterm Dach in einem Regal. Es sind eh nur noch die wichtigsten. Ich habe viel aussortiert in den letzten Jahren.

Und weil ich gerade als einziger der Familie Urlaub habe, habe ich viel Zeit, mir Gedanken zu machen. Es ist alles richtig. Es ist nur das erste Mal im Leben, dass ich das Schreiben wirklich so hoch hänge. Und mir nicht nur Gedanken mache, was die nächste Story sein wird und wie viele Figuren mitspielen. Je mehr ich drüber nachdenke, desto sicherer bin ich mir, dass das eine gute Entscheidung ist.

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Das hört sich alles toll an. Ich habe auch mein eigenes Zimmer. Dafür hat mein Mann ein Musikzimmer.

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Ich schreibe sitzend am Notebook am Esszimmertisch. Manchmal umgeben von Frau, Teenager und Hund, bevorzugt allein. Zumindest ohne Teenager, weil der immer erzählt, wenn er da ist. Was schön ist, dem Schreiben jedoch im Wege steht.
Am Ende der Homeoffice-Zeit werde ich wieder deutlich mehr allein sein… o_O

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