Singular oder Plural?

Hallo zusammen,

ich habe den folgenden Satz geschrieben:
„… taugte nicht zur Durchführung von Selektionen.“

Eine meine Testleserinnen meint, es gebe keinen Plural von Selektion. Was mache ich also? Ich sehe im Duden nach und bin immer noch nicht schlauer.

Auszug aus dem Duden:
Selektion-plural.png
Das verwirrt mich. Gibt es nun einen Plural von Selektion oder nicht?

Ich interpretiere das so, dass es davon abhängt, in welcher Verwendung es verwendet wird.

Beziehst du dich auf die “[natürliche] Auslese und Fortentwicklung durch Überleben der jeweils stärksten Individuen einer Art” - dann gibt es Selektionen, aber wenn es eine Auswahl ist, dann nicht, denn diese Auswahl ist “eine” – … ja, in meinem Kopf klingt es logisch =)

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Andere Testleser vielleicht…?

Vielleicht ja, vielleicht nein. :slight_smile:

Ich beziehe mich darauf, dass jemand bei der natürlichen Auslese etwas nachhilft. Damit ist es nicht mehr natürlich, aber trotzdem irgendwie biologisch. Oder anders gesagt: Hier selektiert jemand durch Mord.

… hm, Zusammenhang?
Geht’s um die Mordmethode? Wenn es zum Beispiel so was wie “Ein Löffel taugte nicht zur Durchführung von Selektionen.” ist, würde ich sagen, dass es Plural gibt. Kann man ja mehrmals versucht haben …
Aber ich bin kein Sprachwissenschaftler – hab nur den (bzw. eben die beiden, für die unterschiedlichen Bedeutungen) Dudeneintrag interpretiert ^^

In der Belletristik dieses Jahrtausends finde ich einen Treffer:

[INDENT]Schuh, Franz: Schreibkräfte, Köln: DuMont 2000, S. 64
Alle nachdenklichen Menschen müssen leider mit der Vorstellung leben, daß die etablierten Selektionen unter Umständen nur »die Falschen« und »das Falsche« nach oben bringen – ein Gedanke, der einerseits etwas Tröstliches hat, der sich aber andererseits gerade deshalb leicht zum monströsen Ressentiment auswachsen kann.[/INDENT]

( https://www.dwds.de/r/?q=Selektion&corpus=korpus21&date-start=2000&date-end=2010&genre=Belletristik&format=full&sort=date_desc&limit=50 )

Ich sehe keinen Grund, warum es das Wort nicht geben und sinnvoll verwendet werden sollte. So wie “Auswahlen”. Oder “Distributionen”/“Verteilungen” oder “Deskriptionen”/“Beschreibungen”.

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Nein. Es geht um den Auftrag, störende Elemente (hier: bestimmte Menschen) auszusortieren. Dieses Aussortieren erfolgt durch Mord.

Wie wäre es, das Nomen durch ein Verb zu ersetzen? Nominalstil gilt ohnehin als unschön. Und ich bin zwar Biologin, aber für einen Roman erscheint mir der Begriff Selektion doch sehr technisch bzw. fachspezifisch.
Um das Beispiel von @Scherbengericht aufzugreifen: Ein Löffel taugte nicht zum Selektieren. (O.k., ist auch ein Substantiv, aber eigentlich ein substantiviertes Verb. Das dürfte doch eher wie ein Verb wahrgenommen werden.) Bei solchen Wörtern, bei denen der Plural zweifelhaft oder gar nicht vorhanden ist, sollte man versuchen, den ganzen Satz anders zu formulieren.

LG
Pamina

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Ich auch nicht. Ich hätte auch niemals nachgesehen, wenn meine Testleserin nicht gemäkelt hätte. Und daraufhin habe ich den verwirrenden Eintrag gefunden.
@Waldfried: Den allerherzlichsten Dank. Ich lasse einfach “Selektionen” stehen.

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Richtig, liebe @Pamina22 . Ich bin immer noch bei meiner Robotervision.

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Ja, aber vergiss trotzdem nicht, dass es leserfreundlich sein sollte.
Du kannst auch ein Gespräch zwischen zwei Ärzten mit lauter medizinischen Fachausdrücken spicken. Das wäre sicherlich authentisch. Aber ob das jemand lesen möchte?

LG
Pamina

Weiteres Beispiel:
[INDENT]Schwanitz, Dietrich: Bildung, Frankfurt a. M.: Eichborn 1999, S. 366
Durch die Kombination dieser drei Prinzipien - Variation, Selektion und Stabilisierung von Selektionen - ist es möglich, daß Unwahrscheinliches - sprich: Ordnung - wahrscheinlich wird.
( https://www.dwds.de/r/?corpus=kern&q=Selektion )[/INDENT]

Schließlich, ein wenig extrem, aber auch von prominenter Seite:
[INDENT]
Das zeigt, daß die Reflexion auf die Einheit der Differenz die Vorteile der Differenz nicht annullieren darf, es muß sie einbeziehen und in der Form der Selektion von Selektionen ausnutzen können.
Luhmann, Niklas: Soziale Systeme, Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1984, S. 642
( https://www.dwds.de/wb/Selektion )
[/INDENT]
Aber es ist wahr: Ob’s der gewünschte Stil ist, ist 'ne and’re Frage.

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Du hast natürlich vollkommen Recht. Kannst ja den Hintergrund auch nicht kennen bzw. den konkreten Zusammenhang. Ich möchte auch nicht zu viel verraten. Aber in diesem Spezialfall passt der Nominalstil. Er MUSS meines Erachtens an dieser Stelle sogar stehen.

Ja. In diesem Fall schon. Pure Absicht.

Vielen, vielen Dank für Eure Mühe. Ihr helft - wie immer. Das ist unbezahlbar.

Ja, ein wichtiger Aspekt. Wobei … och, wenn ich mir schon mal die Krankenhausserie “In aller Freundschaft” angucke, höre ich mir die gelegentlichen Fachsimpeleien ganz gern mal an.

Echt? Ich kann schon allein das Wort Krankenhausserie nicht ertragen. Es löst bei mir Allergien aus. :smiley:

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Oder ist es nur eine singuläre Allergie???

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Oh, sorry. Ich wollte nur das Wort Ärzt*innenserie vermeiden. :smirk:

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:):p:D ja dann …

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Ich finde den Begriff etwas unpassend, da “Selektion durch Mord” in den Suchergebnissen im Web hauptsächlich für Euthanasie, Massenmord aufgrund Rassenhygiene und Holocaust steht.