Sprachvarianten von Fantasy-Völkern

Als ich vor tausend Jahren mit meinem Fantasy-Roman begann, umfasste meine Weltkarte zehn Inseln. Um die Völker gegeneinander abzugrenzen, erdachte ich mir ein paar kleine Sprachvarianten.

Von Dialekten bin ich schnell abgekommen, denn die wären zu blöd zum Lesen. Umstellungen von Sätzen würden an Yoda erinnern und der ist halt einzigartig.

Was ganz gut funktioniert, sind Variationen der Anreden. Ich bin damit relativ zufrieden. Es entsteht zwar ein kleines Chaos mit Personalpronomen und Groß- und Kleinschreibung. Aber das unterstützt den Gedanken der Unterschiedlichkeit in einer für mich interessanten Weise.

Nun, ca. 1400 Seiten später, gibt es nur eine Sache, die ich gern hinzufügen würde.

Mein Mordor-Derivat entwickelte sich während der Geschichte zu einer trostlosen Insel, auf der ursprünglich orkähnliche Kreaturen leben sollten. Heute sind sie eher gutmütig, wurden aber durch Magie aufgehetzt. Den Plot brauchen wir ja jetzt nicht zu diskutieren.

Um die 1000 Jahre lang war diese Insel nun von den Reichen der Menschen abgeschnitten. Trotzdem sprechen ausgerechnet diese Kreaturen dort “normal”. Ich suche nun schon eine ganze Weile lang nach einer knackigen Sprachvariante, die einen beim Lesen nicht holpern lässt und dieses warme Fantasy-Gefühl im Bauch erzeugt.

Gibt es jemanden von Euch, der eine Idee hatte, die er mit mir teilen will.

Wenn diese Orks vor tausend Jahren eine einzige Armee waren und sie seitdem isoliert gelehrt haben, können sich militärische Rituale und Umgangsformen erhalten haben, die heute eine andere Bedeutung haben, aber einem Außenstehenden seltsam vorkommen. Zum Beispiel Gruß und Anrede. Auf die Frage “Hat du gut geschlafen?” Ist ein zackig dahingebelltes “Coro, ja, Coro!” einer passende und innerhalb deiner Orkgesellschaft eine passende und höfliche Antwort (Coro war jetzt irgendein erfundener Titel für Höhergestellte). Dazu ist die ganze Gesellschaft zwar gutmütig, aber dennoch von Militärtraditionen geprägt, die auf Dritte seltsam oder streng wirken, aber nicht unbedingt diese Bedeutung haben. Wenn sie durch Magie aufgeheizt wurden, reagieren sie vielleicht absolut allergisch auf alles, was damit zu tun hat. Das schlägt sich dann auch in der Sprache nieder. “Du Zauberer!” ist dort eine veritable Beleidigung, die selbst eine orkische Mutter Theresa zu wüsten Mordfantasien verleitet.
You’ll get my drift.

3 „Gefällt mir“

Als ich anfing zu schreiben, sollte es mehr mittelerdig als westerossig sein. Weil ich nichts kopieren wollte, machte ich mir selbst Vorgaben: Keine Elben, keine Zwerge, keine Orks, keine Zauberringe. Meine feindliche echsenähnliche Rasse haben menschlichen Zauberer aus guten Absichten heraus selbst erschaffen. Niemand bemerkte dabei, dass eine Dritte Macht daran beteiligt war.

Militärische Strukturen gibts dort nicht, eher das Gegenteil. Während man im Landesinnern friedlich zusammenlebte, wurden von den Rändern aus ganze Invasionsarmeen ausgesandt, die angriffen wie eine Reihe von unkoordinierten Einzelkämpfern, die möglichst viel Schaden verursachen sollten.

Armeefeeling ist es also nicht, was diese Rasse prägt. Eher die Trostlosigkeit einer Felseninsel unter brennender Sonne, die sie dort aber selbst so erfahren, als lebten sie im Auenland.

Momentan grüßen sie mit “Zum Gruße”, was mir für eine für viele Generationen von den Menschen getrennte Kultur zu wenig Unterschied ist. Ich würde diesen Unterschied der getrennten Kulturen gern irgendwie sichtbar machen. Die Rasse fällt außerdem dadurch auf, dass sie sehr freundlich und sehr friedlich ist. Gleichzeitig morden an anderer Stelle ganze (unkoordinierte) Ameen von ihnen, die sich aber an nichts mehr erinnern, wenn der Wahn wieder verfliegt.

Mitten im Feindesgebiet werden einige von ihnen durch Schattengeister koordiniert, die sie selbst aber als Teil ihrer Kultur ansehen und sie für freundlich halten (was die meisten auch sind).

Es ist eine Geschichte von Betrügern und Betrogenen, von Tätern, die gleichzeitig Opfer sind. Und einem tatsächlichen Feind, der sich lange im Hintergrund hält, bevor er sich überhaupt zu erkennen gibt.

Was ich also bisher habe, ist die Grußformel “zum Gruße”, die große Freundlichkeit, das wissenschaftliche Interesse dieser Rasse, deren Intelligenz und den Wahn. Dein Beitrag hat mir gezeigt, dass es durchaus schon einige Merkmale gibt, die auch spürbar sind.

Trotzdem hätte ich gern noch eine Besonderheit. Vielleicht auch eine grammatikalische Konstruktion, die nicht wie Yoda klingt und einem beim Lesen nicht das Gehirn auskugelt. Vielleicht auch ein veralteter Begriff (ähnlich just), der spürbar häufig vorkommt und einfach diese Andersartigkeit rüberbringen könnte.

Wenn jemand dazu noch was einfällt, freue ich mich.

In dem Fall kann dir @narratöör vielleicht weiterhelfen :smiley:

Vielleicht noch ein paar andere Ideen:

  • Die leben auf einer heißen Insel umgeben von Salzwasser, da wäre ein möglicher Gruß “Mögest du immer eine frische Quelle finden”, was im alltäglichen Sprachgebrauch auf ein kurzes “Quelle dir” zusammengedampft ist
  • Du erfindest einen Gruß, etwa “Sharkala, Fremder”
  • Sie haben eine sehr blumige oder eine ziemlich schroffe Ausdrucksweise
  • Sie benutzen generell eher veraltete Worte: “Wohlan denn”, Barke statt Schiff, lustwandeln statt spazierengehen, “Hebe er sich flugs von hinnen, tumber Dirnenspross” statt “Verpiss dich, du Hurensohn”
  • Grammatikalisch: Sie kennen keine Ich- und Du-Formen, nur dritte Person Singular. Also statt “Ich gehe in den Wald” dann "Shokba geht in den Wald.
  • Ihr Gruß besteht aus einer gegenseitigen Ohrfeige, womit man einerseits Stärke demonstriert und andererseits die Anerkennung des anderen als vollwertiges Mitglied der Gesellschaft. Nur Kinder und Alte, die man als nicht (mehr) ebenbürtig ansieht, werden davon ausgenommen.
5 „Gefällt mir“

Ich danke dir, dass du dich so mit meinem Problem auseinandersetzt.

Die ersten beiden Punkte sind interessant, auch wenn man irgendwo zwischen den Zeilen lesen könnte, dass sie bei mir Salzwasser trinken können. Schroff bzw. sehr direkt sprechen bei mir die Nixen, die aber auch eher unfreundlich wahrgenommen werden.

Bei den alten Worten muss ich nochmal nachdenken. “Wohlan”, wäre etwas, das passen könnte. Sonst gibts schon ein paar Worte (Sommer statt Jahre und noch zwei, drei Dinge dieser Art, die sich aber über die Länge des Textes verlaufen).

Die Idee, dass sich jemand selbst mit Namen nennt, statt “ich” zu sagen, hatte ich auch schon mal überlegt. Vielleicht mache ich es falsch, aber diese Winnetou-Ausdrucksweise unterstützt deren ansonsten hochintelligenten Charakter nicht. Sie wirken dann etwas stumpfsinnig.

Und mit dem Gruß - einfach mal ein kleiner Auszug. Ich stelle fest, dass ich schon viele Ideen umgesetzt habe. Bei den anderen betroffenenen Figuren treten deren Sonderheiten aber mit größerer Häufigkeit auf. Es ist dieses bisschen positive Exotik, die ich ihnen gern mitgeben würde.

Damit kann ich nicht dienen, aber es hat sich tatsächlich hier ein Dialekt erhalten, der sich Söllring nennt. Für meine plattdeutschen Ohren eine Mischung aus dänisch, holländisch und Gaumenkrebs, ausgelöst durch den massiven Verzehr von geräucherten Heringen. Ich kann es nicht einmal ansatzweise verstehen.
Im frühen neunzehnten Jahrhundert sind viele Deutsche u. a. nach Südamerika ausgewandert und haben dort ziemlich deutsche Städte gegründet, die bis heute existieren. Ihre Sprache ist die deutsche Sprache des - wer hätte das gedacht? - frühen neunzehnten Jahrhunderts, mit Einsprengseln spanischer Brocken. So zweihundert Jahre altes Hessisch klingt schon mui gewöhnungsbedürftig.
Ähnliche Phänomene finden sich bei sog. Russland-Deutschen, in Siebenbürgen, in Kanada, USA, usw.
Hier in der Bundesrepublik hat ja auch sprachlich eine ziemliche Wandlung stattgefunden, und es läuft permanent eine fortlaufende Evolution. Denglisch, Kanak-Sprak (Der Begriff ist nicht von mir, sodern von den so sprechenden Menschen, so sorry!), so in der Richtung"Ey, Alder…!" Viele junge Menschen scheine auch das CH verlernt zu haben. In diversen Sendungen in der Glotze höre ich immer nur isch, misch, disch. Eine Verformung des Kehlkopfes in den nächsten Jahrhunderten dürfte zu erwarten sein. Die Verwendung angloamerikanischer Begriffe im Deutschen finde ich streckenweise gruselig.
“Ich muss das mal downloaden!”
Ein Facility-Manager ist ein Hausmeister, ein CEO lediglich ein Geschäftsführer, auf der Strasse sucht man nach Hinweisschildern in die City oder ins Centrum - nicht alles ist in meinen Augen und Ohren wirklich gelungen.
Dass sich eine alte Sprache auf einer tausend Jahre isolierten Insel erhalten hat, sehe ich als absolut plausibel an. Ein paar seltsame Varianten lassen sich gut einbauen. Ich habe den Vorschlägen des verehrten RalfG nur wenig fantasievolleres hinzuzufügen.

Dialekte sind eigentlich cool, weil sie genau das ausdrücken, was ausgedrückt werden kann. Man könnte sie auch entsprechend vorsichtige einsetzen - bei einem Film. Aber in einem Buch stolpert man doch eigentlich sehr über unübliche Worte.

Aktuelles Hessisch auch - hab gerade gestern wieder versucht mit den neuen Schauspielern vom Fall für Zwei warmzuwerden.

Hessisch klingt komisch, obwohl ich in Wiesbaden arbeite, wo jeder ein bisschen diesen Einschlag hat - auch ich. Hessisch ist wie gemacht, um von Badesalz veralbert zu werden, aber beim besten Willen nicht, um es in einem Fernsehkrimi zu verwenden. Trotzdem versucht man es im Fall für Zwei schon seit den Achtzigern immer wieder.

Ideen in dieser Richtung habe ich eingebaut - natürlich auf Fantasy bezogen. Beide Völker verstehen schon, dass sie Dinge teils unterschiedlich beschreiben. Ich habe es bei einige Figuren/Völkern allerdings geschafft, dies auch in der normalen Konversation spürbar sein zu lassen.

Ist es auch. Aber es ergeben sich halt Unterschiede. Nach der Wende, also nach 40 Jahren Trennung, mussten wir plötzlich lernen, was ein Broiler ist und waren mit Berufsbezeichnungen wie Traktorist konfrontiert. Oder die Leute nannten die Uhrzeit mit Viertel Vier, was in manchen Teilen Deutschlands im Kopf zu 16:15 wird.

Ich glaube, mein Problem liegt darin, dass ich diese in der Sprache spürbare kulturelle Unterschiedlichkeit bei allem anderen wirklich gut hingekriegt habe. Nur die Rasse, welche die größten Unterschiede zeigen müsste (wegen der tausendjährigen Trennung), spricht normalstes Deutsch - als ob die mit meinem Prota hunderte Seemeilen entfernt zur Schule gegangen wären. Ok, bis auf die paar Ausnahmen.

Als Idee aus euren Vorschlägen werde ich mal Brainstorming und Recherche nach veralteten Begriffen betreiben. Vielleicht findet sich ja eine Reihe Worte, mit denen man diese Andersartigkeit hervorheben könnte.

1 „Gefällt mir“

Bei der Begrüßung eine Ohrfeige austeilen - das würde mir im Alltag manchmal auch gefallen! :smiley: