Schreibübungen - Fieberträume? Was tut Ihr damit?

Schönen Tag Euch,
vielleicht kennt ihr es, einfach mal irgendetwas zu schreiben. Ohne Ziel oder Entwurf. Dabei können viele verschiedene Ergebnisse bei herauskommen. Bei mir führt es i.d.R. entweder zu Tiefenphilosophie, Alltagssituationen fiktiver Charaktere, echte Kurzgeschichten oder Romanschnipsel…
Manchmal ist Fiebertraum auch die beste Beschreibung. Kennt ihr das, wenn ja, was kommt bei Euch dabei so herum? Und was tut Ihr später mit diesen Texten, liegen lassen, löschen, ausbauen?

Aus reinem Jucks; im Folgenden ein Text aus Kategorie Fiebertraum, falls sich das jemand an tun möchte. Ein ungewöhnliches Setting für mich, aber naja.

Kapitel 1 Elifh Eflih

»Hallo« , sagte Lisabeth und lächelte Denn an. Dann kotzte sie ihm vor die Füße und tanzte auf dem Sabber Tango.
»Schön dich zu sehen« , motzte Denn. Dann startete er Starfield und errang einen epischen Sieg. Amanda lachte. Denn zuckte zusammen, denn Denn hatte den Atem Amandas nicht vernommen. Schließlich hatte sie keinen. Ein fliegendes Motorrad schwamm über den Horizont, als Gandalf der Graue und Albus Dumbledore sich auf Denns Handy duellierten, denn Denn hatte seine Powerbank vergessen. Dies führte zu fehlendem Smartphone-Akku für beide. Amandas Akku ging ebenfalls rasend schnell zur Neige, da Denn die Flirtversuche des Lovebots geflissentlich ignorierte. Oder vielleicht lenkten ihn auch Grindelwalds Zauber ab. Der Zauberer war aufgetaucht, und hatte begonnen sich in das Duell der beiden Graubärte einzumischen. Hierbei flogen Zauber und Flüche jeglicher Sorte signalpistolenmunitionsartig aus dem Gerät, dem Spieler entgegen. Oder vielleicht wäre Feuerwerk ein besserer Ausdruck.
Apropos Feuerwerk. Lisabeth hatte sich augenscheinlich wieder erholt. Denn sie hatte begonnen Denn eines Faktenfeuerwerks gleich Tipps zu dem Spiel zu geben. Denn Denn schien den Kampf zu verlieren, denn Gandalf war in der Unterzahl. Das spielte keine große Rolle, denn Denn hatte wie jeder Spieler nur einen Charakter zu Verfügung, denn den Regeln des Spieles nach, war dies vorgesehen.
Ich kann nicht überprüfen, ob Lisa -ich bin zu faul ständig Lisabeth zu schreiben, außerdem erinnert mich das an Elisabeth, die Queen, denn diese starb vor einiger Zeit, und seit dem ist sie tot. Also noch ein mal. Ich kann nicht überprüfen, ob Lisa Ahnung von dem Spiel hat, denn ich habe selbst keinen blassen Schimmer.
Keinen blassen Schimmer habe ich übrigens auch davon, ob es sich tatsächlich um ein Spiel handelte. Schließlich kam in gleichen Maße Feuerwerk aus dem Bildschirm wie aus Lisabeths Mund! Ach nein, jetzt habe ich es wieder getan. Ich wollte Lisa doch Lisa nennen. Wie dem auch sei, dieser Denn begann plötzlich aufzuschreien. Das Handy krachte zu Boden und Lisa und der Lovebot schrien erschrocken auf. Aus irgendeinem Grund materialisierte sich eine Augenklappe auf Denns Gesicht. Denn, -ich vermute- einer der Flüche musste getroffen haben. Ach so, zum Verständnis, in diesem Fall war mit »Denn« »Denn« die Person gemeint. Denn Denn hat ein Gesicht und ein Auge -also vermutlich nur noch eines, weiß ich ja nicht. Das Kausaladverbial -stimmt das?- hat meines Wissens keines. Nein warte. Moment, soll ich dich siezen? Nein wartet, denn »denn« ist hier eine Konjunktion gewesen.
Also zurück zu Denn. Der plärrt inzwischen. Ich schätze ihn auf sechzehn. Und der flennt einfach vor zwei Mädels… beziehungsweise einem. Keine Ahnung man, Amanda sieht zwar so aus, ist ja aber, wie gesagt nh kack Bot. Aufgepasst! Kack und Bot in zwei Worten. Ist ja schließlich kein Kackbot. Wäre ja widerwärtig. Ist ein Lovebot. Das ist nicht widerwärtig. Im Gegensatz zu Lisas Füßen. Nein, nein, ich habe nichts gegen Fußfetischisten. Nur gegen Kotze.
Also, zurück zum Geschehen. Das Handy auf dem Boden ist am Arsch. Also wortwörtlich. Die fiese Amanda hat es aufgehoben -ramasser auf französisch, also in der Grundform. Ich suche doch jetzt nicht die Funktion für das Axon du besenfressende Evolutionbremse.- aufgehoben, und in die Tasche gesteckt. Welcher Tasche es war, kannst du aus der Kontext herauslesen.
Lisa sah es, »He Amanda, lass das, ich hass das!«
Vor Wut wahrscheinlich verwandelte sich Denn in Captain Jack Sparrow. Nein warte, -oder hatten wir uns auf »Nein, wartet« geeinigt?- wie heißt der Typ mit der Augenklappe. Der aus Peter Pan -nein, keine Diskussion über Panflöten oder Sexualitäten jetzt. Captain Hook heißt der Gute.
Also. Denn war wütend geworden, und hatte sich infolge dessen in Jamie Hook verwandelt. Irgendwie geht mir das englische »hence« besser von der Zunge als das Deutsch »infolge dessen«. Das ist so lang. Wenn auch gleich sehr demonstrativ mächtig. Beziehungsweise ich rede nicht, von dem her pass »von der Feder gehen« vielleicht besser. Hier würde »hence« erneut passen. Oh man. Naja, ich nutze zwar keine Feder, aber Du verstehst schon. Ja, »Du«, ich finde, wir haben und auf ein groß geschriebenes »Du« geeinigt.
Jedenfalls geht der fleischgewordene Hook mit seinem Haken auf den Bot zu. Es scheint gefährlich zu werden. Denn Denn ist ja mutiert. Die arme Lisa. Und was ist eigentlich mit den Magiern aus dem Handy? Wenn das Handyglas gebrochen ist, könnten sie entkommen sein!

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Klasse Text!

Wenn man es schnell liest, fast schon rauschhaft!

Erinnert mich an „Automatisches Schreiben“ (Écriture automatique). Mit dieser Methode der Surrealisten, autogenem Training und Autosuggestion/Selbsthypnose gelang es mir schon vor sehr langer Zeit Träume zu notieren - diese ja sehr flüchtig sind und nach dem Erwachen kaum greifbar.

Später kam das Training des luciden Träumens dazu (wusste ich allerdings damals noch nicht, das es das gibt…).

Kann ich jedem nur empfehlen. Gerade wir Kreativlinge besitzen ein unerforschtes Bergwerk an Ideen und unerzählten Geschichten, die gehoben werden wollen!

Weiter so!

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So gar nicht meins.
Nicht, weil ich es nicht lesbar fände oder nicht bereit wäre mich darauf beim Lesen einzulassen, sondern eher - weil ich zu verkopft dazu bin. Ich bin eher der langweilige Kapitelvorplaner, der konservative Plotter oder um es positiv zu verpacken: the evil mastermind…

Spannend als Kurztext, aber eine längere Schilderung oder gar ein Buch so zu lesen würde eine Menge verschreibungspflichtiger Medikamente oder zumindest ein Sixpack Bier bei mir erfordern.
Aber toll, wenn man sich das zutraut und einfach rumexperimentiert!
Nur halt nicht so für mich…

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Vielleicht noch ergänzend: Es gibt ja nichts, was es nicht schon gibt; zumal stilistisch. Postmoderne sei Dank.
Der Eingangstext erinnerte mich an verschiedene Bücher, wie etwa William S. Burroughs Naked Lunch und Bonsai von Chuk Palahniuk. Es gibt da sicher noch viele andere. @michel: klar ist, das ist nicht für jeden und jede. Muss aber auch nicht.
@Sion: Was ich beeindruckend am Text fand, war seine Musikalität. Den Protagonisten Denn zu nennen ist genial. Denn (sic!) dadurch ergibt sich im Deutschen ein herrliches Glockengeleut! Denn Denn

Es gibt eine Reihe moderner Autoren, die sich das trauen und so aus dem Mainstream ausbrechen. Wie erwähnt, ist nicht für jeden, trotzdem: weiter so!

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Wobei ja gerade Botho Strauss, der Vertreter der deutschen Postmoderne, in seinem Fragmentwerk „Der junge Mann“ postuliert: „Wir müssen zurückkehren zu einer großen, umfassenden Geschichte“ (ich meine das Kapitel ‚der Turm‘). Also den Tod der Postmoderne fordernd.

Tonale Formulierung!
Jaaa, schön!
Nichts geht über Andreas Gryphius (Barock?)
Äonen vor der Moderne…

„Ach, es ist so dunkel in des Todes Kammer,
Tönt so traurig, wenn er sich bewegt
Und nun aufhebt seinen schweren Hammer
Und die Stunde schlägt.“

Lässt man sich darauf ein, hört man die dumpfe Totenglocke…

(kurze Gedanken im Bus, vom Handy aus…)

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Postmoderne ist zu Recht umstritten. Jeeeeeedoch ist ein allgemeines Streben weg von der Konformität schon zu allen Zeiten (nicht nur in der sog. Postmoderne) ein Booster (Scholz :stuck_out_tongue_winking_eye:) für den Kunst- und Literaturbetrieb gewesen. @Sion ist noch sehr jung und wenn er dem Mainstream den Stinkefinger zeigen mag: nur zu!
Danke für den Hinweis mit Botho Strauss, war mir glatt entfallen.

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Ha, ja mit Selbsthypnose habe ich schon tolle Erfahrungen gemacht, wenn auch in anderen Bereichen. Mehr gesundheitlich.
Luzide Träume sind auch was schönes.

Ja, gibt verschiedene Köpfe. Auch wenn ich bei meinem eigentlichen Projekt durchaus auch etwas denke, bevor ich erzähle.

Und bei mir auch, wenn ich es schreiben soll…Das ist grausam.

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Sind Kopfkino pur! Der kleine graue Schlawiner hinter meiner Stirn mag halt sein nächtliches Netflix. Kann natürlich anstrengend werden, aber: so what?

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Weil das Stichwort „Musikalität“ gefallen ist: ich kann mit diesem Herangehen / dem Beispieltext oben überhaupt nichts anfangen. Kommt mir vor, als würde man vor einem Klavier hocken und einfach auf die Tasten hämmern … natürlich können sich daraus Inspirationen o.ä. ergeben, aber das muss wohl jeder mit sich selbst ausmachen/herausfinden.

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Mein Fiebertraum ist eher ein Wachtraum. Zwischen den entstehenden Zeilen bin ich Teil und inmitten der entstehenden Geschichte. Wie in einem Traum gelten dort auch keine physikalischen und sonstigen Gesetze mehr.
Entweder ist danach der Text im Groben fertig und gehört nur noch unter die Poliermaschine der stilistischen Glättung oder er entstand als Teil eines schon größeren Gesamttextes - und ist Teil einer Schreibwut, wo ich zu langsame Finger habe. Merkwürdigerweise ist noch nichts für die Tonne dabei herausgekommen. Aber ich werde das bestimmt auch noch erleben. Wehe, wenn ich dabei unterbrochen werde: meine Stimmung geht in den Keller und der Faden reißt, was die Stimmung weiter zum Erdmittelpunkt rückt. Wie bei einer „On Air“-Aufnahme, wo jemand reinplatzt und die Sendung sabotiert - ungewollt zwar, aber trotzdem.
Es ist aber immer eine zusammenhängende Sequenz. Der Text ist kein Konglomerat aus vielen Bestandteilen. Das kenne ich so nicht.

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Zeitweise habe ich mir Wartezeit im Auto (die ich eine ganze Weile recht häufig hatte) mit solchen Fingerübungen vertrieben. Dabei sind teilweise die verrücktesten Dinge herausgekommen. Einmal habe ich einen unglaublich brutalen und blutigen Angriff eines Werwolfs in jedem schrecklichen Detail beschrieben, obwohl Horror nie mein Metier war. Deshalb lag diese Szene dann auch einige Jahre ungenutzt auf meinem PC herum, bis ich schließlich eine Kurzgeschichte schrieb, in der ein eigentlich recht netter Polizist sich regelmäßig in einen Werwolf verwandelt. Als ich die Idee zu dieser Geschichte hatte, fiel mir dann auch die blutige Szene wieder ein und so habe ich sie als Intro in meine Kurzgeschichte eingebaut. Auch wenn meine Frau der Meinung war, sie würde in ihrer schrecklichen Ausschmückung nicht so recht zu meinem sonstigen Stil passen, haben meine Söhne mich überredet, sie so zu belassen.

Ich finde ist immer wieder spannend, wenn Texte spontan und ohne Konzept und Ziel aus einem herausfließen. Ich liebe das und würde solche Fingerübungen gerne viel öfter machen.

Was Deinen Text angeht, bin ich zwiegespalten. Ich finde ihn etwas drastisch (sagt einer, der grade von einer selbst geschriebenen Splatter-Szene berichtet hat) und es wäre nichts, was ich auf Romanlänge lesen würde. Aber grundsätzlich halte ich ihn gut geschrieben. Etwas Feinschliff und dann… :wink:

Ja, dass ist interessant. Ich würde nie auf die Idee kommen, ein Buch so zu schreiben, wie diesen Text oben. Weder so wirr, noch mit irgendwelchen Bots oder Handyspielen… Genauso, wie Du eigentlich kein Horror schreibst. Bei kleinen Übungen kommt es anscheinend zu Abweichungen.

Ja klar, sowas auf Romanlänge… ohje, nein danke.
Habe den Text einfach so runtergeschrieben. Da könnte ich noch einiges verändern & verbessern, das stimmt definitiv :+1: Danke Dir

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Würde gerne mal wissen, was die Stilanalyse von Papyrus dazu sagt …

Hmm ja… ich frag sie später mal